WorldSkills 2024: "In meinen Augen hat sie schon gewonnen"
Wer vorne sein will, muss sich Stunden vorher anstellen, scherzt ein Besucher. Der Andrang, die WorldSkills-Bewerber in den letzten Sekunden vor Bewerbsende zu sehen, ist nämlich groß. Neben dem japanischen und indischen Team arbeitet das Betonbauer-Duo aus Österreich: Stefan Huber und Christoph Kurz. Bis zum Schlusspfiff dauerts noch eine Weile, trotzdem bildet sich vor ihrer Station eine Traube an Fans.
Selbst auf einer internationalen Ebene ist Team Austria nicht zu übersehen – oder zu überhören. Aus Lautsprechern dröhnt „I am from Austria“ und an jeder Ecke findet man eine rot-weiß-rote Flagge.
Auch Martina Kern, die Mutter der Friseurin Carina Kern, hat sich eine Österreich-Flagge umgehängt. „Ich bin unglaublich stolz auf sie. In meinen Augen hat sie schon gewonnen. Alles weitere ist ein Luxus“, freut sie sich.
Friseur-Expertin Susanne Zuser ist zuversichtlich: „Sie gehört auf jeden Fall zur besseren Hälfte. Jetzt gerade macht sie Extensions und das kann sie wirklich gut.“ Ob es fürs Gold reicht? „Wir hoffen natürlich aufs Strockerl zu kommen, aber mehr will ich dazu noch nicht sagen“, so die Antwort.
Schlusspfiff: Stefan Huber und Christoph Kurz werden von ihren Fans gefeiert
Die WorldSkills in Lyon
Bei den Berufsbewerben treten die weltbesten Jungfachkräfte gegeneinander an, kämpfen um Medaillen. Spaziert man durch die sieben Hallen der Euroexpo im französischen Lyon sieht man über 1.600 topausgebildete Fachkräfte von Uganda bis Polen, die ihre Expertise und ihr Können in 62 Disziplinen präsentieren.
Das österreichische Team besteht aus 47 Fachkräften, die an diesen vier Wettbewerbstagen Alles geben. „Es ist ein echter Kraftakt, aber für Müdigkeit ist kein Platz. Wir müssen weiterfighten“, so Maschinenbau-CAD-Spezialist Enes Kocabay. Was bei einer Menschenmenge wie jener vor Ort gar nicht so einfach ist.
Erwartet werden fast eine Vierteilmillion Besucher. „Der Rummel hier ist gewaltig, aber ich lasse mich nicht ablenken, sondern versuche alles aus jeder Aufgabenstellung herauszuholen“, sagt Maschinenbautechniker Lukas Fiel. Fliesenleger Florian Gruber hat eine besonders effektive Taktik, um die Geräusche um sich herum auszublenden. „Ach, er setzt einfach seine Ohrschützer auf“, sagt sein Trainer Andreas Stiegler beiläufig. Außerdem lässt er sich nicht so leicht aus der Ruhe bringen, fügt er hinzu.
Die letzten Minuten
Zurück bei Friseurin Carina Kern, die konzentriert an einem Perückenkopf arbeitet. Es ist kurz vorm Schlusspfiff. Die Arme hat sie mit Tapes beklebt, den Nacken auch. „Die Arbeit ist körperlich sehr belastend, vor allem am Ende ist man meist schon sehr verspannt“, sagt ihre Trainerin Susanne Zuser.
Martina Kern freut sich deswegen schon, dass sich die Bewerbe langsam dem Ende nähern: „Man merkt, wie zerrend und belastend das Ganze ist. Auch mental.“ Immerhin will Carina Kern auch ihr Bestes geben, koste es was es wolle.
Malerin Lena Prinz will sich nach den Bewerben auch eine Pause gönnen, zumindest wünscht sich das ihr Vater Sandro Prinz. „Sie hat insgesamt über 800 Stunden trainiert, teils bis spät in die Nacht“, erzählt er. Seit Beginn der Bewerbe fiebert er mit ihr mit – aber mit Abstand. Er wollte sie nicht noch mehr stressen.
Ähnlich handhabt das auch Leopold Kurz, Vater vom Betonbauer Christoph Kurz. „Er hat mich darum gebeten, weil ihn das sonst ablenken würde“, sagt er. „Aber jetzt bin ich da und unglaublich stolz und aufgeregt.“ Unser Gespräch wird vom Schlusspfiff unterbrochen. Die Betonbauer fallen einander in die Arme. Es wird sogar die ein oder andere Träne vergossen.
Die Siegerehrung folgt morgen, Sonntag. Der KURIER berichtet live vor Ort.
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