Viele Vorwürfe im Raum
Bei Swing Kitchen soll nämlich schon öfters der Wunsch nach einem Betriebsrat geäußert worden und bei Geschäftsführerin Irene Schillinger nicht gut angekommen sein, berichtet Simon F. „Angeblich soll sie geweint und gesagt haben, dass es den ganzen Betrieb kaputtmachen würde. Dass sie den Laden dann zusperren können“, erinnert er sich.
Ähnliche und teils gravierendere Vorwürfe werden auch in einem Bericht von Moment.at laut. Man spricht dort von emotionaler Erpressung, Mobbing, ungerechtfertigten Kündigungen und einer generell schlechten Stimmung, sobald das Wort „Betriebsrat“ in den Mund genommen wird. Auch der Gewerkschaft vida wurden Vorwürfe wie diese schon vor Jahren gemeldet. Heuer im April sollen sich die Meldungen jedoch gehäuft haben. Als der Betriebsrat in der Filiale am Universitätsring gegründet wurde – der aktuell einzige bestehende.
Schmutzkübelkampagne
Seitdem würden Kündigungen schneller ausgesprochen, Abmahnungen sich häufen und die Kommunikation nur zäh vorangehen, erzählt vida-Gewerkschafter Albert Kyncl. „Mitarbeiter berichten, dass sich die Arbeitsatmosphäre verschlechtert hat und gewisse Prozesse und Handlungen, die früher nicht erst diskussionswürdig waren, jetzt ein Problem sind.“
Der Zeitpunkt, so kurz nach Gründung des Betriebsrats, scheint ihm suspekt. Seine, wie er sagt, „böse Unterstellung“: man versucht, Mitarbeiter rauszuekeln. Harte Anschuldigungen, zu denen nun auch Geschäftsführerin Irene Schillinger beim KURIER in einem persönlichen Gespräch Stellung bezieht.
Sie sei traurig und fühle sich „vor den Kopf gestoßen“. „Was im Moment-Artikel geschildert wird, entspricht nicht der Realität. Es sind Lügen, die uns als schlechte Arbeitgeber darstellen“, erzählt die Gastronomin. „Wir sind ein ultrakorrekter Betrieb und die im Artikel geschilderten Handlungen hatten nachvollziehbare Gründe, die wir alle nachweisen können. So eine Schmutzkübelkampagne ist ungerecht.“
Auf die Frage, wie sie zu Betriebsräten steht, antwortet Schillinger: „Wenn Mitarbeiter sich das wünschen, können sie jederzeit einen Betriebsrat gründen. Ich sehe die Aufgabe aber nicht bei uns. Das Team muss es initiieren.“ Das sei immerhin auch in der Vergangenheit gelungen, sagt sie. Und tatsächlich gab es auch schon vor einigen Jahren einen Betriebsrat in einer Filiale. Der wurde inzwischen wieder aufgelöst.
Insgesamt wäre das Thema „Betriebsrat“ bereits dreimal an Wiener Swing-Kitchen-Standorten angesprochen worden. Schillinger gibt zu, jedes Mal nach dem Grund für diese Entscheidung gefragt zu haben: „Natürlich frage ich, ob es ein Problem gibt, das man mithilfe eines Betriebsrats lösen will. Die Vermutung liegt da nahe, dass es eine Unzufriedenheit gibt.“
Behindert habe man jedoch nie eine Gründung, sichert sie zu. Stattdessen habe sie eine offene Kommunikation gelebt: „Meine Tür steht für alle Anliegen immer offen, deswegen hängt auch meine Telefonnummer in jeder Filiale.“ Wenn berechtigte Probleme aufgetreten sind, konnten sie so „mit einem guten Gespräch geklärt werden.“
Der Wunsch nach einem Betriebsrat wurde dann wieder zurückgezogen, weil der Aufwand doch nicht dafür sprach, so die Geschäftsführerin. „Wir haben niemanden gekündigt und die Beteiligten sind auch danach noch länger im Betrieb geblieben. Wir sind mit den meisten Mitarbeitern zufrieden und sie auch mit uns. Ich tue alles, was mir möglich ist, damit das so bleibt.“
Und jetzt?
Bei manchen Mitarbeitern, die das Unternehmen verlassen haben, scheint dennoch ein bitterer Nachgeschmack zu bleiben. Angefochten wurden Kündigungen, die in den vergangenen Jahren passiert sind, laut Gewerkschafter Albert Kyncl bisweilen noch nicht. Wie das bei so viel Unzufriedenheit? Das kann sich Kyncl leicht erklären: Die Konsequenz einer Anfechtung wäre die Wiedereinstellung. „Warum sollte man nach einem solchen Konflikt zurückwollen“, fragt der Gewerkschafter. Auch Simon F. ging nicht vor Gericht. Und arbeitet jetzt woanders.
Betriebsrat: Besteht ein Rechtsanspruch auf die Gründung?
Die Gründung eines Betriebsrats sollte nicht, kann aber zu Streitigkeiten in Unternehmen führen. Was das Arbeitsrecht vorsieht
2016 mussten rund 250 Mitarbeiter einen Tag lang um ihren Job zittern. Servus TV, damals noch geführt von Dietrich Mateschitz, wurde von einem Tag auf den anderen eingestellt. Doch am nächsten Tag revidierte der Red-Bull-Boss seine Entscheidung und die Mitarbeiter konnten aufatmen.
Der Anlass für das Hin und Her: eine geplante Betriebsratsgründung, die aber von einem großen Teil der Belegschaft nicht unterstützt wurde. Der Sender läuft seitdem weiter, einen Betriebsrat gibt es bis heute nicht. Jetzt soll die Gründung eines Betriebsrats auch die vegane Fast-Food-Kette Swing Kitchen zum Brodeln bringen und für Streitigkeiten zwischen Belegschaft und Arbeitgeber sorgen. Doch was sieht die Rechtslage eigentlich vor? Gibt es einen Anspruch auf einen Betriebsrat und was, wenn sich der Arbeitgeber einer Gründung in den Weg stellt?
Die Fakten im Überblick
Sind in einem Betrieb mindestens fünf Arbeitnehmer durchgängig beschäftigt, ist ein Betriebsrat zu wählen, heißt es auf der Website der Gewerkschaft. Aber: Es ist Sache der Belegschaft einen Betriebsrat zu errichten, nicht des Arbeitgebers. Insofern muss sich die Belegschaft selbst mobilisieren, eine Betriebsratswahl organisieren und abwickeln. Tut sie das nicht, gibt es keine Sanktionen. Der Arbeitgeber wiederum darf das Entstehen eines Betriebsrats nicht verhindern und ist verpflichtet, organisatorisch Hilfe zu leisten. Doch was, wenn es statt Unterstützung Gegenwind gibt? Der Arbeitgeber droht oder angibt, enttäuscht zu sein, sollte ein Betriebsrat gegründet werden?
„Dagegen haben wir keine Handhabe“, erklärt Arbeitsrechtsexperte Martin Müller vom Österreichischen Gewerkschaftsbund (ÖGB). Einlenken müsse man als Arbeitnehmer jedoch nicht. Denn sobald das Verfahren einer Betriebsratsgründung in Gang gesetzt wird (mit dem Einberufen einer Betriebsversammlung) könnte man eine etwaige Kündigung bei Gericht aufgrund eines verpönten Motivs anfechten. Und so die Wiedereinstellung erwirken. Einfacher gesagt: Sobald man im Wahlvorstand ist, hat man einen erhöhten Kündigungsschutz.
Noch stärker greift dieser Schutz bei gewählten Betriebsräten, erklärt Martin Müller: „Sie sind nicht unkündbar. Aber der Arbeitgeber muss die Kündigung über das Arbeits- und Sozialgericht aussprechen. Und einem Richter oder einer Richterin erklären, warum er berechtigt ist, das Dienstverhältnis zu beenden.“
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