Von Beruf Schauspieler
KURIER: Aktuell sind Sie in zwei Kinofilmen zu sehen. Wie schafft man es als Schauspieler, Fuß zu fassen und erfolgreich zu sein?
Andreas Kiendl: Es ist wesentlich, nicht vom Publikum geliebt zu werden, sondern von den Regisseuren, den Produzenten oder den Autoren. Eine gewisse Reputation im internen Bereich bekommt man im Normalfall durch eine gute Leistung. Das Schöne ist auch: Menschen arbeiten mit Menschen. Ich glaube, dass es Winning-Teams gibt. Also ich brauche schon auch immer die Partner, das Drehbuch und ich brauche die richtige Aufgabe. Das ist in der Tat wirklich viel Zufall.
Was macht eine gute Schauspielleistung aus?
Ich glaube, der Schauspieler zeichnet sich dadurch aus, dass er in zwei Lagern arbeitet. Auf der einen Seite in einem sehr handwerklichen Bereich, den man üben und lernen muss. Auf der anderen Seite in einem rein künstlerischen Bereich. Da geht es um Gedanken, Gefühle, psychologische Kenntnisse. Um Interesse für den Menschen, so wie es jeder andere Künstler – ein Schriftsteller oder Bildhauer – auch hat. Diese zwei Seiten müssen zusammengeführt werden, damit man im Außen Erfolg haben kann.
Wie entwickelt man sich in dem Beruf weiter?
Ich glaube, eine der Hauptschwierigkeiten ist, dass man nicht in sein Zimmer gehen und üben kann. Wie soll ich denn üben, soll ich vor dem Spiegel Grimassen schneiden? Das geht nicht. Ich brauche das Set und den Auftrag. Im Auftrag kann ich dann üben. Aber wie komme ich zum Auftrag? Keine Ahnung. In dieser Schere stehen alle Anfänger. Sie haben erst mal keine Chance. Für mich ist das ein Gesetz der Gravitation: Je mehr man gemacht hat, umso mehr Erfahrung hat man.
Was raten Sie AnfängerInnen also?
Sich möglichst viel mit der Materie zu befassen. Also viele Filme anzuschauen, viel ins Theater zu gehen und so in Kontakt zu kommen. Ich glaube, dann kriegt man ziemlich schnell heraus, was einen selbst am meisten interessiert. Der Rest ist dann einfach Fleiß und Zufall. Zu Jungschauspielern in Ausbildung sage ich immer nur: Spielen, spielen, spielen, spielen. Weil man so viel in den Kopf kriegt, dass man nicht mehr frei ist. Und eigentlich geht’s ja bei uns immer nur darum, zu spielen.
Was mögen Sie am Schauspielersein besonders?
Das Schönste ist für mich die fehlende Routine. Es gibt wahrscheinlich noch Millionen Arten Filme zu drehen, die ich noch nicht kenne. Es gibt Figuren, die ich noch nicht gespielt habe und Situationen in denen ich noch nicht war. Das ist es, was mir am meisten daran gefällt: Immer an einem anderen Ort eine andere Aufgabe zu haben.
Was ist die Kehrseite?
Die Kehrseite schlechthin ist das Ausgeliefertsein, die fehlende Autonomie. Ein Schriftsteller kann alleine sein Buch verfassen. Als Schauspieler brauche ich immer das Drumherum: Ich brauche den Auftrag, ich brauche das Vertrauen und ich kann mir das nicht selber richten oder ausdenken. Ich bin immer abhängig von anderen Menschen.
Wie ist es mit Familie und Beruf?
Es ist schon etwas ganz anderes als ein 8-to-5-Job, mit klassischer familiärer Aufteilung. Ich genieße es sehr, viel Zeit für meine Kinder zu haben, wenn ich gerade nicht arbeite – das empfinde ich als großen Luxus. Dafür kann ich nichts planen. Weil die Angebote sehr kurzfristig kommen, es ständig zu Verschiebungen kommt und vor allem weil die Arbeitstage sehr lange und intensiv sind. Ich glaube man braucht auch wirklich einen sehr verständnisvollen Partner, der das kompensiert. Das Glück habe ich.
Gibt es Rollen, die Sie gerne gespielt hätten?
Das ist immer bissl gemein oder selbstgerecht, weil der Kollege das schon so gut gemacht hat – deshalb will man es ja machen. Also: Ich hätte gerne einmal den Cyrano de Bergerac, den Macbeth, den Liliom gespielt. Oder ich würde gerne einmal den Tatort-Kommissar spielen. Es gibt schon Dinge, die ich gerne einmal machen würde, aber es ist jetzt nicht so, dass ich mir etwas vornehme und dann gezielt darauf hinarbeite. Weil dafür bin ich auch ein zu kleines Rädchen im Getriebe.
- Dominique Rohr
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