So zähmen Chefs schwierige Charaktere im Berufsalltag

Einer weiß es besser, einer jammert, einer sagt zu allem Ja: Ein Team zu führen, ist keine einfache Sache. Und gerade im Lockdown nimmt die Lust am Nörgeln und Besserwissen zu
Mitarbeiter, die alles besser wissen, nörgeln oder Konflikte scheuen, sind eine Herausforderung für jede Führungskraft. Tipps für den richtigen Umgang.

„Das kann eh nie funktionieren“ oder „Also ich hätte da eine bessere Idee“ – wer kennt sie nicht: Mitarbeiter, die alles besser wissen, dauernd nörgeln oder prinzipiell dagegen sind. Allerdings: Wo ein Team zusammenarbeitet, gehören Konflikte eben dazu.

Auch schwierigere Charaktere können wertvolle Leistung bringen, wenn Führungskräften Diskussionen so führen, dass konstruktive Lösungsansätze möglich sind.

Drei besonders herausfordernde Mitarbeitertypen und Wege, wie man mit ihnen gerade jetzt professionell umzugeht: Denn manch schwieriges Verhaltensmuster erhält im Lockdown Aufwind.

Nörgler

Wenn ein Mitarbeiter viel nörgelt, braucht er vielleicht mehr Autonomie

Der Nörgler findet das Haar in der Suppe: Er sucht nach allem, woran er nörgeln kann. Denn Nörgeln ist sein Sauerstoff zum Atmen. Dabei geht es ihm weniger um die Sache, als darum, dass er nörgeln kann. Ein typisches Verhaltensmuster ist die Suche nach etwas, das zu bemängeln ist.

Zum Beispiel: „Die neuen Stühle sind nicht so bequem, wie sie sein sollten“, oder „der neue Mitarbeiter passt doch nicht ins Team“, oder  „dieses Projekt bringt sicher nicht das, was erwartet wird“.

Es geht meist um Banalitäten und nicht um die Sache per se. Denn Nörgeln ist ein Ventil für die Anpassung, die man unbewusst oder bewusst leistet. Ein Nörgler kommt meist aus einem Umfeld, in dem Anpassung in hohem Maße eingefordert wurde.

Nörgler nörgeln um des Nörgelns willen

Führungskräfte mit einem Nörgler im Team sollten immer im Blick behalten, dass die Nörgelei nichts mit ihnen oder der Arbeit zu tun hat: Der Nörgler nörgelt um des Nörgelns willen und stillt damit den Hunger nach Selbstbestimmung. Hilfreich bei diesem Typus kann es daher sein, die Selbstbestimmung und das autonome Arbeiten zu fördern.

Ein Arbeitsumfeld, das auf Stärken fokussiert, indem der Mitarbeiter diese gut einbringen kann, motiviert. Wenn dieses noch  mit Wertschätzung, Lob, selbstbestimmtem Arbeiten und Entscheidungsfreiheit unterstützt wird, dann herrscht meist hohe Zufriedenheit. Das gilt für jeden Menschen, nicht nur für Nörgler.

Dennoch sollten gerade Strategien, die Nörgel-Energie in eine produktive Richtung leiten wollen, vor allem den Freiraum und die eigene Selbstbestimmung des Mitarbeiters fördern – solange es ihn nicht überfordert.

Besserwisser

Besserwisser fühlen sich in Jobs wohl, in denen exaktes Wissen gefragt ist

Die Besserwisserin weiß alles besser, obwohl sie nicht immer Expertin für die Sache ist. Aber sie kommuniziert, als wüsste sie über alles sehr genau Bescheid – und oft tut sie das auch. Denn sie gilt als interessierter und detailgenauer Wissensmensch.

Hinter dem Verhalten steckt die Suche nach  Lob und Zuwendung. Der Besserwisser will seinen Selbstwert auffüllen, indem er zeigt: „Schau her, ich weiß das. Ich weiß es besser. Ich kann was.“ Es ist ein klarer Hinweis: Sieh mich und anerkenne mich.Besserwisserei gilt in der Psychologie daher als ein Selbstwertmantel.

Suche nach Lob und Anerkennung

Betroffene haben schon früh gelernt, dass sie etwas gelten, etwas wert sind, wenn sie Sachverhalte besser wissen.  Sie erhielten dafür Lob und Zuwendung und haben darauf ihre Wertigkeit oftmals auch ihre Identität aufgebaut. Für Führungskräfte ist die Erkenntnis wichtig, dass solche Teammitglieder gesehen, gelobt  und  anerkannt werden wollen.

Je früher man diese Bedürfnisse hinter dem Verhalten erkennt und stillt, desto ruhiger wird die Besserwisserei. Die Gefahr ist allerdings, dass zu viel Lob für die Besserwisserei diese noch verstärkt. Wichtig wäre daher die Botschaft : „Ich sehe dich, ich erkenne dich, du bist ein wertvoller Mensch.“

Unbewusst aber lehnen wir die Besserwisserei oftmals ab: Das spürt die Person und dreht dann noch mehr auf. Sie will ja nicht abgelehnt, sondern wertgeschätzt werden.
Will man es dem Besserwisser erleichter, mehr Leistung zu bringen, hilft  eine Tätigkeit, in der er sein Bedürfnis nach Lob stillen kann: Eine spezielle Expertenrolle, oder eine Funktion, in der genaues Wissen geschätzt wird. Da kann er oder sie sich dann beweisen.

Harmoniesüchtige

Gezieltes Hinterfragen und Analysieren von Zusagen macht produktiver

Der Harmoniesüchtige ist nach außen hin zufrieden, einverstanden, und rebelliert nicht. Allerdings bedeutet das nicht, dass er  dann – hinter dem Rücken anderer –  seine Unzufriedenheit nicht doch kundtut.

Harmoniesüchtige haben gelernt, dass der Frieden mehr Bedeutung hat als die eigenen Bedürfnisse.  Konflikte werden als negativ bewertet und damit hatten diese Personen kaum Gelegenheit, Konfliktkompetenzen zu erwerben. Das lässt sie natürlich meist scheitern, wenn sie doch mal in Konflikte geraten. Sie ziehen sich dann schnell wieder zurück mit der Erfahrung: In Konflikten kann man nichts für sich gewinnen.

Für Führungskräfte sind  Harmoniesüchtige eine Herausforderung. Es gilt, stets im Kopf zu behalten, dass ein „Ja“ oder eine Zustimmung  nicht unbedingt eine ehrliche Antwort sein muss. Deshalb macht gezieltes Hinterfragen und Analysieren von Zusagen Sinn. 

Chemie muss stimmen

Geschieht das nicht, ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass sich ein Harmoniesüchtiger hinterher beschwert und meint, er hätte ja gar keine andere Entscheidungsmöglichkeit gehabt.
 
Hilfreich für Harmoniesüchtige ist eine Umgebung, in der die Chemie stimmt. Denn müssen sie mit Menschen  zusammenarbeiten, die sie nicht ausstehen können oder gegen die sie sich nicht abgrenzen können, vergiftet das die Atmosphäre und führt zu unausgesprochenen Spannungen,  Arbeitsleistung und  Motivation sinkt.

Und ein Harmoniesüchtiger spricht sicherlich nur im stillen Kämmerlein darüber. Vielleicht wäre es deshalb auch ratsam, immer wieder mal hinzuhören, was die stillen Wässerchen bei anderen so von sich geben.

 

 

 

 

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