Vom Kaffeekochen zur Fixanstellung?

Vom Kaffeekochen zur Fixanstellung?
Rund ein Viertel der Studenten absolviert verpflichtend ein Praktikum, viele machen es auch freiwillig. Aber was bringt’s?

Europäisches Forum Alpbach, Osl Benedikt, Hallo!“ Zwischen Bildern von Politikern, vollgekritzelten Whiteboards und To-Do-Collagen aus bunten Post-its sitzt Benedikt Osl vor seinem Computer. Es ist acht Uhr morgens und bereits seit einer Stunde befüllt er die Excel-Listen am Desktop, textet Einladungen und bereitet sich für Telefonate mit den Pressestellen hochrangiger Politiker und Wirtschaftsmanager vor.

Der 23-jährige Tiroler, der bereits ein abgeschlossenes Jus-Studium in der Tasche hat, absolviert derzeit ein achtmonatiges Praktikum beim Verein Forum Alpbach in Wien. Hier bereitet er mit 24 anderen Mitarbeitern das im Sommer in den Tiroler Alpen stattfindende Forum, bei dem rund 700 Jugendliche mit österreichischen Politikern und Vertretern der Wirtschaft gemeinsam in Dialog treten, vor.

Benedikt ist einer von rund 13 Prozent jener jungen Menschen, die auch nach ihrem Uni-Abschluss noch ein Praktikum absolvieren.

Vom Kaffeekochen zur Fixanstellung?

Laut Studierendensozialerhebung sind es während des Studiums mit 44 Prozent jedoch deutlich mehr. Gerade in den Bereichen Kultur, Kunst, PR, Medien und Marketing, unter die auch das Praktikum des Tirolers fällt, gelten neben dem Gesundheits- und Sozialbereich, Praktika heute als kaum entbehrlich. Verpflichtend vorgeschrieben sind sie außerdem in allen FH-Studiengängen und bei ungefähr einem Drittel aller Studienrichtungen an den Universitäten, insbesondere in den Geistes- und Sozialwissenschaften.

Arbeitgeber legen Wert auf Berufskenntnisse

Doch Veronika Bohrn Mena von der Gewerkschaft für Privatangestellte erklärt, dass Praktika heutzutage generell wichtig sind, um am Arbeitsmarkt Fuß fassen zu können: „Viele Unternehmen wollen heute in Wirklichkeit die Eier legende Wollmilchsau, die am besten Berufserfahrung und auch Berufskenntnisse schon mitbringt und das geht meistens nur über Praktika und leider sehr oft über unbezahlte Praktika.“

Unbezahlt ist Benedikts Praktikum nicht, rund 1.000 Euro bekommt er im Monat, während des zweiwöchigen Forums, bei dem er sich selbst in Alpbach aufhalten wird, sogar das Doppelte. Somit verdient er mehr als der Großteil der Praktikanten in Österreich, laut Erhebung der Statistik Austria sind rund zwei Drittel der österreichischen Praktikumsstellen gar nicht oder nur geringfügig bezahlt.

Für Praktikum Gerichtsjahr unterbrochen

Dennoch ist das Geld nicht seine Motivation, wie Benedikt klar zu verstehen gibt: „Veranstaltungen zu organisieren hat mich immer schon interessiert und ich fand auch Politik immer spannend. Ich habe das Praktikum als gute Möglichkeit gesehen, einen anderen Einblick in die Materie zu bekommen.“

Um heute hochkarätige Politik- und Rechtsgespräche organisieren zu können, unterbrach der 23-Jährige sogar sein zuvor begonnenes Gerichtsjahr. In seinem Praktikum hat er jetzt, wie er es sagt: „Die Chance etwas Neues zu lernen und einen Mehrwert ins weitere Berufsleben mitzunehmen.“

Viele junge Menschen hoffen durch ein Praktikum auch Fuß im Unternehmen zu fassen und Kontakte zu knüpfen, glaubt Veronika Bohrn Mena.

Vom Kaffeekochen zur Fixanstellung?

Leider fehlt dieser aber in den meisten Fällen: „Sehr oft verrichtet man als Praktikant niedere Hilfstätigkeiten. Das kann zum Beispiel in Rechtsanwaltskanzleien das Sichten von Akten, Kopiertätigkeiten oder auch Kaffeekochen sein, aber nichts, von dem die Studierenden tatsächlich profitieren würden. Zudem gibt es oft keine Ansprechpersonen vor Ort. Außerdem werden in manchen Bereichen Arbeitsplätze sogar dauerhaft durch Praktikanten ersetzt.“

Gütesiegel für Ausbildungsbetriebe

Damit in Zukunft noch mehr Praktikanten wie Benedikt aus ihrem Praktikum etwas mitnehmen können, hat die Arbeiterkammer Salzburg gemeinsam mit der Salzburger Gebietskrankenkassa, den Salzburger Hochschulen und der ÖGB seit Jänner dieses Jahres das sogenannte „Gütesiegel Praktikum“ in Salzburg eingeführt. „Ziel ist es, jene Betriebe auszuzeichnen, die Praktikanten fair beschäftigen“, erklärt Sabine Posch von der Arbeiterkammer Salzburg.

Um ein solches Gütesiegel zu bekommen, müssen von Unternehmen gewisse Kriterien erfüllt werden: „Zum einen muss es einen schriftlichen Praktikumsvertrag geben, der unter anderem auch eine faire Entlohnung regelt. Außerdem muss es Kontaktpersonen im Betrieb geben und die Praktikanten dürfen nur mit Tätigkeiten beschäftigt werden, die dem Ausbildungszweck dienen.“

Gute Ausbildungsverhältnisse stehen für gute Fachkräfte

Um dies in den Betrieben auf Dauer sicher zustellen, werden die Unternehmen immer wieder stichprobartig von der Arbeiterkammer geprüft und die Praktikanten nach ihrem Praktikum befragt. Bereits vier Unternehmen wurden mit dem Gütesiegel, das für drei Jahre verliehen wird, ausgezeichnet, viele mehr haben aber bereits Anträge eingereicht. In anderen Bundesländern wird nun ebenfalls diskutiert, ein solches Gütesiegel einzuführen.

Ob mit oder ohne Gütesiegel, Sabine Posch weiß: „Gute Ausbildungsverhältnisse sind nicht nur ein Mehrwert für Praktikanten, sondern auch für die Firmen. Es ist wichtig, sich gute Fachkräfte zu sichern.“ Über eine Übernahme oder eine zukünftige Arbeitsstelle hat Benedikt noch nicht nachgedacht. „Ich will den Fokus erstmal voll auf meine derzeitige Arbeit legen und diese gut machen. Man wird schon sehen, was die Zukunft bringt.“

Rechtliche Regelungen

Arbeitsrechtlich gibt es das Praktikum als solches gar nicht. Es gibt  ein Volontariat, ein Pflichtpraktikum und das freiwillige Ferialpraktikum, das eigentlich ein befristetes Arbeitsverhältnis darstellt.

Das Volontariat ist ein reines Ausbildungsverhältnis, hier dürfen keine Arbeitszeiten, keine  speziellen Tätigkeiten und auch keine Eigenverantwortung  gegeben sein, es ist rein freiwillig und ohne Gehalt.
 
Das freiwillige Ferialpraktikum stellt ein normales Dienstverhältnis dar, das laut Kollektivvertrag entlohnt werden muss. Hier gelten die gleichen Schutzvorschriften und Regelungen , wie in allen anderen Arbeitsverhältnissen auch.

Das Pflichtpraktikum sollte eine Mischung aus Ausbildung und Arbeit sein, ist aber meist ein Arbeitsverhältnis, in diesem Fall gelten fixe Arbeitszeiten und Entlohnung nach branchenüblichem Kollektivvertrag.

Kommentare