Traurige Stille: Die Einfahrt zum Campingplatz in Orsera ist gesperrt, der Zutritt aber möglich. Der Verwalter sei heimgegangen, erfahren wir später. Was soll er auch hier. Keine Gäste, keine Arbeit.
Im Vorjahr war in Istrien zu Pfingsten kein Stellplatz für Camper frei. Zu hören gab es einen Sprachmix von Plattdeutsch bis Burgenländisch. Heute sind unten am Strand nur die Möwen am Debattieren. Leise brandet die Adria.
In den Sand gesetzt
Orsera ist die erste Station auf unserer Fahrt zum Meer. Endlich zwei Stimmen von Menschen! Jürgen Anderle, Geschäftsführer der Gebetsroither-Gruppe, und seine kroatische Kollegin Gordana Vičić Harić stehen vor den neuen, aber verschlossenen Wohnheimen ihrer Firma.
Die Country Managerin macht sich Hoffnung, dass in diesem Sommer doch noch ein paar Gäste aus Österreich kommen. Ihr Chef nennt lieber Zahlen: „Wir haben seit Ostern in Kroatien mehr als eine Million Euro verloren.“ Dann sagt Anderle in Richtung Regierung in Wien: „Mit jedem Tag, an dem ihr keine Entscheidung trefft, verlieren wir noch mehr.“ Das Problem ist weiterhin die de facto geschlossene Grenze für die Meer-Urlauber bei der Heimfahrt (siehe Infos ganz unten).
Es wäre angerichtet
Auch in Vrsar parkt kein Auto mit österreichischem Kennzeichen. Denis Ivosević, der Direktor des istrischen Tourismusverbandes, registriert das nicht mit Freude. „Es wäre angerichtet“, sagt er. „Wir haben sehr gut gearbeitet. Seit mehr als einem Monat gibt es keine Corona-Neuinfektionen mehr bei uns.“ Anzahl der Covid-19-Patienten in den Spitälern zwischen Umag und Pula: „Null.“
Angerichtet hat auch Petra Lenoir. Die Steirerin aus Mürzzuschlag führt mit ihrem Mann Fabrice oben in den Olivenhainen ein kleines, feines Restaurant. Am Freitag hat sie geöffnet, zwei Monate später als in all den Jahren zuvor. „In dieser Zeit saßen meine Mitarbeiter zwischen Berlin und Slawonien fest.“
Ihr Telefon läutet öfters – Stammkunden nördlich von Drau und Mur fragen nach: „Noch wollen alle kommen.“
Noch. Wir fahren weiter, auf wenig befahrenen Straßen nach Opatija, um den Salzburger Hotelier Wilfried Holleis zu treffen. Seit der Eröffnung am 10. März hat in seinem Hotel kein Gast mehr genächtigt, sagt Holleis. „Und der nächste Gast wird in elf Tagen hier erwartet.“
Seine Firma hat 200.000 Euro für nicht erbrachte Leistungen zurückgezahlt und 1,5 Millionen Euro verloren. Ist es der Blick auf die Palmen in seinem Garten oder der Duft der Riviera? Der Hotelier nennt diese Zahlen nicht mit hochrotem Kopf. Sanftmütig trägt er seine Analyse vor, doch die hat es in sich: „Uns läuft die Zeit davon. Wenn sich nicht bald was tut, werden einige von uns den Sommer nicht überleben.“
In Kroatien kam schon im März viel Steuergeld in der Tourismusbranche an, in Österreich sei derweil viel schief gegangen: „So wenig Wirtschaftskompetenz in dieser Regierung“ schockiert ihn.
„Nur drei Boote sind derzeit draußen“, erzählt am nächsten Tag Wolfgang Dauser in der Marina von Punat. Drei Charterboote von 300!
Der Oberösterreicher, der hier auf Krk SeaHelp gegründet hat, weiß: Nur während des Kriegs vor 30 Jahren waren weniger Menschen auf der Insel. Seenotrettungen, das ist Dausers Kerngeschäft. Aber wen sollen seine Leute retten, wenn niemand segelt?
„Uns fehlen die Österreicher“, sagt auch Ana Buovac ein paar Buchten weiter. Derzeit sind nur dreißig der 420 Plätze auf dem Campingplatz in Omišalj belegt. Die meisten: „Deutsche, Slowenen.“
Ein erstes Happy End
Yvonne Fiebrig und Sven Weißbrot aus der Nähe von München kamen mit ihrem Wohnwagen kurz nach dem Aufsperren an. „Sie hat tagelang im Internet recherchiert“, erzählt Herr Weißbrot. „An dem Abend, als ich las, dass dieser Campingplatz aufsperrt, sind wir sofort los“, sagt seine Frau. Freie Fahrt ans Meer, freie Platzwahl am Meer: „Das war schon schön.“
Morgen fahren sie heim. Ihr Vorteil: „Quaräntebestimmungen gibt es in Deutschland zum Glück nicht mehr.“
Urlaub in Kroatien: Nützliche Informationen
Anreise: Die Kroatische Zentrale für Tourismus meldete am Freitag, dass Österreicher so wie vor der Corona-Krise Urlaub in Kroatien machen können. Bei der Einreise müssten sie lediglich ihren Urlaubsort und ihre aktuellen Kontaktdaten bekannt geben. Dafür gibt es auch eine App. Mehr dazu: https://entercroatia.mup.hr/
Rückreise: Das ist freilich nur die halbe Wahrheit. Denn irgendwann wollen bzw. müssen die Urlauber aus Österreich wieder heim.
Bis zum 15. Juni wartet auf sie weiter nur die Option: 14 Tage Heimquarantäne oder Corona-Test. Und nach dem 15. Juni? Dazu blieben Kanzler Kurz und Vize Kogler zuletzt weiterhin vage.
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