Schwarzarbeit in der Reinigungsbranche: Ermittler haben Buchhalter im Visier

Eine Person wischt mit einem Mopp den blauen Boden eines Flurs.
Beschuldigte Buchhaltungsfirma soll Sozialbetrug ermöglichen und zahlreiche Scheinfirmen betreuen.

Die Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) und der Finanzpolizei in der Reinigungsbranche ziehen weite Kreise. Wie berichtet, wurden in zwei Wellen umfangreiche Durchsuchungen an Wohnadressen von 65 beschuldigten Personen und an Betriebssitzen von 30 inkriminierten Unternehmen durchgeführt. Der Verdacht wiegt schwer: gewerbsmäßiger Betrug, Abgabenhinterziehung, betrügerisches Vorgehen bei Corona-Hilfszahlungen, betrügerisches Anmelden bei der Sozialversicherung und organisierte Schwarzarbeit.

Im Zuge der Ermittlungen ist die Finanzpolizei auf eine dubiose Buchhaltungsfirma gestoßen, bei der viele Fäden zusammenlaufen. Sie ist steuerlicher Vertreter von fünf beschuldigten Reinigungsfirmen, darunter zwei Scheinfirmen. Außerdem „betreut“ sie 19 weitere Scheinfirmen, darunter etliche „Baufirmen“, und vermietet bis zu 120 Briefkästen als „Betriebssitz“ an andere Unternehmen.

Gängige Missbrauchspraxis

Für die beschuldigten Reinigungsfirmen haben die Geschäftsführer der Buchhaltungsfirma Mitarbeiter elektronisch bei der Sozialversicherung angemeldet. „Auffallend dabei ist die Häufigkeit der Stornierungen, die die gängige Missbrauchspraxis von Betrugsfirmen widerspiegelt“, heißt es in einer Durchsuchungsanordnung.

Kam es durch die Finanzpolizei bei Vor-Ort-Kontrolle zur Überprüfung der Papiere der Beschäftigten, wurden deren Anmeldungen bei der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) nach der Kontrolle storniert. Oder die verpflichtende Vollmeldung bei der Sozialversicherung bis zum 15. Kalendertag des Folgemonats wurde nicht durchgeführt. „De facto waren damit die Arbeitnehmer zu keinem Zeitpunkt sozialversichert“, heißt es im Ermittlungsakt. Sie wurden bzw. werden schwarz entlohnt.

Anzahl betroffener Arbeitnehmer unbekannt

Wie viele Arbeitnehmer über die Jahre tatsächlich betroffen waren, geht aus den Unterlagen nicht hervor. Auffällig ist dabei aber, dass es gang und gäbe sein soll, dass bei den betroffenen Dienstnehmern die Arbeitszeitaufzeichnungen fehlen.

„Ohne Dokumentation der tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden ist eine Lohnverrechnung nicht bloß inkorrekt, sondern überhaupt Fiktion“, heißt es im Akt weiter. „Sie macht freilich den Sozialbetrug, vor allem den im großen Stil, erst möglich. Das gilt besonders, wenn auf diese Weise Teilzeitkräfte oder geringfügig Beschäftigte abgerechnet werden.“

Buchhaltungsfirma "wissentlich Teil des Sozialbetrugs"

Ein Beispiel: Um den Verwaltungsaufwand möglichst gering zu halten, habe die Buchhaltungsfirma ohne jegliche Prüfung die An- und Abmeldung des angeblichen Personals der Schein-Reinigungsfirma M. durchgeführt. Obwohl der angebliche Geschäftsführer der Gebäudeservicefirma M. generell telefonisch nicht zu erreichen war, nahm man die An- und Abmeldungsaufträge per eMail an. Diese wurden auf Deutsch verfasst und vom Geschäftsführer unterschrieben, obwohl diesem jegliche „Deutschkenntnisse fehlen“ sollen. Laut Finanzpolizei sei die Buchhaltungsfirma „damit wissentlich Teil eines Sozialbetrugs“.

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