Studie: Homeoffice bringt doch nicht nur Vorteile
Homeoffice ist in einigen Berufen das neue Status Quo. Es werde von Arbeitnehmern als Benefit erwartet und habe zahlreiche Vorteile: Keine langen Anreisezeiten, mehr Work-Life-Balance und mehr Produktivität. So hört und liest man es aktuell jedenfalls oft. Eine neue Studie der Federal Reserve Bank of New York, der University of Iowa und Harvard bietet jedoch neue Einblicke in das Homeoffice- (und Remote Work-) Phänomen. Und diese sind nicht unbedingt positiv.
“Power of proximity” oder übersetzt „Macht der Nähe“ heißt die wirtschaftswissenschaftliche Studie von Natalia Emanuel, Emma Harrington und Amanda Pallais. Befragt wurden Ingenieure einer großen (ungenannten) Tech-Firma. Das erste Ergebnis spricht noch für Homeoffice. Bei Senior-Ingenieuren konnte nämlich tatsächlich eine Steigerung der Produktivität verzeichnet werden.
Das Problem zeige sich aber erst in einem anderen Bereich:
Feedback
Denn Junior-Ingenieure geben in der Studie an, dass sie durch Remote Work weniger Feedback zu ihrer Arbeit erhalten. Auch Ingenieurinnen berichten von diesem Mangel an Rückmeldungen.
Konkret fanden die Forscher heraus, dass vor der Pandemie Ingenieure, die im selben Gebäude arbeiteten, um 21 Prozent mehr Feedback erhielten als jene, die in anderen Gebäuden tätig waren. Nach der Pandemie war kein Unterschied mehr zwischen den Gruppen zu erkennen. Laut den Forschern, sei damit klar, dass die physische Nähe der Grund für die hohe Anzahl an Feedback war.
Warum ein Feedback-Mangel ein Problem darstellt?
In Softwareunternehmen gehört es zur normalen Unternehmenskultur die Kodierarbeit seiner Kollegen zu kontrollieren und ihnen Feedback zu geben. Ingenieure unter 30 Jahren erhalten, der Studie nach, tendenziell mehr Feedback (speziell von erfahreneren Kollegen) – aber nur, wenn sie sich am selben Ort befinden.
Natalia Emanuel von der Federal Reserve Bank of New York sagt: „Diejenigen, die wirklich am meisten davon profitieren, sind Junior-Ingenieure und jüngere Mitarbeiter. Das sind die Gruppen, bei denen man sich denken kann, dass sie am meisten lernen müssen.“ Das Büro spiele somit (jedenfalls für diese Arbeitnehmer) eine wichtige Rolle in der frühen Karriereentwicklung.
Was sind die Konsequenzen?
Wenn die Unterstützung nicht gegeben ist, sei die Folge eine Kündigung. So ergibt die Studie, dass Ingenieurinnen und jüngere Arbeitnehmer, die vor der Pandemie in Gruppen im selben Gebäude arbeiten konnten, später (nach der Homeoffice-Regelung) eher eine Kündigung einreichten.
Den Grund sehen die Forscher interessanterweise bei den älteren Arbeitnehmern, die häufiger remote arbeiten. Wenn sie nicht ins Büro zurückkehren, könne dies die Kompetenzentwicklung der jüngeren Arbeitnehmer beeinträchtigen: "Das kann besonders wichtig sein, da junge Arbeitnehmer am meisten am Arbeitsplatz lernen."
Es verringere die Zusammenarbeit und Ausbildung von Nachwuchskräften. Bei jungen Arbeitnehmern und Frauen, die sich möglicherweise weniger in das Unternehmen integriert fühlen, sei eine besonders starke Abnahme der Kollaborations-Fähigkeit zu erkennen. Als Reaktion darauf kündigen viele.
Mentoring und Schulungen über soziale Plattformen wie Zoom, Teams oder Slack reichen folglich nicht als On-Boarding-Maßnahme aus. Oder wie Natalia Emanuel es in einem New York Times Interview formuliert: „Wie unsere Großeltern schon lange sagen: Face-To-Face Meetings unterscheiden sich stark von FaceTime.“
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