Schwarze Zahlen, bunte Bilder

Georg Pölzl, Vorstandsvorsitzender und Generaldirektor der Österreichischen Post AG
Post-General Georg Pölzl verschrieb dem gelben Riesen ein "Feuerwerk an Innovationen". Wie wichtig ihm neue Wege sind, zeigt er auch als Sammler und Förderer moderner Kunst.

Der 59-Jährige arbeitet an diesem grauen Winter-Nachmittag gerade seine Unterschriftenmappe ab. Hinter seinem Schreibtisch hängt ein Bild der jungen bulgarischen Künstlerin Borjana Ventzislavova (siehe Titelseite). Es zeigt eine Wüstenlandschaft mit Neonschriftzug: "I have the dream". Vor sich am Beistelltisch ein Traum, der schon heuer Wirklichkeit wird: ein Holzmodell der künftigen Postzentrale, entworfen von Schenker Salvi Weber – Architekten des Jahres 2016 –, die Ende 2017 bezugsfertig sein soll. "Menschen prägen Räume und Räume prägen Menschen", konstatiert Georg Pölzl, der seit 2009 am Steuerrad des allein in Österreich 18.000 Personen beschäftigenden "gelben Riesen" steht. "Nur weiße Wände sind nicht erfüllend", weiß der Topmanager, dessen Liebe zur Kunst ihren Ausgang in der Architektur nahm. "Es war während des Baus des T-Mobile-Hauses. Architekt Günther Domenig, der das später mehrfach preisgekrönte Bürogebäude entworfen hat, brachte mich mit verschiedenen Künstlern zusammen. Zum Beispiel mit Brigitte Kowanz, Hubert Schmalix, Erwin Wurm, Franz Graf, Hans Kupelwieser und Walter Vopava.

Bei den Kunst-Studenten

"Nach seiner Arbeit kam Pölzl oft in die Klasse und hat sich alles angeschaut, was die Studierenden gerade machten. Er hat es sichtlich genossen, in der Klasse zu sitzen, mit den Leuten zu sprechen und sich die Arbeiten erklären zu lassen", erinnert sich Hubert Schmalix an die Zeit, als er an der Akademie der bildenden Künste als Professor unterrichtete. Und: "Ich war sehr beeindruckt von seiner Offenheit und seinem Talent, mit den Studenten zu kommunizieren. Er hat auch einige Bilder von jungen Künstlern gekauft. Sein Haus ist mittlerweile voll mit Kunst von jungen und alten, von bekannten und unbekannten Künstlern."

Pölzl sammelt aber nicht nur privat Kunst, sondern sorgt auch dafür, dass seine Mitarbeiter und seine Kunden mit ihr in Berührung kommen, sich mit ihr auseinandersetzen. Als Postgeneraldirektor bringt er Kunst in den Bau ein, fördert Kunstinstitutionen wie Galerien oder das Leopold-Museum, die wiederum Tickets für die Post-Mitarbeiter zur Verfügung stellen. Pölzl hat auch einen jährlichen Briefmarkenwettbewerb für Künstler ins Leben gerufen, deren prämierte Entwürfe umgesetzt werden. "Moderne Kunst ist für mich weit mehr als ein Hobby. Sie bietet die Möglichkeit, aus der Businesswelt herauszutreten und sich Neues zu erschließen", sagt er.

Das ist gerade in der gelben Businesswelt wichtiger denn je. Pölzls Hauptherausforderungen an der Spitze des noch mehrheitlich in Staatsbesitz befindlichen börsenotierten Konzerns sind die Erhaltung und Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit, die Intensivierung der Kundenorientierung und die Kompensation schrumpfender Bereiche. Die Briefzustellung geht jährlich um drei bis fünf Prozent zurück. Gefragt sind wachstumsfähige Geschäftsideen für einen seit 2011 vollkommen liberalisierten Markt.

Kosten senken und investieren

Der erfolgreiche Sanierer – der Deutschen Telekom sicherte er in weniger als zwei Jahren ein Einsparungspotenzial von drei Milliarden Euro – weiß freilich: Nur mit Sparen ist kein Staat zu machen. Der Autor des Ratgebers "Erfolgreiche Unternehmensführung – 111 Konzepte, die Sie kennen sollten" weiß, wo man bremsen und wo man Gas geben muss. So kündigte er Ende 2011 an, Kostensenkungen fortzusetzen, aber auch zu investieren. Und versprach gleich "ein Feuerwerk an Innovationen". Dazu gehört etwa das zwei Mal wöchentlich gelieferte Kuvert mit Postwurfsendungen oder die Post-Empfangsbox, in der die Zusteller im Haus Pakete hinterlegen können. Die Produktpalette soll sich übersichtlich auf die drei Sendungsarten Brief, Päckchen und Paket reduzieren. 2017 ist der Start des derzeit im Betatest befindlichen Marktplatzes Shöpping geplant, einer Internetplattform mit Angeboten des österreichischen Handels für Österreicher. Dass neue Wege auf Widerstand stoßen, ist wenig überraschend. "Ich war in jeder Verhandlungssituation von Streikdrohungen begleitet", resümiert Pölzl.

Vielleicht liegt ein Teil seines Erfolges darin begründet, dass Pölzl Hobbys pflegt, die einen weiterbringen: Als passionierter Segler versteht er den Kurs zu setzen, klar zu kommunizieren und die Mannschaft bei Laune zu halten. Als leidenschaftlicher Tänzer führt er wortlos, aber mit Taktgefühl. Und als Kunstsammler hat er den Kopf frei für neue Zugänge und Perspektiven.

„Probleme kann man niemals mit derselben Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind. Wenn man nicht gegen den Verstand verstößt, kann man zu überhaupt nichts kommen“, hat der Physiker Albert Einstein erkannt.

Innovation, heute der wichtigste Wachstumstreiber der Wirtschaft, die sich im Transformationsprozess von analogen zu digitalen Geschäftsmodellen befindet, verlangt Querdenker. Künstler sind wohl die einzigen Zeitgenossen, die keine Schere im Kopf haben. Wer Kunst sammelt und sich auch mit jungen und nicht nur mit arrivierten Künstlern eingehend beschäftigt, zeigt Offenheit und Neugierde für nicht immer Gefälliges und stärkt dabei die eigene Innovationskraft.

Führungskräfte, die sich wie Georg Pölzl als Förderer einsetzen und einem dazu gegründeten Verein (Circle of Patrons) vorstehen, stellen die persönliche Vernetzungsbereitschaft und gesellschaftliches Engagement an den Tag. In einer Zeit, in der interdisziplinäres Denken und Handeln Voraussetzung für Erfolge sind, unverzichtbare persönliche Kompetenzen, nicht nur für einen Post-General.“

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