Was er sagt und sie hört – vice versa

Was er sagt und sie hört – vice versa
Frauen und Männer sprechen verschiedene Sprachen – wer weiß, was und wie’s der/die andere meint, hat’s im Jobleben leichter. Ein Dolmetsch-Versuch.

Müller, füllen Sie endlich das blöde Ding nach!“, verlangt der Abteilungsleiter genervt nach dem neuen Toner für den Kopierer. Herr Müller kommt dieser Aufforderung nach und geht zurück an seinen Schreibtisch.

Wäre Müller eine Mitarbeiterin, würde sie ebenso schnell reagieren, den harschen Tonfall des Chefs aber nicht so leicht wegstecken. Hat sie etwas vergessen? Etwas falsch gemacht? Hat der Boss schlechte Laune? Ist sie schuld daran? Ist sie überempfindlich? „Nein“, weiß die Kommunikationstrainerin Inèz Krebs, „Frauen senden und empfangen eher auf dem Beziehungsohr, Männer auf dem Sach- und Appellohr“. Deshalb empfiehlt sie, im Zweifelsfall nachzufragen, statt böse Absichten zu unterstellen.

Fest steht: Der Büroalltag birgt jede Menge kommunikatives Konfliktpotenzial. Weil Männer und Frauen zwar dieselbe Sprache sprechen, aber trotzdem aneinander vorbeireden.

Woher kommt’s?

Was er sagt und sie hört – vice versa

Frauen sind sprachbegabter und können dafür schlechter rechnen – jahrzehntelang wurden Ergebnisse der Gehirnforschung sehr selektiv aus Zusammenhängen herausgeschält und als Wahrheit kolportiert. Eine zu grobe Verallgemeinerung, meinen die Biologinnen und Wissenschafterinnen Smilla Ebeling und Sigrid Schmitz. Für ihr Werk „Geschlechterforschung und Naturwissenschaft“ haben sie zahlreiche internationale Studien danach durchforstet, ob signifikante Geschlechtsunterschiede im Gehirn zu finden seien. Fazit: Die Biologie legt uns nicht (!) auf unveränderliche Verhaltensmuster fest. Schon gar nicht auf geschlechtsspezifische. Wenn uns etwas fixiert, dann sind das unsere Gedanken.

Geschlechtsspezifische Sprache wird allerdings früh erlernt. Schon im Kindergartenalter trainieren Buben, sich auch verbal durchzusetzen. Für Mädchen heißt geglückte Kommunikation dagegen Intimität und Übereinstimmung. Wie nachhaltig sich diese sprachliche Sozialisation auch im Erwachsenenleben auswirkt, erlebt Inèz Krebs in ihren Gender-Talk-Seminaren: „Während den meisten Männern im Berufsleben problemlos klare Botschaften über die Lippen kommen, legen sich viele Frauen sprachliche Weichmacher – wie vielleicht, könnte, sollte, eigentlich, wenn möglich – zu und untergraben damit ihre Souveränität.“

Im Klartext: Frauen sprechen auch im Job tendenziell empfängerorientiert und schließen die Beziehungsebene mit ein. Das irritiert Männer, weil dadurch vieles nur indirekt ausgedrückt wird. Die Männer benützen dagegen tendenziell eine Status- und Unabhängigkeitssprache, in der Fakten auf der Mitteilungsebene vorherrschen. Das irritiert wiederum die Frauen, weil die persönlichen und emotionalen Aspekte fehlen.

Karrierebremse

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Rhetorische Vagheit wird Frauen in einer Welt, in der (immer noch) männliche Kommunikationsformen die Norm sind, als Schwäche und Unsicherheit ausgelegt. „Diese Reaktion entsteht intuitiv und automatisch“, will der Wirtschaftspsychologe Peter Radlingmayr das keineswegs als Bosheit interpretiert wissen. Understatement kann in bestimmten Situationen zum Stolperstein werden. „Männer kehren in einem Bewerbungsgespräch knapp und sicher ihre Leistungs- und Zielorientiertheit heraus und wirken damit selbstbewusst und kompetent.“ Gleich qualifizierte weibliche Bewerberinnen mit einem bescheideneren, eher zurückgenommenen Auftreten sehen dann schnell weniger kompetent aus. Für den Wirtschaftspsychologen sind das situationsbezogene, leicht korrigierbare Nachteile. „Langfristig sind die auf Konsens ausgerichteten Kommunikationsstrategien in modernen Unternehmen aber unverzichtbar,“ plädiert Radlingmayr für ein fruchtbares Miteinander.

Aha-Effekte

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Von den jeweils anderen Kommunikationsstilen zu lernen ist das Ziel von Gender-Talk-Workshops. Unternehmer erkennen, dass sich Konfliktfreiheit positiv auf die Mitarbeiter und damit auf Effizienz und wirtschaftlichen Erfolg auswirken. Wobei sich männlichen Mitarbeitern der Sinn von Gender-Seminaren oft nicht gleich erschließt. Die Gender-Trainerin Beate Freimüller-Zink hilft mit einem Vergleich: „Will jemand mit einem chinesischen Unternehmen erfolgreich Geschäfte machen, muss er sich auch auf ein völlig neues Regelsystem einstellen.“ Genau das müssen auch die Frauen in Hinblick auf die Männer tun – und vice versa.

Rede-Taktik: Unterschiedlich gut

Er, sie Auf den Punkt gebracht, ergeben sich folgende Unterschiede: Männer geben Anweisungen, Frauen Anregungen. Männer üben Kritik, Frauen geben Anerkennung. Männer sprechen direkt, Frauen eher indirekt. Männer übertreiben, Frauen untertreiben. Männer schlagen verbale Wellen, Frauen pflegen das Understatement. Männer posaunen ihre Errungenschaften hinaus, Frauen stellen ihre unter den Scheffel. Männer verbuchen Erfolge für sich, Frauen geben Lorbeeren weiter. Männer fischen nach Lob, Frauen lehnen Komplimente verlegen ab. Männer machen Vorwürfe, Frauen nehmen in Schutz. Männer sprechen arroganter, Frauen bescheidener. Männer kommandieren gerne, Frauen bitten oder fragen. Männer loben sich gerne selbst, Frauen loben lieber andere.

Fazit Wenn sich beide Geschlechter in Richtung Mitte bewegen, wird das mit der Verständigung richtig gut.

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