Taschentricks mitten in Wien

Die 31-jährige Gründerin Victoria Hauser mit Sumday-Rucksack in ihrem Atelier in der Zieglergasse 68 in 1070 Wien
Victoria Hauser produziert mit „Sumday Vienna“ wandelbare Taschen und Rucksäcke

Das Atelier in der Zieglergasse 68 ist so, wie man sich ein Mode-Atelier vorstellt: Altes Parkett, großer Perserteppich, Scheren, Stoffe, Leder-Muster, eine Kleiderpuppe. Es duftet nach Kaffee und Gegerbtem, die Räume sind hoch, die Fenster gehen bis zum Boden, das Licht ist sanft. Ein Flair, um kreative Ideen zu verwirklichen.

In diesem Atelier arbeitet Victoria Hauser seit Jahren an ihren Mode-Ideen. Seit einigen Wochen verkauft sie hier auch Taschen ihres neugegründeten Labels „Sumday Vienna“. Das Besondere an Sumday: Dank Reißverschlüssen kann man mit wenigen Handgriffen am mittleren Teil der Tasche Form, Farbe und Funktionalität ändern. So kann aus einer eleganten Tasche mit schwarzem Neopren-Unterteil und blauen Leder-Trägern schnell ein sportlicher Rucksack mit schwarzem Leder-Oberteil und Riemen werden. Der Stil – lässig, praktisch, reduziert – bleibt gleich. Auch das Innenleben ist gestaltbar: Hauser hat kleine Ledertäschchen in vier verschiedenen Größen kreiert, die für „Kleinkram“ an eine Innenseite der Taschen gezippt werden können. Freilich lassen sie sich bei Bedarf auch wieder als eigenes Täschchen verwenden.

Insgesamt bietet Sumday drei Modelle in drei Größen an: Shopper, Briefcase und Backpack. Alle Ober- und Unterteile können extra gekauft und untereinander kombiniert werden. Auch Sonderwünsche, die machbar sind, nimmt Hauser an. „So ein Modulsystem zum selbst Zusammenstellen gibt es in dieser Form noch gar nicht“, erklärt sie. „Man kann damit viel schneller auf Trends reagieren.“

Nachhaltig, handgemacht

Das feine Leder für die Taschen kommt vom nachhaltigen italienischen Produzenten Gruppo Dani, zur Weiterverarbeitung kommt es in einen polnischen Familienbetrieb. An der großen Industrienähmaschine im Atelier fügt Hauser dann die fertigen Lederteile mit dicken, ausgefallen Polsterstoffen und Neopren (auch fürs Innenleben) zu ihren Modellen zusammen.
Diese kommen gut an. Hauser stellte heuer schon bei den österreichischen Modemessen Fesch’markt, Blickfang und im Modepalast aus. Preislich bewegt sich das Label zwischen 198 und 278 Euro pro Stück. Im Moment erlässt Victoria Hauser ihren Kunden 30 Prozent.

Von Anfang an Künstlerin

Selbstständig werden wollte Hauser schon immer. Die 31-jährige Wienerin studierte dafür zuerst Fotografie an der Graphischen und machte anschließend einen Bachelor im Modedesign an der Kunstuni Linz. Schon damals arbeitete sie in ihrem Atelier und gründete mit einer Studienkollegin und Freundin just nach der Uni das Modelabel „Codex baut“. Die Idee ging auf: „Wir bekamen Förderungen und wurden für den Wirtschaftspreis der Stadt Wien der WKO nominiert. Dann haben wir aber beschlossen, es geht uns zu schnell“, sagt Hauser. Beide wollten dann doch noch lieber andere Erfahrungen sammeln, woanders arbeiten, etwas ansparen und sehen, wohin sie das Leben nach der Universität führt.

Hauser zog es mit einer neuen Idee zurück ins Atelier. Sie wollte einen Rucksack für alle Lebenslagen – also nähte sie sich einen. Das kam im Freundeskreis gut an. Nach eingehender Produkt-Recherche und Gesprächen mit Modeexperten entschied sie sich im Dezember vergangenen Jahres, wieder zu gründen. Ihr Vorhaben finanzierte sie mit Erspartem. „Im Mai habe ich im Atelier dann die ersten fertigen Taschen aufgehängt – und die Leute kamen einfach rein und kauften sie“, erzählt sie.
Die offizielle Eröffnung mit geregelten Öffnungszeiten plant sie für Oktober. „Aber ich arbeite eigentlich die ganze Zeit im Atelier – die Kunden können also entweder spontan vorbeischauen oder einen Termin vereinbaren. Ich wohne auch ganz in der Nähe – und kann dann auch gleich da sein.“

1. Es mag blöd klingen, aber: Wenn du dich selbstständig machst, muss das Produkt einfach passen. Man muss sich damit identifizieren können und voll und ganz hinter der Qualität stehen – gerade im direkten Verkauf ist das wichtig.

2. Fragen, fragen, fragen! Ich habe so viele Beratungsquellen wie nur möglich genützt. Da ich bereits zum zweiten Mal gegründet habe, konnte ich mich viel zielgerichteter informieren und viel konkretere Fragen stellen als beim ersten Mal. Aber jeder Berater berät anders, hat andere Erfahrungen. Meine neue Regel ist: Mindestens drei Personen fragen. So bekommt man generell auch mehr Information.

3. Auch wichtig ist, dass das Umfeld passt. Das kann der Raum sein, das Grätzl, aber auch die Partner und Lieferanten. Aber auch die Branche: Wenn ich mit Mode-Leuten generell nichts zu tun haben will, wird es wohl nicht die richtige Branche für mich sein.

4. Beim Gründen braucht man Gelassenheit. Man muss davon ausgehen, dass manche Sachen einfach schiefgehen werden, nicht sofort funktionieren und es immer wieder kleine Probleme geben wird.

5. Ich verdiene mit den Taschen schon, allein von ihnen kann ich aber noch nicht leben. Wenn ich keinen angesparten Puffer gehabt hätte, wäre es schwierig geworden. Weitere, praktische Tipps: Rechtzeitig UID-Nummer beantragen, guten Steuerberater finden, SVA selbst berechnen und im Vorhinein einzahlen – dann ist der Schock im dritten Jahr kleiner.

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