Studieren, um anzupacken
Sie gründen, innovieren, verändern, erfinden und ganz nebenbei studieren sie auch noch – diesen Eindruck hat man vielfach von FH-Studierenden. Denn keine Woche vergeht, ohne dass ein FHler einen Wettbewerb gewonnen, Förderungen für ein Projekt eingeheimst, Neues entwickelt oder gegründet hat. Erst diese Woche gewann FH- Oberösterreich-Student Rainhard Findling mit seiner Masterarbeit zur Gesichtserkennung für Mobilgeräte den Förderpreis-FH und damit 2000 Euro.
Fachhochschüler studieren, um schnell praktisch arbeiten zu können und mit ihrer Hands-On-Mentalität Probleme zu lösen. Wer hier abschließt, konnte bereits Erfahrung in Wirtschaft oder Forschung sammeln – Sachkenntnis, die vom Arbeitsmarkt gefordert und honoriert wird: Zwei Drittel der FH-Absolventen finden innerhalb der ersten drei Monate nach dem Abschluss bereits einen Job. Besonders gut gelingt das Informatikern und Absolventen technischer Studienrichtungen. 46 Prozent der Absolventen erhalten außerdem ein Einstiegsgehalt von mehr als 2400 Euro brutto, 19,4 Prozent mehr als 1800 brutto, so das bildungsbezogene Erwerbskarrierenmonitoring des AMS.
Biotop für Ideen
An den praxisbezogenen Hochschulen lehren Lektoren aus Betrieben täglich, was der Markt braucht. Studierende arbeiten in Vorlesungen an Projekten großer Firmen mit, hierbei entwickelt manch einer sogar schon die erste eigene Geschäftsideen – FH-Klassen sind ein vielversprechendes Biotop für Ideen.
Vieles, was dort konzipiert wird, bleibt freilich ein Projekt am Papier. Manche Ideen schaffen aber den Durchbruch – wie zum Beispiel die Fitness-App Runtastic von FH Steyr-Absolvent Florian Gschwandtner und seinen Kollegen. Zwei der vier Gründer lernten sich während ihres gemeinsamen Supply Chain Management-Studiums kennen – fünf Jahre später ist Runtastic eine Erfolgsgeschichte. Auch Daniel Horak, Conda Geschäftsführer oder Constantin Simon, Gründer des Lifestyle-Biers Nixe – studierten beide an der FH Wien Entrepreneurship und Unternehmensführung – sind weitere erfolgreiche Gründer unter den FH-Absolventen. An der FH Oberösterreich wiederum entwickelte vergangenes Jahr der Studiengang Marketing und Electronic Business eine Crowdfunding-Kampagne für das populäre Wiener Social Start-up Ruffboards.
Das Wissen der FHler ist weltweit begehrt – aktuell am Beispiel von Markus Tscheik gut sichtbar. Der IT-Student der FH Burgenland absolviert sein Berufspraktikum zur Zeit im Silicon Valley bei Mercedes in der App-Entwicklung. Zwei weitere Projekte veranschaulichen die kreativen Initiativen, die an FH aktuell für Gespräche sorgen (siehe rechts).
FH als Innovationstreiber
Die Fachhochschulen schreiben seit ihren Anfängen im Jahr 1994 Erfolgsgeschichten: 80 Prozent der heimischen Leitbetriebe kooperieren heute regelmäßig mit ihnen, sie sind unverzichtbare Forschungspartner für Wirtschaft und Industrie geworden. 406 Studiengänge gibt es mittlerweile an den 21 Fachhochschulen, 43.593 Studierende sind hier inskribiert. 47 Prozent von ihnen sind Frauen. Noch lernen etwa 13 Prozent aller Studis in Österreich an Fachhochschulen, der Rest ist an den Unis. Bis 2028 sollen es 40 Prozent und somit 115.000 Menschen werden – das wünscht sich jedenfalls die Fachhochschulkonferenz. 500,5 Millionen Euro pro Jahr sollten hier dann investiert werden. Wirtschaft und Industrie würden den Ausbau begrüßen. Denn Firmen fehlt es jetzt schon an qualifiziertem Techniker-Nachwuchs.
Die Zukunft der mutigen und kreativen FHler scheint rosig. Am Mittwoch und Donnerstag fand zu diesem Thema das FH-Forschungsforum statt. Der Tenor der dort Vortragenden: Die Fachhochschulen seien ein vielfältiger Wegbereiter.
Seit September 2014 absolviert der FH Burgenland-Student Markus Tscheik sein Berufspraktikum bei Mercedes-Benz Research & Development North America Inc. im kalifornischen Silicon Valley, USA. Bis Mai wird der 24-jährige IT-Student den Auto-Riesen noch mit seinem an der FH erworbenen Wissen rund um die Ideenentwicklung, Umsetzung und Weiterentwicklung von Apps unterstützen.
Am Institut Luftfahrt engagieren sich seit vergangenem Jahr freiwillig 15 BA- und MA-Studierende im „Joanneum Aeronautics Team“, um selbstständig Themen zur Aviation zu erarbeiten. Mit ihrem Wissen nehmen sie an internationalen Wettbewerben teil. Beim Tag der offenen Tür im März wurde dem Studiengang ein Forschungsflugzeug übergeben, an dem die Aeronautics üben können.
Gerald A. Hollaus, FH Wien-Absolvent und heute selbstständiger Berater, entwickelte die Idee zu einem regionalen, nachhaltigen Bauernsushi-Catering. Entrepreneurship-Studis erarbeiteten für ihn 2013 im Zuge einer Vorlesung einen Businessplan, Marketing-Studierende der FH Wien tüfteln aktuell an einer Werbestrategie. 2014 wurde „Landfenster – Bauernsushi“ offiziell gegründet, seit Jänner 2015 gibt es auch einen Onlineshop: www.landfenster.at.
Kommentare