Kunden: Wer sich ärgert, schweigt

Unzufriedene Kunden lassen ihre Wut nicht beim Unternehmen aus.
Was Kunden am meisten ärgert und warum sie sich dann erst nicht beschweren.

Eine noch unveröffentlichte Studie des Trendforschungsinstituts marketagent.com hat ergeben, dass sich 80 Prozent der über 1000 Befragten in ihrer Rolle als Kunde noch nie bei einem Unternehmen beschwert haben, obwohl sie mit dessen Diensten oder Produkten unzufrieden waren.

Die Aufreger

Am meisten verärgert Kunden falsche Rechnungslegung. Sauer und vor allem enttäuscht sind sie, wenn die gelieferte Qualität des Produkts nicht mit der versprochenen übereinstimmt. Ihren Unmut lösen auch unfreundliche und inkompetente Mitarbeiter und das Nichteinhalten von ausgemachten Fristen aus.

Die Reaktionen

Anstatt sich beim Unternehmen zu beschweren, beklagen sich 60 Prozent der Befragten lieber bei Freunden und Bekannten über die schlechte Behandlung. 50 Prozent verlassen das Unternehmen zudem einfach wortlos. Knappe zwölf Prozent schreiben eine schlechte Bewertung im Internet – was dem Unternehmen immens schadet.

Laut der Trainings-Agentur Kube entstehen rund 60.000 Bewertungen im Internet – alleine in einer Stunde. Laut Studie wenden sich hier nur knappe zehn Prozent direkt an die offiziellen Seiten des Unternehmens – die restliche Schmutzwäsche wird woanders im Netz gewaschen.

Wer sich tatsächlich beim Unternehmen selbst beschwert, macht dies am liebsten per eMail, die Hälfte der Befragten würde ein persönliches Gespräch aber nicht scheuen.

Bilder: Was Kunden ärgert

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Die Schweige-Gründe

40 Prozent beklagen, sie bekämen ohnehin nur standardisierte Antworten auf ernst gemeinte Reklamation und die Zeit für diese würde sich schlicht nicht auszahlen. Knapp ein Viertel findet, die Beschwerden würden ins Nichts führen und keinen Einfluss auf den bemängelten Prozess haben. 23 Prozent finden den Weg zur Beschwerde, sei es mit einem Formular oder einer Hotline, zu zeitaufwendig und oft zu komplex. Zehn Prozent geben sogar an, überhaupt keinen Ansprechpartner für ihr Problem gefunden zu haben.

Insgesamt haben knapp 40 Prozent der Aussage, „In Österreich ist der Kunde kein König, sondern Bittsteller“, zugestimmt.

Die Branchen

Kann man heimischen Kunden also eine Lustlosigkeit, ihr Recht auf gute, volle Leistung einzufordern, unterstellen? Oder sind sie schlicht genervt vom mangelhaften Beschwerdemanagement der Unternehmen und verlassen sie lieber, als ihre Zeit in sie zu investieren? Kundenbeziehungs-Beraterin Ulrike Gmachl-Fischer ist der Meinung, dass sich Kunden vor allem dann beschweren, wenn sehr viel Geld im Spiel ist (wie etwa in der Baubranche) oder es um existenzielle Themen geht (wie etwa beim AMS, dem Bürgerservice oder dem Sozialamt). Hier könne sich der Kunde nicht mehr erlauben, großzügig über einen Fehler hinwegzublicken.

Über alle Branchen hinweg zieht sich jedoch ein Credo: Die persönlichen Befindlichkeiten des Kunden dürfen niemals verletzt werden.

Als der Countrysänger Dave Caroll am 31. März 2008 in einen Flieger nach Chicago steigt, macht er eine beunruhigende Beobachtung. Von seinem Fenster aus sieht er, wie seine Gitarre beim Beladen wild durch die Luft geworfen wird. Noch vor Abflug beschwert er sich mehrmals beim Bordpersonal, doch für die Kollegen draußen fühlt sich niemand zuständig. Nach der Ankunft bewahrheitet sich seine Befürchtung: Der Hals der Gitarre ist gebrochen, der Schaden beträgt 1200 US-Dollar. Caroll ist sauer. Neun Monate lang beschwert er sich bei der Fluglinie und fordert Schadenersatz. Erfolglos. Er beschließt, sich ein letztes Mal zu beschweren: mit einem Lied. Er lädt es auf YouTube hoch und bekommt innerhalb von drei Tagen eine Million Zuseher. Es folgen Zeitungsberichte und Fernsehshows. Dank „United Breaks Guitars“ wissen heute Millionen Menschen, wie die Airline mit dem Gast und seiner Gitarre umgegangen ist.

Dave bezwingt Goliath

Carolls Töne zwingen die Fluglinie in die Knie: Die United-Aktie sackt schlagartig um zehn Prozent ab (was einen Buchwert von 180.000.000 US Dollar ausmacht), Sitzplätze bleiben bei den kommenden Flügen leer. Mehr als fünf Jahre später ist das Kriegsbeil zwischen Countrysänger und Airline-Riese längst begraben. Dave Caroll ist heute gefragter Speaker und selbst ernannter Kunden-Advokat. Die Airline United verwendet sein Lied indes zur Mitarbeiterschulung.

Der Fall Dave Caroll zeigt die verheerende Wirkung, die das Nichtbeachten von Kundenstimmen haben kann. Ein verständnisvoller Bord-Mitarbeiter hätte das United-Desaster wahrscheinlich verhindern können.

An vorderster Front

Es sind die ersten Ansprechpartner, die die größte Verantwortung tragen. Dort, wo Erwartungen des Kunden und die Realität des Produkts aufeinandertreffen, stehen sie an vorderster Front, um die Beschwerde abzufangen. Hier gilt es, die Situation sanft zu entschärfen: „Die Beschwerde ernst nehmen, Verständnis zeigen, sich entschuldigen, Verbindlich und kompetent sein, Respekt zeigen und nicht mit dem Kunden ums Recht kämpfen“, rät Kundenbeziehungs-Beraterin und Geschäftsführerin der Coaching-Agentur Kube, Ulrike Gmachl-Fischer. Was auf die Beschwerde-Annahme folgt, ist ebenso wichtig, wie der Erstkontakt: Eine höfliche Rückmeldung innerhalb von 24 Stunden und eine Aufklärung darüber, was mit der Beschwerde passieren wird. „Gute Mitarbeiter können fehlerhafte Produkte oder Prozesse allemal wieder gutmachen“, so Gmachl-Fischer.

Die Stimme zur Lösung

Für Firmen dürfen Beschwerden keinesfalls lästig sein, ignorieren ist nicht erlaubt. Denn erst diese Kundenstimmen zeigen Firmen, wo ihre Schwachpunkte und somit der Raum für den Vorsprung der Konkurrenz liegen. Nicht zuletzt wirkt sich die Bearbeitung der Beschwerde auf das Gemüt des Beschwerdeführers aus. Eine positive Erfahrung wird an drei Bekannte weiter kommuniziert, eine negative an 13.

„Eine gut bearbeitete Reklamation bindet den Kunden sogar noch stärker ans Unternehmen, als wenn es nie eine Beschwerde gegeben hätte“, so Gmachl-Fischer. Die Folgen einer negativen Erfahrung sind durch Dave Caroll jedenfalls festgehalten: Jeder einzelne Kunde kann einen Goliath bezwingen.

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