Kocher will Insolvenzentgeltfonds-Zahlungen der Arbeitgeber halbieren

++ HANDOUT ++ PK "AKTUELLE LAGE AM ARBEITSMARKT": BM KOCHER
Lohnnebenkostensenkung soll zusätzliche Jobs schaffen. Entlastung von rund 125 Mio. Euro jährlich - Entscheidung fällt nach Begutachtung.

Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP) will die Lohnnebenkosten für Arbeitgeber senken. Dazu soll der Arbeitgeber-Beitrag zum Insolvenzentgeltfonds (IEF) halbiert werden, das würde eine wirtschaftliche Entlastung von rund 125 Mio. Euro jährlich bringen. Eine endgültige Entscheidung über die Beitragssenkung werde nach der Begutachtung getroffen. Lob kommt von der WKÖ und Industriellenvereinigung (IV), Kritik von SPÖ und Gewerkschaft.

Der Fonds sichert das Einkommen von Beschäftigten, deren Betriebe in Konkurs gegangen sind. Eine Senkung des Zuschlags könne per Verordnung des Arbeitsministers festgelegt werden. Die Begutachtung des Entwurfs ist laut einer Aussendung des Arbeitsministeriums für eine Woche, also bis Freitag vorgesehen. Kocher will einen "wirtschaftlichen Impuls" geben und sieht den Fonds nach einer Beitragssenkung auch bei einer Pleitenwelle noch ausreichend ausgestattet: "Zudem beinhaltet der Insolvenzentgeltfonds selbst nach der Beitragssenkung noch genügend Rücklagen, um die Einkommen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Insolvenzfall abzusichern, selbst wenn die Zahl der Insolvenzen stark steigen sollte."

 

Senkung von 0,2 auf 0,1 Prozent

Der Insolvenzentgeltfonds (IEG) wird durch Beiträge der Arbeitgeber gespeist. Die Leistungen werden durch einen Zuschlag zum Arbeitslosenversicherungsbeitrag abgedeckt. Jede Arbeitgeberin und jeder Arbeitgeber muss derzeit 0,2 Prozent der sozialversicherungsrechtlichen Beitragsgrundlage zahlen. Das soll im nächsten Jahr auf 0,1 Prozent halbiert werden. Möglich ist die Beitragssenkung laut Ministerium, weil der Fonds über einen hohen Guthabenstand verfüge, und zwar mit Jahresende 2021 voraussichtlich 870 Mio. Euro. Dieses Guthaben werde sich mit einer Absenkung des Zuschlags ab 2022 mittelfristig auf rund 400 Mio. Euro im Jahr 2024 reduzieren.

Selbst nach einer Beitragssenkung habe der Fonds ausreichend Rücklagen, um im laufenden Insolvenzgeschehen Einkommen abzusichern und für unvorhersehbare Großinsolvenzen vorbereitet zu sein. Die langsame Reduktion nehme auch Rücksicht auf das Risiko steigender Insolvenzen infolge der COVID-19 Pandemie, so das Arbeitsministerium. Eine Rücklage von 400 Millionen Euro reiche aus, um das Einkommen von 53.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern bei Pleiten abzusichern. Durch die Entlastung würden jährlich zwischen 2.500 und 3.000 zusätzliche Jobs geschaffen.

IV und WKÖ begrüßen Kochers Initiative: Eine Entlastung bei Lohnnebenkosten sei eine "wichtige Maßnahme zur richtigen Zeit", heißt es in einer IV-Aussendung. Die Unternehmen hätten mit ihren Beiträgen ausreichend Rücklagen für den Insolvenzentgeltsicherungsfonds gebildet, so IV-Präsident Georg Knill. WKÖ-Generalsekretär Karlheinz Kopf erwartet durch die Beitragssenkung "einen spürbaren Positiv-Effekt auf den Arbeitsmarkt". Man müsse für die heimischen Betriebe "so viele Hindernisse wie nur möglich aus dem Weg räumen, damit sie aus der Krise wachsen und Beschäftigung schaffen können".

SPÖ und Gewerkschaft warnen angesichts der Coronakrise vor einer Beitragssenkung. "In wirtschaftlich unsicheren Zeiten kürzt man nicht die Insolvenzversicherung", so SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch in einer Aussendung. "Da in Kürze das Ende der Kreditstundungen für Unternehmen ins Haus steht, ist es gerade der denkbar schlechteste Zeitpunkt, so eine Kürzung vorzunehmen", sagte Muchitsch. "Gerade in unsicheren Pandemiezeiten lässt sich kaum voraussehen, wie sich die Insolvenzzahlen entwickeln werden", erklärte die leitende Sekretärin des Österreichischen Gewerkschaftsbundes (ÖGB), Ingrid Reischl. "Erhöht werden die Beiträge in Zukunft wohl eher nicht, auch wenn es möglicherweise notwendig sein würde", so Reischl.

 

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