Schwimmen auf der Erfolgswelle

Marlies Kienzel bei ihrem Hobby: Sie ist Vizestaatsmeisterin über 400 Meter Kraul
Woher nehmen Top-Manager ihre Energie für den Beruf? Was machen sie in ihrer Freizeit? Die Top-Bankerin Marlies Kinzel muss regelmäßig abtauchen – das macht sie glücklich und leistungsfähig.

Marlies Kinzel ist zäh. Wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt hat, gibt sie nicht so schnell auf. Neun Monate lang rang sie nach Atem, schluckte literweise Chlorwasser, und ging immer wieder unter. Das war vor 18 Jahren, als die damals 38-jährige Top-Bankerin damit begonnen hatte, kraulen zu lernen.

Die erste am Stück absolvierte 50-Meter-Länge wurde dann auch gebührend gefeiert. Grund, sich auf diesen Lorbeeren auch nur kurz auszuruhen, sah die promovierte Juristin, die 1983 ein Post-Graduate-Studium am Collège d’Europe in Brügge absolvierte, ehe sie ihre Karriere 1983 bei der CA begonnen hatte und später als Senior Vice-President zu Merrill Lynch wechselte, darin keinen. "Heute schwimme ich genauso schnell wie der US-amerikanische Freistil-Star Katie Ledecky – nur auf der halben Strecke!", relativiert die inzwischen 56-Jährige lachend.

Gründung einer Kampfmannschaft

Nach zehn Jahren Tummeln im nassen Element, setzte sich die Performerin neue ehrgeizige Ziele. Eine lose Schwimmgemeinschaft wandelte sie in eine Kampfmannschaft um und ließ sie 2008 unter dem Titel "The Mermaids" beim österreichischen Schwimmverein offiziell akkreditieren. Heute sind es vier Frauen und vier Männer, die in dieser Formation in und unter Wasser bei Turnieren um Medaillen kämpfen. Kinzel hat es 2016 übrigens zuletzt auch zur Vizestaatsmeisterin über 400 Meter Kraul in ihrer Altersklasse gebracht. Die Distanz legt sie in 7 Minuten und 26 Sekunden zurück. Das nächste Ziel, das die gebürtige Wienerin anvisiert, ist die Champions-WM im August 2017 in Budapest.

Warum man sich das antut, sich so zu quälen? Kinzel: "Sport macht glücklich und leistungsfähig. Das Abtauchen aus der Kakofonie der Finanzmärkte und der Politik funktioniert in jedem Training. Nach meinem Morgentraining steig’ ich aus dem Wasser und weiß, es kann mich sehr wenig erschüttern." Ob es gemeinsame Erfolgsrezepte für die Performance im nassen Element und am volatilen Boden der Finanzwirtschaft gibt? "Beides verlangt totale Konzentration, das optimale Timing im Wettkampf und das Bewusstsein, dass immer noch ein bisserl mehr geht", erläutert die Anlage-Expertin, die auch auf eine erfolgreiche Karriere-Langstrecke verweisen kann: 1998 übernahm sie die Leitung der Coutts, die Bank der Queen, in Wien. Ab 2001 war sie Direktorin für den Bereich Private Banking des Bankhauses Sal. Oppenheim Österreich. Seit 2005 ist die Investmentbankerin Mitglied des Vorstandes der Sares Invest GmbH. Ihr Kundennetzwerk umfasst Opernstars ebenso wie Non-Profit-Organisationen, erfolgreiche Jungunternehmer und alteingesessene heimische Millionäre.

Dass Anleger sich bei ihr gut aufgehoben fühlen, hat seine Gründe. Auf den Vertrauensverlust, den Banken im Zug der Krise erlitten haben, gibt es für Kinzel nur eine Antwort: Transparenz. "Nachvollziehbare, verständliche Verwaltung und die Erklärung dessen, was man mit dem Geld macht, werden immer wichtiger." Und: Auf Nachhaltigkeit kommt es an. Bei werterhaltender, konservativer Veranlagung ist eine Wertsteigerung von durchschnittlich drei Prozent pro Jahr durchaus erfreulich.

Die Vision

Ihre Vision: eine gescheite Vermögensverwaltung durchzusetzen und in der Investmentgemeinschaft zu verbreiten. Ihre Strategie: Ein mehrdimensionaler Ansatz, der die permanente Veränderung von Investoren, Märkten und Risiken berücksichtigt. Die sogenannten Black Boxes, deren Inhalte nicht einmal die Berater kennen, und hyperkomplexe Strukturen spielen dabei keine Rolle. Kinzels Paradigma: Flexibilität, Kreativität und Demut, um optimal auf Kundenwünsche eingehen zu können. "An sich selbst glauben, im richtigen Augenblick Gas geben, aber auch wissen, wann man sich zurücknehmen muss", sind ihre Erfolgsprinzipien. Auf die richtige Dosierung komme es an, sagt Kinzel und "optimale Leistung verlangt das richtige Verhältnis von Anstrengung und Ruhe."

Elementar gescheitert ist die Managerin wohl einzig bei der Zielerreichung ihres im Kindesalter wiederholt geäußerten Berufswunsches: Der lautete nämlich "Prinzessin". Bei allem Ernst und Ehrgeiz, mit dem Kinzel Ziele verfolgt, kommen aber auch Genuss und Spaß nicht zu kurz. Auf den häufigen Italien-Reisen etwa, wo sie nicht nur gerne gut speist, sondern auch ihrem Faible für hochqualitative Mode nachgeht, in Kunst und Kultur eintaucht und von wo sie ein Mal im Jahr Augenschmaus und Gaumenfreuden in Form frisch gepflückter Orangen und hochwertigen Olivenöls für enge Bekannte importiert.

Zum Schluss noch ein Tipp für potenzielle Job-Bewerber: Einer endgültigen Personalentscheidung geht bei Kinzel immer ein gemeinsames Essen voraus. Das Vorstandsmitglied der Sares-Invest wertet gekonnten Umgang mit Besteck als eine unserer wichtigen Kulturerrungenschaften. Wer mit gezücktem Messer auf die Pasta losgeht, hat bei ihr keine Karriereperspektiven.

Gundi Wentner ist Headhunterin und Personalexpertin bei Deloitte, Human Capital. Ihre Bewertung: „Besonders Frauen jenseits des 50. Geburtstages erleben häufig, dass sie keine glanzvollen Aussichten auf Top-Positionen im Management haben. Wer allerdings in seinem Lebenslauf aufweist, dass er oder sie mit 48 begonnen hat, internationale Wettbewerbe zu schwimmen und zu gewinnen, atomisiert altersbedingte Vorurteile.


Die Umgebung wahrnehmen und trotzdem in sich selbst fokussiert bleiben, Ausdauer, Konzentration, Disziplin, Teamgeist und das Gespür fürs richtige Timing sind nicht nur beim Schwimmen, sondern umso mehr in den turbulenten Finanzmärkten erfolgsentscheidende Fähigkeiten.


Schnappatmer und Schaumschläger sind in beiden Disziplinen fehl am Platz. Beim Schwimmen führt die blindwütige Erhöhung der Schlagzahl lediglich zur Erschöpfung, nicht aber zu größerer Effizienz: Disziplin und Technik sorgen auch im Investment-Business zum langen, effizienten „Zug“. Langer Atem und Ausdauer sind wichtig, ebenso eine langfristige Strategie, mit der Höchstleister laufend an sich selbst arbeiten und Mitbewerber distanzieren. Das bringt in Stromlinienform und führt zur nachhaltigen Erfolgswelle.“

Marlies Kinzel ist seit 2005 Mitglied des Vorstandes der Sares Invest. Bei der Vermögensverwaltung ist ihr Nachhaltigkeit wichtig. Bei konservativer Veranlagung ist eine Wertsteigerung von 2,5 Prozent pro Jahr durchaus erfreulich. Kinzel: „Nichts steigt jedes Jahr um zehn Prozent. Solche Versprechen sind ebenso absurd wie jene von der ewigen Jugend, der ewigen Liebe oder von Kommunismus ohne Gewalt.“


Die Sares Invest GmbH ist eine Vermögensverwaltung für private und institutionelle Anleger. Das achtköpfige Team erstellt umfassende Veranlagungskonzepte und setzt auf persönliche Betreuung. Der Wert der verwalteten Portfolios rangiert zwischen 500.000 und acht Millionen Euro. Die Turbulenzen der vergangenen Jahre hat die Gesellschaft unbeschadet überstanden.

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