130.000 Autos illegal entsorgt

Hans Roth hofft auf eine Gesetzesänderung, damit die Entsorgung ohne Einhaltung von ökologischen Kriterien künftig schwerer möglich ist.
Elektroschrott und Autos landen auf Mülldeponien im Ausland, kritisiert Abfallexperte Hans Roth.

Durch einheitliche Recyclingquoten und Beschränkung der Abfallentsorgung in Deponien soll in der EU ein Kreislaufsystem für Rohstoffe entstehen. Der Präsident vom Verband österreichischer Entsorgungsbetriebe (VÖEB), Hans Roth (Fa. Saubermacher), hofft auf eine rasche Umsetzung. Der erste Versuch war von der EU-Kommission gestoppt worden.

KURIER: Das EU-Parlament hat einen erneuten Versuch gestartet, um Kreislaufsysteme in der Abfallwirtschaft zu etablieren. Wie stehen die Chancen, dass es diesmal klappt?

Hans Roth: Ich gehe davon aus, dass es dazu kommen wird. Im Umweltausschuss gab es eine breite Zustimmung. Kreislaufsysteme sind sowohl aus ökonomischen als auch aus ökologischen Gründen ein Muss. In vielen EU-Staaten werden Rohstoffe vergraben. Dabei entstehen die Altlasten von morgen.

Die Konsumenten zahlen für die Entsorgung von Elektrogeräten seit zehn Jahren einen Entsorgungsbeitrag. Was passiert mit dem Geld?

Der Entsorgungsbeitrag hängt von den Rohstoffpreisen ab. Die Konsumenten zahlen die Differenz zwischen den Entsorgungskosten und den Einnahmen aus der Verwertung der Rohstoffe. Der Entsorgungsbeitrag ist verursachergerecht. Wer mehr Elektrogeräte kauft, zahlt mehr Beiträge. Unsere Sorge ist, dass von den jährlich anfallenden 100.000 Tonnen Elektroschrott bis zu 25.000 ins Ausland gehen. Eine ökologische Entsorgung ist für diese Geräte nicht gesichert.

Ist der Export legal?

Solange ein Elektrogerät, etwa ein PC, funktioniert, kann es auch legal exportiert werden. Kaputte Geräte sind Abfall. Für den Export ist eine Bewilligung notwendig. Es werden alte Geräte gesammelt und ohne Bewilligung ins Ausland gebracht, obwohl sie nicht funktionieren. Die Entsorgungswirtschaft wünscht sie daher auch eine bessere Kontrolle.

Wie kann eine bessere Kontrolle aussehen?

Derzeit wird eine Novelle des Abfallwirtschaftsgesetzes vorbereitet. Nicht mehr der Zollbeamte soll beweisen müssen, dass die Ausfuhr illegal ist, sondern der Exporteur muss beweisen, dass er korrekt handelt. Bei Autos gibt es ein ähnliches Problem. 250.000 Autos werden jährlich abgemeldet. Davon sind 100.000 bis 130.000 nicht auffindbar. Wenn das Pickerl abgelaufen ist, braucht man laut Gesetz für die Abmeldung einen Verwertungsnachweis.

Was würde die Beweislastumkehr bringen?

Es geht uns darum, unsachgemäße Entsorgung zu verhindern. Bei den illegalen Exporten erfolgt die Demontage im Hinterhof. Ein Großteil landet auf Mülldeponien im Ausland. Die Entsorgungswirtschaft muss insgesamt 5000 Vorschriften einhalten. Bei einer Entsorgung in Österreich bleiben die Rohstoffe im Land und müssen nicht aus dem Ausland zugekauft werden. Außerdem kann so die Auslastung der Anlagen sichergestellt werden. Die Betriebe haben ihre Kapazitäten auf die erwarteten Mengen eingestellt.

Die EU wünscht sich bei Haushalts- und Gewerbeabfällen bis 2030 eine Recyclingquote von 70 Prozent. Kann Österreich diese Vorgabe schaffen?

Für Österreich und Deutschland ist das kein Problem. Einige andere EU-Staaten werden es nicht so leicht haben. Vielleicht wird man versuchen das Ziel von 70 Prozent nach unten zu korrigieren. Ich bin dafür, dass das Ziel so bleibt. Wenn die Rohstoffpreise wieder steigen, wird das Recycling automatisch mehr werden. Dann ist das Ziel leicht erreichbar. Wenn es in Europa Länder gibt, in denen mehr Abfälle deponiert werden können, besteht die Gefahr von Ökodumping.

Warum wünschen Sie sich bei den Ausschreibungen das Bestbieterprinzip?

Derzeit haben wir die Vergabe an den Billigstbieter. Das niedrigste Angebot bekommt den Zuschlag. Der CO2-Ausstoß der Lastwagen, die für Transport des Abfalls verwendet werden, spielt bei der Auftragsvergabe keine Rolle. Es ist auch egal, ob in der Region entsorgt wird, oder ob lange Wege zurückgelegt werden müssen. Soziale und ökologische Kriterien sollten bei den Ausschreibungen stärker berücksichtigt werden. Wir verhandeln derzeit mit dem Gemeindebund. Ich hoffe, dass es uns gelingt, zu einem Ergebnis zu kommen, in dem sich alle wiederfinden. Es geht dabei um eine Empfehlung. Gesetzliche Vorgaben können wir nicht beschließen.

Es gibt Kritik, weil bundeseinheitliche Regelungen fehlen.

Jedes Bundesland hat auch eigene Regeln für die Abfallentsorgung. Es gibt daher neun verschiedene Regelungen für die Definition, was ist Haushaltsmüll und was ist Gewerbemüll.

Die österreichische Abfallwirtschaft kommt auf einen jährlichen Umsatz von mehr als vier Milliarden Euro. Der Verband österreichischer Entsorgungsbetriebe (VÖEB) zählt 220 Mitglieder, die insgesamt 43.000 Mitarbeiter beschäftigen. Die Entsorgung der Abfälle erfolgt in rund 1100 Anlagen.

Im Müll finden sich eine Vielzahl von wiederverwertbaren Materialien. Allerdings sind auch gefährliche Stoffe wie Quecksilber, Kadmium, Chrom oder Bleiverbindungen vorhanden. Deren Entsorgung ist aufwendig.

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