Kathrein: "Machen auch ohne Euro Geschäfte"
Er ist ein Unternehmer aus echtem Schrot und Korn, wie es so schön heißt. Der 60-jährige Anton Kathrein, geschäftsführender Gesellschafter der Kathrein-Werke KG in Rosenheim/Bayern, nimmt sich im KURIER-Interview kein Blatt vor den Mund. Der Chef des ältesten und größten Antennenherstellers der Welt glaubt an die Regenerationskraft des Unternehmertums, hält die Euro-Sorgen für ziemlich übertrieben und vermisst die Glaubwürdigkeit in der Politik.
KURIER: Ganz ehrlich. Geht Ihnen das Krisengejammere schon auf die Nerven?
Anton Kathrein: Ich kann das Wort Krise schon gar nicht mehr hören, man kann eine Krise auch herbeireden. Wir sind jedenfalls gut ausgelastet und auch für nächstes Jahr zuversichtlich.
Wie wichtig ist für Sie als Unternehmer eigentlich der Euro als Währung?
Naja, er ist praktisch, aber in meinem Geschäft zählt das Produkt, nicht die Währung. Wir machen auch ohne Euro unsere Geschäfte. Wir sind in vielen Ländern der Welt tätig, mit unterschiedlichsten Währungen. Es ist wirklich egal, ob die jetzt Euro, Schilling oder Mark heißt. Wichtig ist die Nachfrage nach unserem Produkt.
Ist denn der Euro noch zu retten?
Ja, das glaube ich schon. Dass Griechenland pleite ist, weiß man ja schon lange. Ich bin dafür, dass Griechenland aus der Eurozone verschwindet und es eine geordnete Insolvenz gibt. Es ist wirklich naiv zu glauben, dass die Griechen irgendwann ein Industrieland wie Deutschland werden können. Wie soll denn das gehen, frage ich mich?
Wie beurteilen Sie das aktuelle Krisenmanagement der europäischen Politiker?
Schlecht. Sie hätten viel früher reagieren müssen. Es war ja absehbar, dass sich Griechenland nicht an die Verträge hält. So etwas hätte viel früher Konsequenzen haben müssen. Jetzt haben die Politiker das Vertrauen in der Bevölkerung verspielt.
Was können Politiker vom Unternehmertum lernen?
Ich vermisse die Glaubwürdigkeit, Ehrlichkeit und Verlässlichkeit in der Politik. Manchmal hab ich das Gefühl, die Politiker reagieren am Nachmittag darauf, was sie am Morgen in der Zeitung gelesen haben. Und zwar bei Politiker aller Couleurs. Ich könnte als Unternehmer nicht so agieren. Ich kann es mir nicht leisten, das Vertrauen meiner Kunden zu verspielen.
Was halten Sie von der Schuldenbremse?
Das Wort Schuldenbremse klingt ja gut, aber die Staaten müssen sich auch daran halten. Es gab ja bisher schon Regelungen, aber wenn sich niemand daran hält, nutzen sie gar nix, das hat man ja schon an Griechenland gesehen.
Viele Betriebe halten sich ob der düsteren Konjunkturprognosen wieder mit Investitionen zurück. Ist das richtig?
Ich bin da antizyklisch unterwegs. Wir haben die letzte Krise 2008/2009 schon auch gespürt, aber mehr in Forschung und Entwicklung investiert. Nach der Krise kommt immer ein Aufschwung. Und man kann sich auch zu Tode sparen.
Sie empfehlen auch, sich neue Märkte zu suchen, statt den Kopf hängen zu lassen ...
Ja. Vor allem Klein- und Mittelbetriebe sind oft viel zu sehr auf ihre eigene Region fokussiert. Als Mittelständler muss man rausgehen, Europa ist viel zu klein, Kunden gibt es überall. Ich reise 350.000 Kilometer im Jahr. Erst kürzlich war ich in Afrika, auch dort entwickelt sich ein Mittelstand, der Mobilfunk-Antennen benötigt. Reisen öffnet immer auch neue Perspektiven. So haben mir afrikanische Geschäftspartner kürzlich gesagt, dass wir in Deutschland so selten erreichbar sind, weil wir immer Feiertage haben oder auf Urlaub sind. Da werden manche Dinge halt ganz anders gesehen...
Haben Sie Rezepte gegen den Fachkräfte- insbesondere Technikermangel?
Es kommen keine Fachkräfte von irgendwoher, man muss sie selbst ausbilden und etwa verstärkt mit Schulen kooperieren. Und: Wir müssen weg vom Jugendwahn und halt ältere Mitarbeiter länger beschäftigen. Bei Kathrein haben wir sehr viele über 50-Jährige, sogar über 65-Jährige.
Aber Ältere sind teurer als Jüngere und werden deshalb oft nicht länger beschäftigt.
Das stimmt ja so nicht, Erfahrung zählt schließlich auch etwas. Außerdem gibt es ja die Möglichkeit, die Arbeitszeit vor der Pension etwa auf 20 Stunden zu reduzieren.
Sie halten bei Kathrein die Qualität hoch, aber sehr oft zählt am Markt auch der Preis. Fürchten Sie sich nicht vor der zunehmenden Billig-Konkurrenz aus China?
Also fürchten tu ich mich nicht. Aber wir haben in China schon sieben Firmen, die uns kopieren. Mal sehen, was man da rechtlich machen kann. Andererseits ist kopiert zu werden ja ehrenhaft. Wir haben aber auch selbst Werke in China und kooperieren mit chinesischen Firmen wie Huawei und ZTE.
Zur Person: Anton Kathrein
Hightech-Schmiede
Die Kathrein-Gruppe mit Sitz in Rosenheim ist der größte und älteste Antennenhersteller der Welt (Gründungsjahr 1919). Die Palette reicht von Mobilfunk-, Sat-, Rundfunk- bis zu Autoantennen-Systemen. Weltweit sind 6300 Mitarbeiter in 21 Werken und 61 Tochter- und Beteiligungsunternehmen beschäftigt. Im Kathrein-Werk in Niederndorf/Tirol arbeiten derzeit rund 300 Mitarbeiter. 2010 wurden 1,14 Mrd. Euro umgesetzt, davon mehr als zwei Drittel im Ausland.
2. Generation
Anton Kathrein (60), Diplombetriebswirt, leitet seit dem Tod seines Vaters 1972 das Unternehmen als persönlich haftender, geschäftsführender Gesellschafter. Kathrein ist einer der Vortragenden beim Unternehmer-Forum des Business Circle am 24./25. November im Novomatic-Forum in Wien. Thema der Veranstaltung: "Strategien und Impulse für ungewisse Zeiten".
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