Was war nochmal die Fangfrage?
In kleinen Grüppchen steigen die Studierenden die Stufen vor dem grauen Gebäude herab. Die meisten machen lange Gesichter, ihre Stimmung passt zum grauen Tag. Man hört die Wortfetzen wie „sieben Fragen mehr als bisher“, „hab’ ich nicht kapiert“, „war sauschwer“.
Es ist Prüfungswoche an der WU Wien. 1273 Studierende haben sich für die Prüfung „Grundlagen der Volkswirtschaftslehre 1“ am Mittwoch angemeldet. Gleichzeitig, in sieben Hörsälen wird geprüft. Sie soll die härteste der vier STEOP-Prüfungen an der WU sein, die diese Woche abgehalten wurden. Für die leichteste, die „Einführung in die BWL“ waren am Montag 1600 Studis angemeldet.
Ein Quartett vor dem Eingang hat die VWL-Prüfung gerade hinter sich. Andi Demartini war wenig gestresst: „Wegen der drei Antrittsmöglichkeiten bin ich ruhig in die Prüfung gegangen.“ So wie Lenny Nikoli. „Ich habe an der Sommeruni schon mit den Online-Unterlagen gelernt.“ Er hat Anfang Oktober zwei Prüfungen geschafft. Dass es ein bewusstes Knock-out-Verfahren gibt, glauben alle vier. „Der Test war schwerer als die Musterprüfung im Internet“, sagt Hans Radl – auf learn@WU kann man bisher abgehaltene Prüfungen sichten. Und Sarah Bretschneider meint: „Die Prüfungsfragen waren zum Teil Fangfragen. Ich glaube schon, dass das Absicht ist.“
Auch Christian Tafart, Vorsitzender der ÖH WU, geht von einem bewussten Knock-out-Verfahren aus: „Ich bin mir sicher, dass es Vorgaben vom Rektorat für eine Knock-out-Rate gibt.“ Alfred Stiassny, Prüfungskoordinator am Institut für Quantitative Volkswirtschaftslehre, widerspricht vehement: „Ich erhalte keinerlei Vorgaben vom Rektorat. Auch ist die Prüfung nicht schwerer als sie immer schon war.“ Sie sei nur ins erste Semester vorverlegt worden. Edith Littich, Vizerektorin für Lehre an der WU gibt aber zu, „aufgrund des ungeregelten Zugangs zu Beginn des Studiums sehr streng zu prüfen.“ Von intransparenten und unfairen Knock-out-Prüfungen könne man jedoch nicht sprechen.
Der bisherige Mischtest (14 Multiple Choice-, sechs offene Fragen) wurde zum reinen Multiple-Choice-Test umfunktioniert. Um die Auswertung zu beschleunigen, erklärt Stiassny: „Sie muss am nächsten Tag fertig sein, weil die Anmeldungen für die nächsten Lehrveranstaltungen beginnen.“ Dafür bräuchte man nur 55 Prozent der Punkte statt bisher 60 für ein Genügend erreichen, „weil die Studierenden beim reinen Multiple-Choice-Test schlechter abschneiden“. Laut ÖH variiert die Durchfallsquote dennoch zwischen 75 Prozent (im März) und 51 Prozent (im Oktober). Das sei saisonal bedingt, sagt Stiassny: „Im Sommersemester treten eher schlechtere Studierende an, oft haben sie schon einen Versuch hinter sich.“ Panik machen will auch Tafart nicht: „Die STEOP-Prüfungen sind zu schaffen“, sagt er. Ein kleiner Trost für diejenigen, die diese Woche durchgerasselt sind: Der nächste Termin ist Ende Jänner.
Seit Herbst 2011 regelt die Studieneingangs- und Orientierungsphase (STEOP) das erste Semester an den Unis. Je nach Studium müssen zwei bis vier Prüfungen positiv absolviert werden, um weiterstudieren zu dürfen. Bisher gab es laut Gesetz zwei Prüfungsantritte, wobei die Unis autonom einen dritten gewähren durften, was bis auf die JKU Linz alle taten. Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle will den dritten Prüfungsantritt gesetzlich verankern. Auch die „lebenslange Sperre“ fällt: Studenten, die die STEOP nicht bestanden, waren für das Studium an dieser Uni nicht mehr zugelassen.
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