Kartellverfahren: Drei Mio. Euro Strafe für Spar

Spar ficht als Erster in der Branche den Streit mit den Wettbewerbshütern vor Gericht aus.
Der Händler soll Bußgeld zahlen. Wettbewerbshüter werden dennoch kritisiert.

Wir haben genügend Beweismittel für substanzielle Geldbußanträge“, hat Theodor Thanner, Chef der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB), vor rund einem Jahr zum Kartellverfahren gegen Spar zum Besten gegeben. Der Vorwurf: Preisabsprachen mit Lieferanten.

Am Mittwoch, als das Kartellgericht Spar zu einer Strafzahlung von drei Millionen Euro vergattert hat, musste Thanner gehörig Kritik einstecken. Denn die Strafe betrifft nur das Geschäft mit Molkereiwaren. Zu 16 weiteren Produktgruppen hat die BWB noch keine Beweismittel vorgelegt. Die Beamten kommen nicht an die entsprechenden Unterlagen, weil Spar die Dokumente versiegeln hat lassen. Dazu hat Spar das Recht, weil die Razzia im Jänner stattgefunden hat. Zwei Monate später, mit 1. März, trat eine Gesetzesnovelle in Kraft, mit der eine Totalversiegelung von Dokumenten gar nicht mehr möglich gewesen wäre. Der Zeitpunkt der Razzia sei ein „Fehlentscheidung“ der BWB gewesen, sagt Kartellrichterin Anneliese Kodek.

Vielen Beobachtern kam die Hausdurchsuchung außerdem zu spät. Schließlich wurde Rewe rund neun Monate zuvor gefilzt, Spar sei also vorgewarnt gewesen. In der Behörde gibt man sich zerknirscht: „Die BWB ist unterbesetzt und kann nicht zwei große Parallelverfahren führen“, sagt eine Sprecherin der Behörde, die nur 35 Mitarbeiter zählt. Zur weiteren Vorgehensweise sagt sie nur, dass „alles im Werden ist“. Die Branche rechnet damit, dass heuer wenigstens noch die Unterlagen für Bier entsiegelt werden.

Ausgestritten

Spar ist das erste Unternehmen der Lebensmittelbranche, das nicht vor einem jahrelangen Rechtsstreit mit der Behörde und entsprechenden Verfahrenskosten zurückschreckt. Konkurrent Rewe hat lieber klein beigegeben und 20,8 Millionen Euro im Zuge eines Settlements gezahlt. Für Spar-Chef Gerhard Drexel kam das nicht infrage. „Nur durch ein Gerichtsverfahren gibt es Rechtssicherheit“, hat er mehrmals betont. Die Kartellrichterin bezeichnete Spar als „äußert kooperativ“. Es habe eine „Preismoderation“ stattgefunden, so Kodek. „Es handelte sich nicht um klassische Verkaufspreisabsprachen. Diese waren subtiler, allerdings mit dem gleich schädlichen Zweck.“

Die Arbeiterkammer fordert erneut, dass verhängte Bußgelder nicht ins Budget fließen, sondern den Konsumenten zugutekommen.

Wer sich mit Großkonzernen anlegt, muss sich warm anziehen. Davon kann der oberste Wettbewerbshüter, Theodor Thanner, ein Lied singen. Seine Truppe von 35 Mitarbeitern wird oft mitleidig belächelt. In der Lebensmittelbranche wird er zudem schief angeschaut, weil seine Leuten so spät in der Spar-Zentrale angeklopft haben. Neun Monate nach der Razzia beim Konkurrenten Rewe – Überraschungsbesuche sehen anders aus. Hätte Thanner mit der Spar-Hausdurchsuchung noch weitere zwei Monate und damit eine Gesetzes-Novelle gewartet, hätte er sich weiteres Theater erspart. Und Spar die Möglichkeit einer Totalversiegelung der Dokumente genommen. Sehr unglücklich, die Optik. Daran hat auch der öffentliche Schlagabtausch zwischen Thanner und Spar-Chef Gerhard Drexel nichts geändert.

Drexel hat der Behörde keinen schnellen Erfolg nach dem Motto „lieber schnell ein paar Millionen zahlen und dafür Ruhe haben“ gegönnt. Er ficht als erster in der Lebensmittelbranche die Sache vor Gericht durch. Und bringt die chronisch unterbesetzte Bundeswettbewerbsbehörde wohl weiter an ihre personellen Grenzen.

Die vorläufige Kartellstrafe in Höhe von drei Millionen wird kein großes Loch in die Kassen der Spar-Gruppe reißen. Im Vorjahr hat der Salzburger Konzern einen Brutto-Verkaufsumsatz in Höhe von 12,6 Milliarden Euro ausgewiesen. Das Bußgeld betrifft vorerst nur die Molkereiprodukte. Die Molkereien hatten übrigens keine Nerven zu streiten. Sie haben sich mit der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) auf ein Settlement geeinigt. Die Berglandmilch zahlte beispielsweise 1,125 Millionen Euro – bei einem Jahresumsatz von rund 900 Millionen Euro.

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