Was die geheimen Codes im Dienstzeugnis bedeuten
Wer macht das Rennen um den freien Job? Nicht selten hängt die Antwort auf diese Frage auch vom Dienstzeugnis ab. Fällt es gut aus, ist das nächste Jobinterview oft nicht in weiter Ferne. Ist es hingegen nur durchschnittlich, ist man bei vielen Arbeitgebern aus dem Rennen.
Häufig jedoch ist es für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gar nicht so einfach, festzustellen, was der Inhalt des Zeugnisses konkret bedeutet. Wer nämlich seine Arbeit laut Beurteilung „pflichtbewusst und ordnungsgemäß“ erledigt, ist in Wirklichkeit uneffektiv und weit weg von einer Eigeninitiative. Und wer „Verständnis für seine Arbeit aufbringt“ ist schlichtweg faul. Und auch die Formulierung „Herr Mayer hat gute Leistungen erbracht und seine Arbeit zu unserer Zufriedenheit erledigt“ kann zum Karrierekiller werden. Denn in Personalerkreisen wissen alle: Alles außer dem Superlativ bedeutet nichts Gutes.
„Das liegt daran, dass in einem Dienstzeugnis gesetzlich nichts drinnen stehen darf, das eine Arbeitnehmerin oder einen Arbeitnehmer im beruflichen Weiterkommen hindert“, sagt Biljana Savic, Spezialistin für Arbeitsrecht bei der Arbeiterkammer Wien. Heißt konkret: Formulierungen wie „außerordentliche Leistung“ oder „zur vollsten Zufriedenheit“ können mit der Schulnote eins gleichgesetzt werden, die Beurteilung „die Leistung hat in jeder Hinsicht entsprochen“ hingegen entspricht nur einem Befriedigend.
Was tun, wenn man sich ungerecht behandelt fühlt?
Doch was tun, wenn das Dienstzeugnis tatsächlich nicht sehr positiv ausfällt? Können sich Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer um eine Korrektur bemühen? „Ja“, sagt Savic. „Wer sich ungerecht behandelt fühlt, sollte den Arbeitgeber am besten in einem persönlichen Gespräch ersuchen, problematische Formulierungen zu ändern oder ein Superlativ hinzuzufügen.“ Macht er das nicht und scheitert auch ein schriftliches Ansuchen, kann die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer den Arbeitgeber gesetzlich dazu auffordern, zumindest gewisse Passagen zu streichen.
Einfaches vs. qualifiziertes Dienstzeugnis
Dabei ist jedoch zu beachten, dass in Österreich Dienstgeber nicht verpflichtet sind, ein ausführliches, sogenanntes qualifiziertes Dienstzeugnis auszustellen. Lediglich eine Besschreibung von Dauer und Art der Tätigkeit – und damit ein einfaches Dienstzeugnis – kann verlangt werden. Eine Persönlichkeitsbeschreibung ist darin laut Gesetz nicht vorgesehen. „Fordere ich nun aber den Arbeitgeber auf, bestimmte Passagen, die mir nicht gefallen, aus meinem qualifizierten Dienstzeugnis zu streichen, muss mir auch bewusst sein, dass das Ergebnis dann nur ein einfaches Dienstzeugnis sein kann. Es ist daher abzuwägen, ob ein mittelmäßiges, qualifiziertes Zeugnis vielleicht nicht doch besser ist, als eine einfache Beschreibung“, sagt Savic. Wobei ein einfaches Dienstzeugnis nicht automatisch schlecht sei. „Vielmehr gibt es sogar Arbeitgeber, die ausschließlich einfache Dienstzeugnisse ausstellen.“
Übrigens: Wie wichtig ein Dienstzeugnis sein kann, ist vielen oft gar nicht bewusst. „Dabei geht es nicht nur um eine positive Bewertung, sondern auch um eine wichtige Bestätigung über erworbene Arbeitserfahrung.“ Gerade bei der am Anfang eines Arbeitsverhältnisses durchzuführenden Einstufung in ein kollektivvertragliches Gehaltsschema werde dieses oft als wichtiger Nachweis herangezogen.
Was die gängigen Phrasen wirklich bedeuten
Mit seinen Vorgesetzten ist er gut zurechtgekommen. Heißt konkret: Er ist ein Mitläufer, der sich gut anpasst.
Sein geselliges Naturell ... Heißt konkret: Er neigt zu übertriebenem Alkoholkonsum.
Sie verfügte über Fachwissen und zeigte großes Selbstvertrauen. Heißt konkret: Sie wollte sich besser verkaufen, als sie war.
Bei Kunden war er schnell beliebt. Heißt konkret: Er machte viele Zugeständnisse, besaß kaum Verhandlungsstärke.
Sie hat alle Arbeiten ordnungsgemäß erledigt. Heißt konkret: Sie hat wenig Eigeninitiative entwickelt.
Wir lernten ihn als umgänglichen Kollegen kennen. Heißt konkret: Er war unbeliebt.
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