Keine Laptops, keine Server: Stillstand bei Baubehörden
Ein riesiges Bauprojekt in Ostösterreich: Die 140 Millionen Euro für die Finanzierung sind vorhanden, alle Genehmigungen ebenfalls. Nur die Zustimmung des Bauausschusses fehlt noch. Wegen des Coronavirus hat der Bauausschuss alle Sitzungen abgesagt. „Im September könnten sie wieder tagen. Das heißt: Stillstand bei neuen Baustellen im Sommer“, ärgert sich Erwin Soravia, Präsident der Vereinigung Österreichischer Projektentwickler der Bau- und Immobilienbranche (VÖPE), im Gespräch mit dem KURIER.
Das 140 Millionen-Projekt ist nicht das einzige, das auf unbestimmte Zeit verschoben werden muss. Bauvorhaben im Volumen von 25 Milliarden Euro sind mangels an Bescheiden und Bauschusssitzungen derzeit auf Eis gelegt, hat der VÖPE in einer österreichweiten Umfrage ermittelt.
Peter Ulm, Vizepräsident des VÖPE, hält diese Situation für untragbar. Denn: Werden die Corona-Beschränkungen gelockert, könnte die Baubranche als Konjunkturmotor fungieren – nicht aber, wenn jetzt die Behördenverfahren unterbrochen werden. „Es wäre eine Riesen-Chance, die Bauprojekte jetzt rasch zu genehmigen und sobald die Lockerung kommt, durchzustarten“, bekräftigt Soravia. Immerhin sei der Bereich der Bauprojektentwicklung – das seien Wohnräume, Schulen, Büros, Sporteinrichtungen – mit allen nachgelagerten Unternehmen für zehn Prozent der österreichischen Wirtschaftsleistung verantwortlich. 20.000 Beschäftigte arbeiteten in diesem Sektor. „Die Projektentwickler sind der Start. Daran hängt die Arbeit von vielen kleineren Betrieben – den Bodenlegern, Tapezierern, den Dachdeckern“, führt Soravia aus. Es sei pervers, das nach hinten zu schieben, anstatt mit rascheren Verfahren die Konjunktur anzuschieben.
Offener Brief
Noch aber ist in den Behörden der Blick nicht auf den konjunkturellen Aufbruch nach der Krise gerichtet. Die Wiener MA 21, zuständig für Flächenwidmung und öffentliche Auflagen, hat vorläufig die Behandlung von öffentlichen Auflagen für Widmungen gestoppt. „Das ist für viele Projekte ein massiver Rückschlag und Zeitverlust“, sagt Ulm. Gewisse Strukturen in der Verwaltung seien nicht homeofficefähig. Das sei inakzeptabel, meint Soravia. Man könne nicht einfach hinnehmen, dass die Verwaltung sage, wir warten jetzt ein paar Monate. Und die Kärntner Landesregierung hat gar einen Brief an die Bezirksverwaltungen geschrieben, in dem sie darauf hinweist, dass aus Kostengründen keine Bauprojekte vorangetrieben würden, erzählt Soravia, der selbst Kärntner ist, entsetzt.
Die VÖPE hat jetzt einen offenen Brief an alle Baulandesräte in Österreich geschrieben, in dem sie auf diese Missstände hinweist. Es dürfe nicht sein, dass Beamte in Österreich nicht zu Hause ihre Arbeit weiterführen könnten, weil digitale Zugänge fehlten. Die beiden Präsidenten fordern in dem Brief eine sofortige Aufnahme ruhend gestellter Verfahren, Beschlüsse im Umlaufverfahren, Verlängerung von Fertigstellungsfristen und rasche Ausstattung der Beamten mit homeofficefähiger Hard- und Software.
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