Vom Studenten zum Start-up

Vom Studenten zum Start-up
Hunderte Studierende wollen lernen, wie man Jungunternehmer wird.

Selma Prodanovic, Österreichs einflussreichste Business Angelina, hält mitten in ihrer Rede inne. Sie zieht einen Zehn-Euro-Schein hervor. 341 Studierende, die ihr im Audimax der WU zuhören, folgen dieser ungewöhnlichen Geste konzentriert. "Wer sich diesen Schein jetzt holt, bekommt ihn". Sie legt ihn vor sich auf den Tisch und sieht zu den Studierenden hoch. Das Audimax hüllt sich in Schweigen. Betretene Blicke, verlegene Lacher. Nur Kristina Tsvetanova, Gründerin von Blitab, springt aus ihrer Sitzreihe auf, läuft die Stufen zum Podium hinunter und schnappt sich den Geldschein. Applaus, der Saal jauchzt laut auf – viele Gesichter bleiben aber verdutzt. "Das ist Entrepreneurship Leute. Seid nicht so schüchtern", so Prodanovic, "und nehmt die Gelegenheiten in eurem Leben wahr."

Zwei Monate Coaching

Selma Prodanovic’s Rede "Entrepreneurship is freedom" entmystifizierte das Bild des geheimnisvollen und allwissenden Gründers und brachte auf den Punkt, was wahre Unternehmer ausmacht. Und dass die besten Geschäftsideen aus Alltagsproblemen entstehen.

Genau das war es, was hier interessierte. Studierende zehn heimischer Unis reisten für das Kickoff der Entrepreneurship Avenue am Dienstagabend an die WU Wien. Denn hier startete die 2015-Runde des größten uni-übergreifenden Start-up-Programms des Landes. Es will Studierende aller Fachrichtungen dazu bewegen, nach oder schon während ihres Studiums Gründen als Karriere-Option in Betracht zu ziehen. Das Besondere an der Avenue: Studierende sollen hier interdisziplinäre, also mit Studis anderer Unis, Teams bilden und in diesen eine Geschäftsidee entwickeln. Das bringt andere Blickwinkel und größeres Fachwissen in die Unternehmung. In den kommenden Wochen erwarten die angehenden Unternehmer dann Workshops, Pitch-Trainings, Mentoring mit erfahrenen Unternehmern und Kontakte-Knüpfen mit möglichen Investoren und Partnern. Die Arbeit am eigenen Business mündet schließlich im "2015 Avenue Pitch Award" im Mai, wo die Teams auch Kapital für ihr Start-up gewinnen können.

Drei Stunden Inspiration

Das Entrepreneurship Avenue Kickoff war alles andere als eine müde Vorstellungsrunde. Hier lag Gründer-Spirit in der Luft, der Drang der Jungen, ein bisschen die Welt zu verändern, erfüllte das ganze Audimax. Sie wollten tun – und bekamen mit den Worten des Moderators und Mit-Initiators Rudolf Dömötör "Now get down to work" auch gleich die Chance dazu. Die Aufgabe: In Teams binnen 18 Minuten den höchsten Turm aus 20 Spaghetti, einem Tixo, einem Stück Seil und einem Marshmallow zu bauen. Eine Gruppe brachte es auf 89 cm. Das Ice-Breaker-Spiel erfüllte seinen Zweck: Die Stimmung unter den Studierenden lockerte auf, sie kamen untereinander ins Reden und ihrem möglichen Gründer-Team ein Stück näher.

Wie der Alltag von Jungunternehmern tatsächlich aussieht, erzählten aus Erfahrung Marko Ertl (Wrapstars), Stefan Theißbacher (FragNebenan), Alexander Frey (studymed) Camilla Sievers (EATegrity) und Robert Pospichal (Laserbox). Der Tenor: Ein Start-up zu gründen ist erfüllend, es braucht aber starke Nerven und bis es wirklich Gewinne abwirft, dauert’s.

Vorjahresgewinnerin des "Avenue Pitch Awards" Kristina Tsvetanova und einer der weiteren Preisträger Flo Bräuer (Waytation) gaben Tipps, wie die zwei Monate zum Pitch am besten genutzt werden sollten. "Wenn ihr eure Ideen für euch behält, interessieren sie keinen. Arbeitet miteinander, mit euren Mentoren und den Investoren. Aus diesem Programm können sich tolle nachhaltige Beziehungen entwickeln", erzählte Tsvetanova.

Diese Inspiration steckte bereits beim Kickoff an: Drei Studierende beschlossen, sich "ihren Zehner" gleich an diesem Abend zu holen und pitchten spontan ihre Ideen. Rudolf Dömötör gefiel das: "Das hier ist eure Plattform. Tobt euch aus, probiert alles."

Das mehrwöchige Start-up Projekt wird vom Entrepreneurship Center Network und SIMConnect, dem Studenten- und Absolventenverein eines WU-Masterprogramms organisiert. Über die kommenden zwei Monate finden sogenannte Labs statt, bei denen Studis verschiedener Unis ihre Teammitglieder finden und an einem Business-Konzept arbeiten sollen. Begleitet werden sie dabei von mehr als 20 Mentoren aus der Start-up-Szene. Die Teilnahme ist kostenlos. Der KURIER wird den Studierenden auf ihrem Weg zum Jungunternehmer über die Schulter schauen. Details und alle Termine: www.entrepreneurshipavenue.com

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