Scheitern muss jeder
Scheitern ist ein Makel. Einer, der vertuscht wird. Man fürchtet die bösen Reaktionen, zieht sich zurück, büßt Selbstvertrauen ein, versinkt in der Schmach. Dabei ist Scheitern alltäglich, die größten Erfindungen der Geschichte sind auf Niederlagen zurückzuführen: Thomas Edison verbrauchte über 9000 Kohlefäden, bis er den einen fand, der die Glühbirne zum Leuchten brachte. In seinen Notizen standen neben jedem missglückten Versuch die Buchstaben T.A. – Try again. Seine Bemerkung dazu: „Unsere größte Schwäche ist das Aufgeben. Der sicherste Weg zum Erfolg besteht darin, immer wieder einen neuen Versuch zu wagen.“
Zum Scheitern stehen
„Geschichten über das Scheitern sollen anderen Mut machen“, sagte Gerhard Scheucher am Montag bei seiner Buchpräsentation zu der er ins Palais Eschenbach lud. Nach der Lesung diskutierten Experten aus Wirtschaft, Sport und Kultur: Isabella Hren, Vorstandsmitglied der Vienna International Hotelmanagement AG, Bernhard Kohl, Ex-Radrennfahrer und heute Unternehmer, der ehemalige Skispringer, heute Eventmanager Hubert Neuper und Kabarettist Günther Paal (Gunkl) gewährten tiefe und berührende Einblicke in persönliche Rückschläge und verrieten Methoden, mit denen sie sie überwunden haben.
Die Wende nach dem Fall
Der Champagner spritzte, als Bernhard Kohl 2008 auf dem dritten Platz des Tour-de-France-Stockerls und dem Höhepunkt seiner Karriere stand. Kurz darauf wurde er des Dopings beschuldigt, sein Titel annulliert, wenig Zeit später sein Rücktritt kommuniziert. Das ganze Land sah dem damals 26-Jährigen beim kapitalen Scheitern zu. Kohl war am Boden. Der Aufwind kam erst mit seiner Flucht nach vorne: „Reinen Tisch machen, Fehler eingestehen, im familiären Kreis wieder Rückenwind finden“, erzählt Kohl von der schwierigen Zeit. Vier Jahre später führt er Österreichs größtes Radgeschäft und sieht die Dinge recht locker. „Es war damals nicht das Ende der Welt. Ich bin jetzt verheiratet, habe eine gesunde Tochter – es sind andere Dinge wichtig.“
Sein Sportler-Kollege Hubert Neuper avancierte in den 80ern zum Skisprung-Superstar, 1980 gewann er als Erster in der Geschichte den Gesamtweltcup. Medienberichte über eine angebliche Steuerhinterziehung stürzten ihn aber in ein Tief, das er stets mit Fröhlichkeit überspielen wollte. Sein Rückzug führte ihn für fünf Monate in die USA – zum Nachdenken. Seine Erkenntnis: Das Selbstmitleid muss aufhören, er muss Freunden und Familie von seinen Gefühlen erzählen. Heute weiß er: „Sorgen erdrücken. Isolation nach dem Scheitern ist das Schlimmste. Man muss offen zu sich selbst stehen.“
Es ist bereits das dritte Buch, in dem sich der Autor mit dem in der Gesellschaft verpönten Thema Scheitern beschäftigt. In kurzen Geschichten und Anekdoten zeigt Scheucher diesmal, warum sich ein Aufrappeln nach einer Niederlage immer lohnt. „Scheitern ist sehr persönlich und individuell. Eine generelle Formel, wie man wieder aufsteht, gibt es also nicht. Doch viele große Biografien fingen mit einem Scheitern an. Eine Niederlage kann man also riskieren.“
Ein Irrer schreitet die Parade ab ist im Ibera Verlag erschienen, 18 Euro.
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