Köstinger legt sich mit großen Handelsketten an

Ministerin Köstinger
Ministerin kritisiert im profil Rewe, Spar und Hofer für „zum Teil erpresserische Zustände“. Handel schießt scharf zurück

Unerwarteter Rundumschlag: Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger, ÖVP, erhebt im profil schwere Vorwürfe gegen die großen Handelsketten Billa, Spar und Hofer. Landwirtschaft und Lieferanten hätten gegen die Einkäufer der Handelskonzerne "keine Chance".

Köstinger sagt: "Das sind zum Teil erpresserische Zustände. Wer sich wehrt, wird ausgelistet. Das ist kein fairer Wettbewerb, das sind unfaire Praktiken."

Es gäbe ein Missverhältnis zwischen den Erzeugerpreisen und Konsumentenpreisen. Köstinger: "Steigen die Preise für Konsumenten, schöpft der Handel diese Marge ab und gibt sie nicht an die Bauern weiter. Zahlen die Konsumenten weniger, trägt das nicht der Handel, sondern der Bauer bekommt entsprechend weniger."

Vorwurf der Täuschung

Die Konsumenten würden vom Handel getäuscht, so Köstinger: "Der Preiskampf findet jeden einzelnen Tag am Regal statt. Der Handel lockt die Kunden mit billigen Eiern oder billiger Milch. Was die Ketten da verlieren, holen sie sich durch Aufschläge bei anderen Produkten wieder herein."

Handel kontert scharf

Mit großer Verwunderung und Unverständnis reagiert der Lebensmittelhandel auf die Rundumattacken von Ministerin Köstinger gegen den Lebensmittelhandel. „Die pauschalen und unsachlichen Unterstellungen sowie die deplatzierte Wortwahl von Bundesministerin Elisabeth Köstinger weisen wir im Namen der gesamten Branche auf das Schärfste zurück.“, so Christian Prauchner, Bundobmann des Lebensmittelhandels in der WKÖ. 

„Gerade die Corona-Krise hat einmal mehr gezeigt, wie gut die Zusammenarbeit zwischen Landwirtschaft und Lebensmittelhandel in Österreich funktioniert – so konnten wir die Grundversorgung der Bevölkerung gemeinsam jederzeit verlässlich sicherstellen“, so Prauchner.  

Köstingers Kritik ist jedoch nicht wirklich neu. Schon vor einer Woche bei der Agrarmesse in Ried hatte Köstinger gesagt: "Was es braucht, das ist Wertschätzung für die familiengeführte Landwirtschaft in Österreich, die sich auch in der Wertschöpfung widerspiegelt. Lippenbekenntnisse des Handels sind zu wenig. Wenn von einem Kilogramm Schnitzelfleisch nur noch 85 Cent bei den Bäuerinnen und Bauern verbleiben und wir gleichzeitig beim AMA-Gütesiegel um 2 bis 3 Cent für mehr Tierwohl diskutieren, dann passt die Werbung des Lebensmittelhandels nicht mit der Realität zusammen. Es ist ein Kampf David gegen Goliath, den die Bäuerinnen und Bauern täglich führen. Daher fordere ich die Solidarität der Konsumentinnen und Konsumenten auch beim Regal."

Bauernbund schließt sich Kritik an

Bauernbund-Präsident Georg Strasser bestätigte am Samstag die Kritik der Ministerin. "Die Handelsriesen haben beängstigend viel Marktmacht. Damit sind sie mitverantwortlich für den Strukturwandel in der Landwirtschaft. Täglich schließen rund 10 Betriebe ihre Hoftore für immer."

Die "Übermacht der Händler im Lebensmitteleinzelhandel" gehe so weit, dass sich Erzeuger bei offensichtlichen Verfehlungen gar nicht mehr den Mund aufmachen trauen, weil sie Angst vor einer Auslistung haben, bestätigte der ÖVP-Nationalratsabgeordnete Strasser in einer Aussendung und forderte eine gesetzliche Regelung zum Schutz kleiner Erzeuger vor unfairen Handelspraktiken.

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