Tradition brechen, Frauen fördern

Wienerberger-Vorstandsvorsitzender Heimo Scheuch und WU-Vizerektorin DDr. Regina Prehofer
Wienerberger will bis 2020 mehr Frauen in entscheidenden Positionen. Warum eigentlich?

Die Baubranche und im speziellen die Ziegelerzeugung sind kein Sektor, in denen Frauen je eine große Rolle spielten. Wienerberger will das nach fast 200 Jahren Firmengeschichte ändern. Der Vorstand hat neue Ziele definiert: Bis 2020 soll der Frauenanteil massiv gehoben werden, im Senior Management auf 20 Prozent (von derzeit 7), im Vertrieb auf 30 Prozent (von derzeit 24), ebenso in der gesamten Verwaltung.
Heimo Scheuch, CEO, und Regina Prehofer, Vorsitzende im Aufsichtsrat von Wienerberger, erklären das Vorhaben.

Ihr Frauenanteil in der gesamten Gruppe liegt derzeit bei 14 Prozent.
Heimo Scheuch: Wir sind in der Baubranche, mit starker Ausrichtung auf Produktion. Dort liegt der Frauenanteil nur bei 4 Prozent, gruppenweit haben wir 14 Prozent. Wir haben uns zum Ziel gesetzt, viel zu verändern. Wir versuchen, in den Ausbildungsprogrammen anzusetzen, um den Frauenanteil zu steigern. Es muss besser möglich sein, Privatleben und den Beruf zu kombinieren. Ich habe mich da auch persönlich umstellen müssen: enge Mitarbeiter gehen in Karenz, Meetings berufen wir nicht mehr um 18 Uhr ein.
Regina Prehofer: Diese Zielsetzung finde ich sehr gut, und dass man das mit vielen, vielleicht auf den ersten Blick klein aussehenden Maßnahmen unterstützt. Es ist ein wichtiger Schritt, zu erkennen, was die Hemmnisse für Frauen sind. Wienerberger ist sehr dezentral aufgestellt – da kann man die einzelnen Traditionen in Ländern gut ablesen. Österreich ist kein Vorreiter.

Frauenförderung ist kein neues Thema. Wieso war es jetzt für Sie akut, da etwas zu tun?
Scheuch: Wir sehen das als logischen Prozess. Länderweise ist die Lage unterschiedlich. In Belgien und Frankreich ist das absolut kein Thema, da wird über die Rolle der Frau im Joballtag nicht diskutiert. In Österreich schon. Wir wollen da etwas verändern.
Prehofer: Talent ist zwischen Männern und Frauen gleich verteilt. Das muss man als Unternehmen nutzen. Und klarerweise hat das auch eine Außenwirkung – auf Kunden, auf Bewerber. Als großes Unternehmen vertritt man ja auch eine Haltung in der Gesellschaft.
Scheuch: Die Frau spielt in der Gesellschaft eine immer stärkere Rolle. Auch bei der Entscheidung, wie baue ich ein Haus. Es ist für uns logisch, das auch im Management abzubilden.

In den vergangenen zehn Jahren hat sich nicht viel verändert. In den Vorstandsetagen liegt der Frauenanteil im einstelligen Prozentbereich. Was hemmt?
Prehofer: Tradition und gesellschaftliche Gegebenheiten. Vor allem auch mangelnde Kinderbetreuung und eine nachhaltige Entwicklung von Frauen in guten Positionen. Man wird ja nicht von einen Tag auf den anderen Aufsichtsrätin. Man muss also Aufbauarbeit in den Betrieben leisten und an den Rahmenbedingungen arbeiten. Was man auch sieht: In staatlichen oder staatsnahen Betrieben hat man sich Ziele gesetzt – und kommt damit gut weiter. Die Selbstbindung ist also erwiesenermaßen ein probates Mittel.

Wie stehen Sie zu einer gesetzlichen Quote?
Prehofer: Ich persönlich würde dem positiv gegenüberstehen, obwohl ich früher überhaupt nicht dafür war. Ich habe meine Meinung geändert, weil ich glaube, dass es sonst zu lange dauert. Ein solches Gesetz hat aber nur mit großzügigen Übergangsfristen einen Sinn.
Scheuch: Ich schätze die unternehmerische Praxis wichtiger ein als gesetzliche Vorgaben. Schon den Begriff „Quotenfrau“ finde ich abwertend. Es sollen doch die Besten zum Zug kommen.

In schwierigen wirtschaftlichen Phasen ist ein Fokus auf Frauenförderung nicht selbstverständlich. Wieso haben Sie dafür überhaupt Ressourcen?
Scheuch: Es geht weniger um Ressourcen, sondern vielmehr darum, wie man sich als Unternehmen politisch und kulturell aufstellt. Mein Auftrag ist es, die Kultur zu verändern.

Eine schwierige Aufgabe, weil Sie das Gedankengut Ihrer Mitarbeiter verändern müssen.
Scheuch: Natürlich ist das schwierig. Der stete Tropfen höhlt aber den Stein. Wir wollen uns auf ein anderes qualitatives Niveau heben und dazu müssen wir künftig die Frauen stärker einbinden.
Prehofer: Kultur ändert sich durch Vorleben. Durch wiederholtes, oftmaliges Vorleben vom Vorstand aus. Und durch Nachfragen und am Thema dranbleiben.
Scheuch: Und man darf auch nicht vergessen, dass sich die neue Männergeneration ändert. Die denken sehr gleichberechtigt. Für die ist es keine Schande mehr, wenn sie mal ein Hemd bügeln.

Regina Prehofer
Die Rektorin und Aufsichtsrätin

Regina Prehofer, geboren 1956 in Timelkam, studierte Jus und Handelswissenschaften parallel und schloss beide Studien mit einem Doktor ab. Von 1981 bis 2010 verfolgte sie eine imposante Karriere bis hin zu Vorstandsposten in österreichischen Banken: in der Kontrollbank, bei CA, BA-CA, der BAWAG-P.S.K.. Seit April 2011 ist sie Vizerektorin für Finanzen und Infrastruktur der WU-Wien. Prehofer hält fünf Aufsichtsratsmandate, bei Wienerberger ist sie aktuell Vorsitzende des Aufsichtsrats.

Heimo Scheuch
Der CEO

Heimo Scheuch, Jahrgang 1966, hat Rechtswissenschaften (in Wien und Paris) sowie Betriebswirtschaft (in London, Wien und Paris) studiert. Er ist seit 1996 in der Wienerberger Gruppe, mit Stationen in Wien und Belgien. Seit 2001 ist Heimo Scheuch Mitglied des Vorstandes, seit 2009 Vorstandsvorsitzender. Der Ziegelerzeuger Wienerberger wurde 1819 gegründet und hat sich seit den 80er-Jahren zu einem internationalen Baustoffkonzern entwickelt. Mitarbeiter: 13.787. Werke in 30 Ländern weltweit.

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