Teilzeit-Trend: Laut Experten nur ein kurzes, historisches Kapitel

Callcenter (Symbolbild)
Österreich wird zur Teilzeit-Republik. Ökonomen sehen diesen Trend aber mit Ablaufdatum.

„Das Phänomen Teilzeit? Darauf werden wir in ein paar Jahren zurückblicken und es als längst vergangenes historisches Kapitel einordnen – aus einer Zeit, als wir uns das noch leisten konnten“.

Das ist der nüchterne Befund der Schweizer Ökonomin Claudia Franziska Brühwiler, als sie vergangene Woche, beim KitzSummit, auf die „Teilzeitgesellschaft“ und ihren Fortbestand angesprochen wurde. Brühwiler, Doktorin und Professorin an der Universität St. Gallen, konnte sich ein Schmunzeln bei der Beantwortung dieser Frage nicht verkneifen. Sie signalisierte: Ja, das haben wir in Europa und speziell in Österreich gerade stark, aber das geht vorbei.

Österreich: die Teilzeit-Republik

Der Wunsch nach Teilzeitarbeit ist aktuell groß, viele wollen es, nicht mehr nur Mütter und Menschen mit Betreuungspflichten, sondern auch junge Menschen und vor allem auch Männer, zeigt die Statistik. Sie, die Männer, verzeichnen gerade den größten Anstieg bei den Teilzeitjobs. Liegen Frauen seit vielen Jahren bei rund 50 Prozent Teilzeitquote, holen die Männer in großen Schritten auf: ihre Teilzeitquote lag 2024 bei 13,7 Prozent, zeigt die Statistik Austria.

Ökonomin Carmen Treml von der Agenda Austria bezeichnet Österreich deshalb sogar als „Teilzeit-Republik“. Die Erhöhung der Beschäftigungsquote in den vergangenen Jahren sei generell positiv, aber sie sei vollständig auf die Teilzeit zurückzuführen. Hingegen: Vollzeit stagniert. Schaue man sich die Gruppe der 15- bis 65-Jährigen an, liege man hier bei insgesamt 34,7 Prozent Vollzeitbeschäftigten – und bei 35,5 Prozent Teilzeitbeschäftigten. Die Beschäftigungsquote generell liegt in Österreich bei rund 70 Prozent.

Teilzeit: Ein Wohlstandsphänomen

Für Treml hat der hohe Grad der Teilzeitbeschäftigten mehrere Gründe. „Es ist natürlich auch ein Wohlstandsphänomen, weil Teilzeit muss man sich leisten können“, sagt sie. Vielen sei aber gar nicht bewusst, welche Langzeitfolgen eine reduzierte Beschäftigung habe. „Österreich ist ein wohlhabendes Land, man verlässt sich darauf, dass das so bleiben wird“, sagt Treml. 

Jedoch: „Wir sind in allen Studien Schlusslicht, stagnieren oder schrumpfen“, gibt Treml zu bedenken. Es sei offensichtlich, dass wir den Wohlstand auf diese Art nicht halten können. Es brauche dringend eine entsprechende Leistungsbereitschaft, um das System weiterhin am Laufen zu halten. „Langfristig geht es sich nicht aus, dass die Teilzeit regiert“, mahnt Treml.

Um die Menschen zu motivieren, in Vollzeit zu gehen, müsste man laut Agenda Austria an zwei Schrauben drehen. Das viel zitierte Thema Kinderbetreuung (für die Frauen) lösen. Und die steuerliche Bestrafung der Vollzeitarbeit beenden. Zur Veranschaulichung: Arbeitet ein Teilzeitangestellter um 50 Prozent mehr, ergibt das nur 34,7 Prozent mehr Nettoeinkommen; erhöht jemand sein Arbeitspensum um 100 Prozent, sind das nur 68,8 Prozent mehr Nettoeinkommen. „Vollzeit rentiert sich einfach nicht“, sagt Treml. Für viele sei das Arbeitspensum einfach nur eine simple, ökonomische Rechnung.

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