Von gelben Autos und schwarzen Schafen: Rundfahrt durch die Taxi-Branche

Von gelben Autos und schwarzen Schafen: Rundfahrt durch die Taxi-Branche
Im Taxi-Geschäft kann es heiß hergehen. Zwischen Lenkern und Passagieren, alten Anbietern und neuen Mitbewerbern.

Es war die lukrativste, aber irgendwie auch qualitativste Zeit des Taxigeschäfts, erinnert sich Christoph Schallaböck. Seit den 1970er-Jahren fährt er Taxi, seit den 1980ern betreibt er sein eigenes Gewerbe. Aber an 2016 kam kein Jahr heran. Die Registrierkassenpflicht wurde eingeführt, „schwarze Schafe“, die den Personentransport nur als Spielwiese für Geldwäsche gesehen haben, verschwanden vom Markt.

Die Anzahl der Taxis reduzierte sich dadurch erheblich. „Das war eine Gesundung für das Gewerbe“, sagt Schallaböck. So lange, bis ein paar Eindringlinge den Traum zum Platzen brachten. Uber und Bolt sagten herkömmlichen Taxlern den Preiskampf an. Denn während sie an Fixtarifen festhalten mussten, grasten Nachwuchslenker mit Navigationsgeräten und Schleuderpreisen plötzlich die digital-affine Klientel ab.

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Gleich und gleich ...

Mit der Novelle des Gelegenheitsverkehrsgesetzes 2021 beruhigte sich die Situation wieder. „Alle Anbieter müssen sich jetzt an dieselben Rechte und Pflichten halten“, erklärt Innungs-Obmann Leopold Kautzner. Bedeutet, dass sich alle an Mindest-Tarife halten müssen und jetzt auch mit einem Taxi-Kennzeichen (TX) sowie Schild auf dem Dach unterwegs sind. Vom Schock erholt hat sich die Branche aber bis heute nicht, wie der KURIER in einigen Gesprächen hört.

Von gelben Autos und schwarzen Schafen: Rundfahrt durch die Taxi-Branche

Eveline Hruza, die Generalsekretärin von „Taxi 40 100“ erzählt von der Branche

Gespaltene Branche

Denn mit dem Einzug der Konkurrenz spaltete sich nicht nur die Branche, sondern auch die Klientel: In die Älteren oder die Gewohnheitstiere, die gerne noch Telefonnummern wie 40 100 oder 31 300 wählen und mit ihren Fahrern im besten Fall im breiten Dialekt sprechen können. Und in die Jungen, die ihren Chauffeuren am liebsten gar nichts mehr sagen möchten und wo nur der Preis – manchmal auch das modernere, klimafreundlichere Auto – zählt.

Die Kunden für sich zu gewinnen, sei heute die Herausforderung, sagt „Taxi 40 100“-Generalsekretärin Eveline Hruza: „Die Branche hat teilweise einen schlechten Ruf.“ Woher dieser kommt, können regelmäßige Nutzer erahnen. Oder sich online auf diversen Plattformen ein paar Bewertungen zu Gemüt führen. „Was für eine Fahrt!“, schreibt etwa ein User. „Nicht nur, dass der Taxifahrer meinte, wie ein Henker durch die Stadt fahren zu müssen, sondern er musste dabei auch aufs Handy schauen.“ Weitere Beschwerden, die sich häufig finden: Fantasie-Fixtarife, lange Wartezeiten, mangelhafte Hygienestandards, launige Fahrer und Preisabzocken.

Die Taxi-Innung wäre vermutlich überrascht über diese Kritiken. Denn dort sollen nur 365 Beschwerden pro Jahr eingehen. Eine vernachlässigbare Zahl bei rund 7.000 einsatzbereiten Taxis in Wien.

Trotzdem weiß man in der Branche von den Fehltritten anderer. Das erzählt auch Fardin Tabrizi, Taxiunternehmer aus Graz. Er selbst hält die Qualität hoch, kennt aber die fiesen Tricks, mit denen Fahrgäste teilweise zu kämpfen haben. Etwa, wenn Routen absichtlich verlängert werden, um den Preis in die Höhe zu treiben: „Leider ist das bei manchen gang und gäbe. Das ist nicht gut für den Ruf und so verliert man Kunden. Da muss man sich fragen, ob es die zwei Euro wert ist.“

Kontrolle ist besser

Andere Anbieter mit Direkt-Bewertung der Fahrer – und der Passagiere – könnten sich so etwas jedenfalls kaum leisten. Denn zu wenige Sterne könnten bedeuten, in Zukunft weniger Fahrten zu bekommen. Gegen Qualitätsmängel geht aber auch Taxi 40 100 gezielt vor. Allerdings mit Vorbehalt, denn man will die Fahrer „nicht kontrollieren“, erklärt Eveline Hruza. „Wir sind Vermittler, was bedeutet, dass die Fahrer nicht bei uns angestellt sind. Sie repräsentieren uns aber. Deswegen ist es uns wichtig, dass die Qualität hoch ist.“

Selbstverständlich ist deshalb, dass jeder Lenker und jeder Unternehmer persönlich in der Zentrale vorbeikommt und seinen Schein vorweist. „Schwarze Schafe gibt es bei uns nicht“, sagt die Generalsekretärin selbstsicher. Rund 1500 bis 1800 Autos fahren für Taxi 40 100. Der negative Beigeschmack der Branche mache dennoch zu schaffen, wie Christoph Schallaböck berichtet: „Das tut mir persönlich weh“, sagt er, als der KURIER ihn auf diverse Übeltäter anspricht. „Das Gute wird als selbstverständlich angenommen, das Negative sticht hervor“, erklärt er.

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In meiner Firma haben wir einen großen Zulauf von älteren Personen in der Kundschaft

von Christoph Schallaböck Taxiunternehmer

Vulnerable Situationen

Die negativen Erfahrungen finden sich jedoch nicht nur auf Kunden-, sondern auch auf Fahrer-Seite: „Ich habe Erlebnisse gehabt, die beängstigend oder unangenehm waren“, sagt Schallaböck. Vertrauen spielt hier eine große Rolle. Immerhin begibt man sich in eine vulnerable Situation: Der Lenker weiß nicht, wer einsteigt und der Kunde weiß nicht, wer fährt. Um herauszufinden, wie das Vertrauen gestärkt werden kann, machte Schallaböck eine eigene Kundenumfrage mit folgendem Ergebnis: Was den Passagieren am meisten am Herzen liegt, ist das Sicherheitsgefühl, das ein Fahrer vermittelt. „Zu wissen, dass er angenehm und ordentlich fährt, das ist der größte Wunsch.“ Der Preis war zumindest in seiner Klientel Nebensache und kam erst an vierter Stelle: „Die Leute sind bereit, für Qualität zu zahlen“, erklärt der Unternehmer.

An der Vertrauensbasis müssen auch die großen Zentralen arbeiten und werden dabei durchaus kreativ: So startete Taxi 40 100 kürzlich eine Kooperation mit Dragqueen Candy Licious, die angehende Taxilenker zum Thema Diversität unterrichtet. „Was wir tun können, tun wir“, sagt Eveline Hruza.

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Ich sehe unser Gewerbe als Teil des öffentlichen Verkehrs und auch als Lückenschluss

von Eveline Hruza, „Taxi 40 100“-Generalsekretärin

Eine gute Kundenbeziehung ist ausschlaggebend, sagt auch Fardin Tabrizi zum KURIER und wird in dieser Sekunde von einem Stammkunden angerufen. Für ihn ist die Priorität hier klar: Der KURIER muss in die Warteschleife. „Es steckt viel mehr als nur ein Personentransport hinter dem Beruf“, sagt er. Ältere Menschen wären auf seine Dienste angewiesen, speziell dann, wenn das öffentliche Verkehrsnetz nicht mehr ausreicht. „Ich sehe unser Gewerbe als Teil des öffentlichen Verkehrs und auch als Lückenschluss“, ergänzt Eveline Hruza. Umso besser, dass Wien gut gerüstet ist. Denn allein in der Hauptstadt sind knapp dreimal so viele Taxis unterwegs wie in Hamburg, das dieselbe Einwohnerzahl verzeichnet.

Ein beliebter Job

Für Innungs-Obmann Leopold Kautzner ist die Beliebtheit nicht weiter überraschend: „Es ist für mich einer der schönsten Berufe, die es gibt. Man trifft alle möglichen Leute. Von der Putzkraft bis zum Generaldirektor.“ Und: „Man fährt in der schönsten Stadt der Welt.“

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