Wissen mit Ablaufdatum. Effekte eines exklusiven Bildungsupdates
Der Zukunftsforscher Yuval Harari prognostiziert in seinem Buch „21 Thesen für das 21. Jahrhundert“, dass Weiterbildungen immer wichtiger werden, weil sich die Halbwertszeit des Wissens stetig verkürzt. Gelerntes habe ein Ablaufdatum. Man sollte also, so der Zukunftsforscher, alle paar Jahre seinen Job verlassen, um sich weiterzubilden, um so überhaupt kompetitiv zu bleiben. „Eine Volkswirtschaft, die ihre Bevölkerung nicht weiterbildet, ist auf verlorenem Posten“, sagt auch Thomas Ratka, Vizerektor der größten Weiterbildungsuniversität des Landes, der Donauuniversität Krems. „Dinge die heute wichtig sind, kann ich nur heute lernen.“ Aber was bringt eine solche Weiterbildung für ihre Teilnehmer überhaupt?
Persönliche Skills
Man lerne transdisziplinäres Denken, erklärt Ratka. Man sei anschließend in der Lage Denkmuster anderer Bereiche und Berufe anzunehmen und profitiere davon. Ein Beispiel: Ein Mediziner kann sich durch eine wirtschaftliche oder juristische Weiterbildung für eine Beförderung auf Managementebene qualifizieren.
Netzwerk
„Man spinnt sein eigenes Netzwerk aus Experten über die eigene Community hinaus“, erklärt Ratka auch. Hier profitieren Teilnehmer von den Berufs- und Lebenserfahrung der Kommilitonen, die aus den unterschiedlichen Bereichen und Berufen kommen. Durch die kleinen Teilnehmergruppen (15-25 Studierende) entstehe eine enge Verbindung, die mit großen Alumninetzwerken von Massenstudien nicht vergleichbar seien.
Wissen
In einem postgradualen Lehrgang können Studierende ihr Wissen auffrischen, erweitern, vertiefen oder komplett umsatteln. Somit wappne man sich für wechselnde Gegebenheiten der Welt. Denn: Innovationen verkürzen die Dauer, in der Erlerntes gültig sei. Ratka: „Ein Bilanzbuchhalter etwa, wird in 15 Jahren durch Künstliche Intelligenz (KI) ersetzt sein. Sie müssen also umsatteln oder den Umgang mit KI lernen“
Erfahrungsberichte von Weitergebildeten
"Ich kann jetzt vernetzter Denken", sagt Richard Forster, ein Notar aus Vorarlberg, der sich Jahre nach seinem Jus-Doktoradsstudium für einen postgradualen Masterlehrgang entschieden hat.
KURIER: Warum haben Sie als Notar eine wirtschaftliche Weiterbildung gemacht?
Richard Forster: Ich habe in meinem Beruf täglich mit wirtschaftsrechtlichen Themen zu tun, in meinem Studium war das damals aber nur nebensächlich. Jetzt habe ich Expertise in der Materie und erkenne relevante Details, die mir davor entgangen wären.
Wie war Ihre postgraduale Weiterbildung aufgebaut und was hat sie gekostet?
Es hat 10.000 Euro gekostet und mich zwei Jahre lang neben meiner Kanzleiführung und der Familie begleitet. Der Zeitfaktor war auch die größte Herausforderung. Über vier Semester bin ich zu den gestaffelten Lehreinheiten von Dornbirn nach Innsbruck gefahren.
Was haben Sie von dieser Zeit und der Ausbildung mitgenommen?
Ich kann das Erlernte jeden Tag in meinem Beruf anwenden. Ich denke auch, dass ich durch die wirtschaftliche Expertise Vorteile gegenüber anderen Notaren habe. Ich kann jetzt vernetzter denken. Auf jeden Fall ist das Netzwerk der Mitstudierenden und Lehrenden ein großer Vorteil. Bei Fachfragen kann ich mich jederzeit an Kollegen und Dozierende wenden, wir stehen immer noch in Kontakt. Durch die Zeit und den engen Kontakt in der kleinen Gruppe hat sich ein enges Netzwerk gebildet. Ich war damals mit 43 Jahren der älteste Teilnehmer und habe durch die jüngeren aber bereits berufstätigen Kommilitonen neue Inputs und Perspektiven bekommen.
Sie führen eine eigene Kanzlei mit Angestellten. Achten Sie bei Lebensläufen von Bewerbern auf Weiterbildungen?
Das ist sicherlich ein Kriterium. Bewerber haben bei mir einen Vorteil, wenn sie diese Zusatzqualifikationen schon haben oder zumindest die Bereitschaft zeigen, sich weiterzubilden. Ich kann das nur jedem empfehlen, die Zeit zu investieren und sich zu entwickeln.
"Ein Beweis für meine Expertise"
So nennt es Astrid Grantner. Eine Quereinsteigerin in der Immobilienbranche. Ursprünglich hat sie Verhlatensökologie studiert, ein Masterlehrgang MSc in Immobilienmanagement und Bewertung an der TU Wien aber verleiht ihr auch offiziell einen Nachweis über ihr Fachwissen in diesem Sektor
KURIER: Sie haben ursprünglich Verhaltensökologie studiert, wie kam es zu dem postgradualen Masterlehrgang in Immobilienmanagement und Bewertung?
Astrid Grantner: Ich bin eine klassische Quereinsteigerin. Ich habe mir vor der Weiterbildung sechs, sieben Jahre Berufserfahrung angeeignet und das Unternehmen, für das ich damals tätig war, hat die Ausbildung teilfinanziert, weil sie sich im Bereich der Bewertung erweitern wollten.
Wieso haben Sie sich für diese zeitintensive Weiterbildung entschieden?
Zu meiner Studienzeit gab es noch keine spezifische universitäre Ausbildung im Immobiliensektor. Nun aber gab es diese Möglichkeit, die in der Branche auch noch einen sehr guten Ruf genießt.
War also der akademische Ansatz ihre Hauptmotivation?
Ja, auch. Die Ausbildung war sowohl eine fachliche Erweiterung als auch eine Vertiefung. Mit dem Abschluss habe ich den Nachweis für Außenstehende , dass ich nicht nur über Berufserfahrung, sondern auch über fundierte Expertise verfüge. Der akademische Titel ist neben der Litanei der Workshopbestätigungen im Lebenslauf ein Beweis für mein wissenschaftliches Fundament. Außerdem zeigt die Weiterbildung, dass man bereit ist, eine Extra-Belastung auf sich zunehmen. Es zeigt die Bereitwilligkeit zu investieren.
Was waren die größten Hürden und Vorteile der Weiterbildung?
Ich war zu der Zeit Teilzeit-berufstätig, war aber auch Mutter von noch kleinen Kindern. Das Zeitmanagement ist herausfordernd. Der Master hat 17.000 Euro gekostet und wurde nur zum Teil von meinem damaligen Arbeitgeber finanziert. Dafür war ich noch weitere eineinhalb Jahre bei dem Unternehmen verpflichtet. Aber dafür verfüge ich über eine fachliche Sicherheit und ich profitiere immer noch täglich von dem Netzwerk aus Studienkollegen. Es ein wichtiger Pool auf den man zurückgreifen kann.
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