85 Prozent sind nie im Minus
Maschine ersetzt Mensch bei der Risikoeinschätzung. Spezielle Softwareprogramme registrieren für Banken jede Veränderung bei Kontoeingängen und schlagen Alarm. Manchmal liegen sie damit völlig falsch, wie die jüngste Datenpanne bei der Bawag bewies. Ein technisches Problem sorgte dafür, dass nicht nur Arbeitslosen, sondern auch etlichen AMS-Mitarbeitern der Überziehungsrahmen gestrichen wurde.
Wer bei der Bawag ein Konto eröffnet, erhält einen automatischen Überziehungsrahmen – genannt Einkaufsreserve. Diese beträgt in der Regel das Doppelte des durchschnittlichen monatlichen Kontoeingangs. Klöpper bestätigt, dass bei Arbeitslosen – wie in der Branche üblich – grundsätzlich der Überziehungsrahmen auf null gesetzt wird. Für sie gäbe es andere Produkte. Dass es auch bei Pensionisten, Selbstständigen oder Geschiedenen zu automatischen Sperren kommt, erklärt Klöpper mit einem „einfachen Mechanismus“. Eine Software untersucht alle sechs Monate 650.000 Privatkonten nach Abweichungen bei den Kontoeingängen. Gibt es Veränderungen, wird der Rahmen automatisch „angepasst“, nur geringfügige Schwankungen bleiben unberücksichtigt. Allerdings würden die Betroffenen vorher darüber informiert: „Entweder über den Kontoauszug oder per Brief. Beides mindestens drei Monate im Voraus.“ Detail-Screenings mit Sozialdaten wie Wohnort oder Familienstand gäbe es nur bei der Kreditvergabe, nicht aber beim Rahmen.
Luftlinien
Der Bank geht es beim Anpassen der Kontenrahmen nicht in erster Linie ums Risiko, sondern um die Kreditvorsorge. „85 Prozent unserer Kunden nutzen das gewährte Limit gar nicht, wir müssen aber trotzdem das Kapital dafür vorhalten.“ Klöpper spricht von „Luftlinien“. Dies sei Kunden aber nur schwer vermittelbar. Die Kommunikation müsse daher verbessert werden: „Der Überziehungsrahmen ist ein hochsensibles Thema, weil er von Vielen auch als eine Art Wertschätzung angesehen wird.“
AK-Datenschutzexpertin Daniela Zimmer warnt davor, Menschen allein von Software beurteilen zu lassen. „Uns sind diese automatischen Risikoeinschätzungen schon lange ein Dorn im Auge. Solche Systeme können die Lebensvielfalt eines Menschen niemals abbilden.“
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