Warum wir bei den Rohstoffen für die Energiewende abhängig sind

Warum wir bei den Rohstoffen für die Energiewende abhängig sind
Wie wir mir Kreislaufwirtschaft unsere Rohstoff-Abhängigkeit zum verringern könnten, erklärt Geologe Frank Melcher.

KURIER: Herr Melcher, die Unabhängigkeit von russischem Gas ist derzeit das große Ziel der EU. Energie soll künftig aus Photovoltaik, Wind- und Wasserkraft kommen. Zur Herstellung dieser Anlagen brauchen wir aber mineralische Rohstoffe, die überwiegend nicht in Europa abgebaut werden. Machen wir uns  also auf einer anderen Ebene von China abhängig?
Frank Melcher: Wir dürfen uns  nichts vormachen, bei vielen mineralischen Rohstoffen sind wir  bereits abhängig von China. Das Land ist bei etwa 20 dieser  Rohstoffe bereits Weltmarktführer. Was nun speziell die Energiewende betrifft, brauchen wir für die Herstellung von Wind- und Solartechnologie bestimmte Metalle – die berühmten Seltenen Erden beispielsweise. Und ja, diese beziehen wir hauptsächlich aus China. 

Doch nicht nur die Rohstoffgewinnung, auch die Aufbereitung und Weiterverarbeitung finden in China statt.
Der Westen hat auch das vor rund 20 Jahren ausgelagert. Mittlerweile verkauft China kaum noch  Roh-Erze und Vorkonzentrate, sondern vor allem  Zwischen- und Endprodukte, also etwa die fertigen Magnete für die Windräder. Das steigert die Gewinnmarge und macht den Westen auch in Sachen  Produktion abhängig. 

Warum diese Entwicklung?
Das sind vor allem  Umwelt- und Kostengründe. Nehmen wir beispielsweise die Seltenen Erden. Sie stecken in Mineralien, die sehr schwer löslich sind. Die Elemente müssen dann mit aggressiven Chemikalien rausgelöst werden. Das ist ein aufwendiges, mehrstufiges Verfahren, bei dem mindestens 95 Prozent teilweise kontaminierter Abfall übrig bleibt. Anlagen, die das machen, sind in Europa nur schwer vorstellbar. Das ist das klassische NIMBY (Not in my Backyard)-Syndrom. Nur nicht neben meinem Garten, heißt es dann. 

Zum Bau der Anlagen brauchen wir doch auch andere Rohstoffe.
Ja, wir haben in Österreich acht Zementwerke. Für die Energiewende wird sich unser Bedarf allerdings enorm erhöhen. Woher wir diese Rohstoffe nehmen, ist fraglich, auch weil hier die Genehmigungsverfahren sehr lange dauern.

Könnten wir durch die Kreislaufwirtschaft die Abhängigkeit verringern?
Bei Metallen wie Kupfer und Aluminium und auch Beton funktioniert Recycling heute schon sehr gut. Bei Seltenen Erden dagegen ist das schwierig, hier liegt die Recyclingquote  unter einem Prozent. Das liegt auch daran, dass die Windkraftanlagen eine lange Lebensdauer haben und die Magnete noch gar nicht in den Kreislauf zurückgeführt werden müssen. Problematisch sind auch Produkte mit sehr vielen Metallen wie beispielsweise Handyschrott. Dieser beinhaltet ungefähr 60 verschiedene Rohstoffe, die gesamt vielleicht einen Euro wert sind. Das zu recyceln macht ökonomisch gar keinen Sinn.

Macht es denn ökologisch Sinn? 
Gerade bei Metallen funktioniert das Recycling entweder mit toxischen Chemikalien oder nur mit sehr viel Energieaufwand. Kreislaufwirtschaft klingt natürlich sehr toll, auch ich bin grundsätzlich dafür. Gleichzeitig dürfen wir aber nicht aus den Augen verlieren, dass dies Kosten für die Umwelt verursacht. Wir müssen uns also immer die Frage stellen: Ist der Schaden, den wir damit anrichten wirklich kleiner als jener, den wir beim Abbau von Primärrohstoffen verursachen?  

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