Ist die Selbstständigkeit auch ein Ausweg, sich veralteten Strukturen am Arbeitsmarkt zu entziehen?
Das glaube ich schon. Man sieht, dass die Gründungen mehr werden, Gründerinnen und Gründer jünger werden. Wir müssen verstehen, dass sich die Arbeitswelt weiterentwickelt. Wir dürfen nicht vergessen: Wir stehen in einem globalen Wettkampf um Talente. Die junge Generation ist mehrsprachig aufgewachsen und die Mehrheit kann Englisch. Außerhalb Österreichs zu arbeiten, ist keine Hürde mehr.
Sie selbst haben schon neben der Schule gearbeitet, schätzen Ihre Wochenarbeitszeit auf 80 Stunden. Wie stehen Sie dem Vorwurf gegenüber, dass die Jungen nicht mehr arbeiten wollen?
Es ist ein anderes Arbeiten und einfach nicht das, was wir aus der Vergangenheit kennen. Nine-to-Five ist nicht die Zukunft. Nur weil die Jungen nicht mehr so arbeiten möchten, denken manche, dass sie gar nicht mehr arbeiten wollen.
Mit Ihrem zweiten Unternehmen Ada helfen Sie Frauen mittels App, die eigenen Stärken sichtbar zu machen. Wieso brauchen Frauen hier extra Unterstützung?
Frauen haben wichtige Stärken, die in der Wirtschaft dringend gebraucht werden. Aber sie sind nicht sichtbar und das ist aufgrund ihrer Sozialisierung. Wir wollen ein Umdenken schaffen. Einerseits bei Frauen, damit sie sich sichtbar machen können. Andererseits bei den Betrieben, die Einblicke bekommen, vor welchen Herausforderungen Frauen im Unternehmen stehen.
Besteht die Gefahr, dass sich Firmen durch das Kaufen der App einen Diversitätsstempel holen wollen?
Wir haben das noch nicht erlebt, weil wir rein auf Unternehmen zugehen, die in dem Bereich bereits aktiv sind. Firmen, mit denen wir Grundsatzdiskussionen führen müssen, sind nicht unsere Zielgruppe. Wir haben Kundinnen und Kunden, die wirklich etwas verändern wollen. Aufgrund des Fachkräftemangels, weil sie wissen: Wir müssen etwas tun, sonst gehen uns die Talente aus. Oder weil es die intrinsische Motivation ist.
Wie groß soll der Einfluss von Ada sein?
Wir fokussieren uns darauf, dass die App flächendeckend ausgerollt wird, gehen mit dem Gedanken hinein, eine Mentorin in die Tasche jeder Frau zu bringen. Die Ada App soll nicht die günstigere Version von Seminaren sein.
Für Sie selbst gab es keine App wie Ada. Trotzdem halten Sie Vorträge vor der EU-Kommission, moderierten die MIT Europe Conference. Haben Sie nie Selbstzweifel?
Ich habe mir selbst ein Credo gesetzt: Wenn ich der Meinung bin, dass es meiner Karriere hilft und es mir erleichtert, Bewusstsein für meine Themen zu schaffen, sage ich immer ja. Auch wenn ich nicht bereit bin. Oder gerade dann.
Waren Sie letztlich bereit für MIT und EU-Kommission?
Nein, ich war ultranervös. Was in der Außenwelt falsch wahrgenommen wird: Man muss extrovertiert sein, um Dinge voranzubringen. Ich würde mich aber nie als extrovertiert bezeichnen. Bei Netzwerk-Events bin ich niemand, der auf fremde Leute zugeht. Mir ist es wichtig, das zu sagen, weil viele sonst das Gefühl haben: Die kann das, die mag das. Aber das ist es nicht. Ich habe es mir angelernt, habe Präsentations- und Stimmtrainings gemacht, was ein Heidengeld kostet. Deshalb war es für mich die Motivation, ein Tool zu schaffen, das so vielen Frauen wie möglich zugutekommt.
Gerade einmal 19 Prozent der heimischen Gründerinnen sind weiblich – hier zählen Sie zu den prominentesten. Ebnet das den Weg für künftige Karriereziele?
Eine Grundaussage, die ich allen Frauen mitgeben will: Es ist alles leichter, wenn du sichtbar bist.
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