Zwischen griechischen Mythen, Keramik und Chaos: Ein Modedesigner erzählt

Modedesigner David Vesely
David Vesely ist Modedesigner. Was Keramikschmuck und der Minotaurus damit zu tun haben, erfahren Sie unten im KURIER-Gespräch.
KURIER: Die Neunziger sind zurück: Verändert Mode sich überhaupt noch?
David Vesely: Mode wiederholt sich immer wieder. Man versucht zu brechen, was gerade da ist oder Altes neu zu erfinden. Genau diese Lebhaftigkeit macht sie so toll. Bei der Männermode ist man aber leider noch sehr verklemmt.

 

Wer sind Ihre Vorbilder?
Alexander McQueen und Helmut Lang. McQueen verknüpft Kreativität und Handwerk perfekt, während Lang wahnsinnig gut in seinem Minimalismus ist. Seine nachhaltigen Designs kann man heute noch tragen.

 

Wie sind Sie auf die Mode-Branche gestoßen?
Ich hätte nie gedacht, dass ich in dieser Branche lande. Ursprünglich war plastische Kunst mit Keramik, Metall und Schmuck mein Traumberuf. Eine Professorin im textilen Zweig hat mich aber auf Mode gebracht. Heute baue ich Keramik-Elemente in meine Designs ein.
Zwischen griechischen Mythen, Keramik und Chaos: Ein Modedesigner erzählt

Modedesigner David Vesely  mit  Model Lydia Chi während eines Fashionshoots. Makeup von Marietta Dang; Fashion Assistent:Julian Behrenbeck

"Man darf keine Angst vor dem Unkonventionellen haben"

von David Vesely

Was müssen Designer können?
Es kommt auf die Art von Designer an. Für mich ist beispielsweise das Handwerk sehr wichtig. Sonst sind dreidimensionales Denken, Kreativität, Schnittzeichnen, eine gute Raumvorstellung, Planungstechnik, unternehmerisches Denken und viel Durchhaltevermögen von Vorteil.
Viele stellen sich die Arbeit so glanzvoll wie in Filmen oder Serien vor. Kreativ zu arbeiten ist aber wesentlich komplexer.

 

Wie beginnen Sie eine Kollektion?
Mit Brainstorming: Man braucht eine Idee und etwas, das einen befeuert. Es gibt nichts Schlimmeres als eine Kollektion, die keinen starken Hintergrund hat. Ich lese sehr viel und erstelle „Moodboards“mit Formen, Materialien und einer Stimmung. Dann kommt das Ausprobieren.
 
Das liebe ich am meisten: Das Experimentieren. Dabei darf man keine Angst vor dem Unkonventionellen haben. Das hemmt die Dynamik. Wenn eine Kollektion fertig ist, stoßen wir am Ende eines Fotoshootings mit einem Spritzer an.

"Die Arbeitsstunden, die man investiert, werden oft unterschätzt. Das ist teils der Fast Fashion verschuldet."

von David Vesely

In Österreich sind   rund 62.000 Mitarbeiter im Handel mit Mode und Freizeitartikeln tätig. Mode ist auch ein Umweltthema:  jährlich werden 221.800 Tonnen  Textilien entsorgt, mur 17 Prozent  recycelt. 

Wie hoch ist der Arbeitsaufwand?
Meine Arbeitszeiten sind sehr flexibel. Manchmal arbeite ich bis Mitternacht, was sich zwar schlimm anhört, aber es ist Arbeit, die ich liebe. Für eine Kollektion brauche ich ungefähr acht bis neun Monate.
 
Jede Feder wird nämlich einzeln angenäht. Die Arbeitsstunden, die man investiert, werden oft unterschätzt. Das ist teils der Fast Fashion verschuldet. Die Wertschätzung für das Handwerk geht verloren.
Zwischen griechischen Mythen, Keramik und Chaos: Ein Modedesigner erzählt

"Praktika sind unglaublich wertvoll"

von David Vesely

Wie gehen Sie mit kreativen Blockaden um?
Ideenlos ist man nie, das ist das eigentliche Problem. Es gibt zu viel, was man umsetzen möchte.

 

Was sind Ihre Inspirationsquellen?
Menschen inspirieren mich. Und griechische Mythen. Meine letzte Kollektion basiert auf dem Minotaurus-Mythos und toxischer Männlichkeit. Diese Schlüsselelemente ziehen sich wie ein roter Faden durch meine Kollektion.

 

Wie wird man Modedesigner?
Es gehört viel Eigenständigkeit dazu. Man muss es wirklich wollen und einiges selbst austüfteln. Praktika sind unglaublich wertvoll, auch wenn sie in einem Mode-Bereich sind, der nicht unbedingt den eigenen Vorstellungen entspricht.
Die Fähigkeit, aus jeder Situation etwas für sich mitzunehmen, ist da besonders hilfreich.

„Kreativität bringt immer Chaos mit sich“

von David Vesely

Muss man organisiert sein oder braucht Mode etwas Chaos?
Das Atelier und die Räumlichkeiten sollten eine gewisse Ordnung haben. Aber Kreativität bringt immer Chaos mit sich.

 

Was ist das Schönste an Ihrem Job?
Das Schönste ist die Energie, die ich bekomme, wenn jemand von mir entworfene Kleider trägt. Es klingt etwas kitschig, aber es steckt eine gewisse Magie dahinter, wenn Models die Kollektion zum Leben erwecken.
 
Man fühlt sich dann auch bestätigt. Die Fertigung kann manchmal sehr zehrend sein, es gibt beispielsweise nichts Schwierigeres als einen maßgeschneiderten Anzug zu nähen, aber es ist die Arbeit wert.
Was ist das Überraschendste an der Modewelt?
Dass es so viele Menschen in der Branche gibt, die einander helfen und unterstützen. Networking ist alles. Die Zusammenarbeit mit anderen aus der Modeszene, wie etwa Fotografen und Make-up Artisten, ist essenziell für eine erfolgreiche Karriere.

 

Ein Tipp für anstrebende Modedesigner?
Ich stehe selbst noch eher am Anfang, aber mein Tipp wäre: Dranbleiben. Man sollte versuchen, so viel wie möglich aus jeder Situation zu schöpfen und Kontakte zu knüpfen.

 

Zur  Person:

David Vesely absolvierte das Kolleg Mode Design Textil in der Herbststraße und erreichte die Meisterklasse in Herrenschneiderei an der HLMW9. 2018 wirkte Vesely in einem seiner ersten Projekte mit: „The Future Ball“ mit Eno Peci und Lena Frankhauser.

Von 2020 bis 2021 war er der  Projektleiter vom Fashionfilm VAGARY. Aktuell ist Vesely als Schneider bei der Firma Rotknopf tätig. Der Fashionfilm ist unten zu sehen.

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