„Wer sind Ihre Geldgeber, Ihre Investoren?“ Thomas Kloibhofer schweigt und tippt mit dem Zeigefinger zweimal auf die eigene Brust. „Sie haben keine Förderungen bezogen? 180 Mitarbeiter, sechs Jahre Forschung, alles aus Ihrer Tasche?“. Kloibhofer nickt und schweigt weiterhin.
„Da muss die Hoffnung groß sein, dass es aufgeht“, schlussfolgert der KURIER und Kloibhofer antwortet: „Das ist mehr oder weniger ein Hundert-Millionen-Euro-Projekt.“ Aber eines, bei dem er sicher ist, dass es später den Weltmarkt dominieren wird.
Das ist keine Zahnbürste
Seine Hoffnung ruht auf einem runden Objekt, das den Namen „e1“ trägt. Optisch erinnert es an einen Staubsauger-Roboter, ist aber deutlich leichter (siehe Bild unten). Zwei Einzelteile lassen sich herausnehmen und, ähnlich wie bei Röntgenaufnahmen, mittels Mundstück verwenden. Das Erste detektiert binnen 30 Sekunden den gesamten Mundraum, misst Daten zur Gesundheit und körperlichen Vitalität.
Außerdem – und das ist der Clou an der Sache – macht es Plaque (die Firma bevorzugt die Bezeichnung Biofilm) digital sichtbar. Eine Weltneuheit, erklärt der Gründer, an der alle anderen bislang gescheitert sein sollen. Auch epitome, so nannte Kloibhofer seine Firma, stand kurz davor, alles hinzuschmeißen, bis im Dezember 2022 der Durchbruch gelang.
„Das war ein Meilenstein-Erlebnis“, erinnert er sich. Denn der digital sichtbare Plaque bildet die Basis für die tatsächliche „Zahnbürste“ – den zweiten Halbmond, der anschließend im Mund platziert wird. Durch die Daten weiß das „Cleaning Device“ genau, wo und wie stark Verunreinigungen vorhanden sind. Und entfernt diese zielgerichtet binnen Sekunden.
Eine Versprechung, die schon andere Erfinder machten – man erinnert sich an die Amabrush, die groß gefeiert wurde und noch größer gescheitert ist. Und so viel verbrannte Erde hinterließ, dass kein Fördergeber mehr bereit war, das Thema Zahnhygiene anzugreifen, berichtet Kloibhofer. Dabei ist selbst die beste elektrische Zahnbürste, die es heute auf dem Markt gibt, nicht gut genug, sagt er.
"e1" besteht aus einem "Detection" und einem "Cleaning Device". Mittels Robotik wird zuerst Biofilm (Plaque) detektiert und in einem zweiten Schritt gezielt entfernt. Bei der Entfernung kommen Bürsten zum Einsatz. "Die Bürstentechnologie ist nach wie vor die beste, um Biofilm zu lösen und abzutransportieren", sagt Kloibhofer
Würden Sie in ein Flugzeug steigen, das nur zu 70 Prozent funktioniert?
„Macht man alles richtig, erreicht eine herkömmliche Zahnbürste nur 70 Prozent der Zahnoberfläche“, sagt Kloibhofer und fragt, ob man in ein Auto steigen würde, das nur zu 70 Prozent funktioniert. Oder in ein Flugzeug. Sein „e1“, an dem Forscher und Software-Entwickler jahrelang im Geheimen getüftelt haben und sogar von einem ehemaligen Philips-CEO (Stichwort Philips Sonicare) im Aufsichtsrat unterstützt wird, schafft über 99 Prozent. Karies könnte so für immer Geschichte sein.
Die Gesundheitsdaten, die das "Detection Device" erhebt, lassen sich direkt mittels App einsehen. Bei epitome werden diese in einen smarten Spiegel geladen - etwas, das in Zukunft ebenfalls alltäglich sein könnte. Verortet das Device Verunreinigungen an den Zähnen, werden diese explizit vermerkt. Das wiederum kann Zahnärzten die Behandlung erleichtern, so der CEO, und die Dauer einer professionellen Mundhygiene künftig halbieren
Was den Unterschied macht? Die Sensoren. Eine elektrische Zahnbürste hat im Schnitt vier, eine Waschmaschine acht, so Kloibhofer. Der „e1“ soll über hundert haben – ein Grund für den stolzen Preis, der bei 2.400 Euro, exklusive verpflichtendes Monatsabo für Liquids und Aufsätze, liegt. „Wir wissen, dass das nicht für jedermann ist“, so der epitome-CEO. „Aber das liegt nicht daran, weil wir so eine große Marge beziehen. Wir wollen das Gerät früher oder später in der ganzen Welt anbieten.“
Anders gesagt: Der jetzige „e1“, der in Handarbeit gefertigt wird, ist nicht darauf ausgelegt, Gewinn zu erwirtschaften. „Sondern um in den nächsten Jahren den Siegeszug des e1 zu finanzieren.“ Der Plan lautet: Zuerst Deutschland für Europa, dann Amerika und dann Japan. „Wenn man die drei Märkte gekapert hat, ist man in einer guten Situation, etwas weltweit verbreiten zu können.“
Thomas Kloibhofer: Der Mann hinter eptiome ist kein Unbekannter. 1998 gründete er das Competence Call Center (CCC), das ins Ausland expandierte. 2010 wurde er Unternehmer des Jahres, von Bundespräsident a. D. Heinz Fischer gab es das Goldene Ehrenzeichen. „Ich habe schon einmal bewiesen, dass ich es drauf habe“, sagt Kloibhofer zum KURIER. Mit epitome möchte er an diese Erfolge anknüpfen und nimmt viel Zeit und Kapital in die Hand. Internationale Konzerne hätten hier zu wenig Ausdauer, sagt er. „Da braucht es einen verrückten Entrepreneur.“
Ab in den Wettbewerb
Doch zunächst braucht es die Zulassung als Medizin- und nicht nur als Konsumentenprodukt. Schließlich soll „e1“ neben Privatkunden auch Ärzten zugutekommen. „Der Prozess dauert zwölf bis 14 Monate, wenn wir keinen Einspruch vom Mitbewerb erhalten. Und der wird alles daran setzen, dass dieses Produkt so spät wie möglich auf den Markt kommt.“
Der Mitbewerb wird jedenfalls schon Wind davon bekommen haben, dass ein neuer Player im Spiel ist. Im März ging epitome mit seiner Erfindung publik, die Werbung im ORF läuft, im August öffnet ein Flagship-Store in der Wiener Innenstadt. Die ersten „e1“ können online vorbestellt werden. Quer durch Europa soll es bereits großes Interesse geben. Die verkaufte Stückzahl möchte man aber nicht preisgeben.
(kurier.at, JC)
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Aktualisiert am 04.05.2024, 15:55
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