Ulli Sütcü kämpft für ihre Lehrlinge, die zu Hause keine Chance bekommen
Im Friseursalon „Hair by Ulli“ herrscht Trubel. Lehrlinge föhnen ihren Kundinnen die Haare, einer Frau werden einzelne Strähnen in Alufolie verpackt, im Hinterzimmer läuft die Kaffeemaschine.
Ulli steht beim Waschbecken und trägt einer Kundin Haarfärbemittel auf. „Ich bin gleich so weit“, ruft sie der Reporterin mit einem sympathischen Lächeln zu. Diese Frau lässt sich offenbar nicht aus der Ruhe bringen.
Aus Ümmehan wird Ulli
Ulli heißt eigentlich Ümmehan Sütcü und ist als Kind mit ihren Eltern aus der Türkei nach Österreich gekommen. Sie wächst in Wien auf, aus Ümmehan wird schnell Ulli. „Ümmehan ist schwer auszusprechen, darum haben mich schon als Kind alle immer Ulli genannt. Ich bin dabei geblieben“, sagt die heute 37-Jährige.
Als sie mit 23 den Salon von einer älteren Kärntnerin übernimmt, wird daraus „Hair by Ulli“. Zu Beginn, erzählt sie, haben einige ältere Kundinnen gefragt, woher sie eigentlich komme.
„Aus dem 19. Bezirk, habe ich dann geantwortet. Auch wenn sie offenbar eine andere Antwort erwartet haben.“ Sütcü selbst sieht sich weder als Türkin noch als klassische Wienerin: „Ich bin international unterwegs.“
Ausbildung an erster Stelle
Sütcü wächst in einer Familie auf, in der die Ausbildung an erster Stelle steht. Sie erinnert sich: „Mein Papa hat immer gesagt: Wenn du gut bist, hast du den Respekt von allen.“ Davon ist Sütcü inzwischen auch selbst überzeugt.
Zusätzlich zum Friseursalon mit eigenem Kosmetikstudio in der Zieglergasse hat sie vor einigen Jahren auch eine Produktlinie für Haarpflege auf den Markt gebracht. Gemeinsam mit der Produktionsfirma tüftelte sie daran zwei Jahre lang, bis sie schließlich zufrieden damit war und bis die Pflegeprodukte auf den Köpfen der Kundinnen und Kunden landen durften.
„Der Kunde ist bei mir König“, sagt Sütcü und erzählt von Stammkunden, die seit 15 Jahren zu ihr kommen.
"Ich bin als Stylistin geboren. Für mich kam nie etwas anderes in Frage.“
Ümmehan Sütcü hat drei Geschwister, zwei Brüder und eine Schwester. Alle drei haben studiert. Sie ist die Einzige, die sich bewusst für eine Lehre entschieden hat.
„Ich bin als Stylistin geboren. Für mich kam nie etwas anderes in Frage“, erzählt sie mit leuchtenden Augen.
Woher die Faszination stammt, kann sie nicht so genau sagen. Aber schon als Schülerin habe sie ihren Mitschülerinnen die Haare geflochten und ihnen Lippenstift aufgetragen.
Der Karriere nachgehen
Ihre Eltern haben sie in ihrem Vorhaben von Anfang an unterstützt, betont sie: „Sie haben alles getan, damit wir unseren Karrieren nachgehen können.“
Heute ist sie diejenige, die unterstützt. Sütcü bildet in ihrem Salon Lehrlinge aus. Besonders wichtig ist ihr, jungen Menschen eine Chance zu geben, bei denen die Ausbildung im Elternhaus – anders als bei ihr – keine große Rolle spielt.
Laufbahn der Kinder
„Man glaubt gar nicht, wie viele Familien es gibt, denen die Laufbahn der Kinder nicht wichtig ist.“ Für die 37-Jährige ist das nicht nachvollziehbar: „Ich ermutige die Jungen, ihre Ausbildung fertig zu machen. Nur so kann man Erfolg haben, und Erfolg bringt Geld.“
Wenn Sütcü merkt, dass ihre Lehrlinge nicht bei der Sache sind, oder sie etwas Privates belastet, ruft sie sogar zu Hause bei den Eltern an, fragt nach, was los ist. Die „Problemkinder“, wie sie sie liebevoll nennt, liegen ihr besonders am Herzen.
Hohe Anforderungen
Bei aller Unterstützung stellt die Unternehmerin hohe Anforderungen an ihr junges Team. Für ihre Mitarbeiter gibt es regelmäßig Trainings und Workshops. „Ich wünsche mir Vollblut-Stylisten“, sagt sie.
„Ich bin eine Chefin, die genaue, klare Vorstellungen hat. Von nichts kommt nichts.“
„Ich bin eine Chefin, die genaue, klare Vorstellungen hat. Von nichts kommt nichts.“
Die höchsten Erwartungen stellt Sütcü aber an sich selbst. Seit einiger Zeit betreut sie auch den Instagram-Account für „Hair by Ulli“.
Nichts dem Zufall überlassen
Fast täglich postet sie Fotos und Videos von den frisch gestylten Haaren ihrer Kundinnen und Kunden. Mit professionellem Ringlicht und einer Fotowand – dem Zufall überlässt Sütcü nichts.
Außerdem hat sie geschäftlich noch einiges vor: Weitere Friseurstudios an mehreren Standorten in Österreich und sogar in ganz Europa sind geplant.
Man fragt sich, woher Sütcü all die Energie nimmt. Denn die 37-Jährige hat auch noch zwei kleine Kinder, einen siebenjährigen Sohn und eine vier Jahre alte Tochter.
Urlaub macht die Unternehmerin gerade einmal zwei Wochen im Jahr: Zu den Semesterferien und im Sommer. „Wenn man seine Arbeit liebt, braucht man keine Pause“, scherzt sie und fügt hinzu: „In den ersten Urlaubstagen genieße ich noch die Ruhe, aber ab dem dritten Tag mache ich mir schon wieder Gedanken, was ich im Salon verbessern könnte.“
Ihre Kinder, sagt sie, sollen ihren eigenen Weg gehen. „Ich werde sie zu nichts zwingen. Auch wenn ich mein Geschäft ausbaue. Denn ich weiß, wie wichtig es ist, dass man seinen Beruf liebt.“
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