„Meinen Uropa, Fritz Wutscher, habe ich noch persönlich kennengelernt“, erzählt Fritz Wutscher als der KURIER im verregneten Graz beim Wutscher-Headquarter eintrifft. „Er war Uhrmacher und Juwelier in Kärnten. Mein Opa, Fritz Wutscher, war Uhrmachermeister – und mein Vater (ebenfalls Fritz Wutscher) hat 1966 das Wutscher-Unternehmen gegründet“, berichtet er weiter, als wir durch einen Raum voller bunter Brillen spazieren.
Der Familienbetrieb wird seit Februar 2024 von seinen beiden Kindern Alexandra und (wie könnte es anders sein) Fritz Wutscher jr. geleitet – eine sehr emotionale Übergabe, wie sie im Gespräch berichten. Zunächst muss jedoch noch eine andere Frage geklärt werden.
KURIER: Sind Sie als Fritz Wutscher junior, der fünfte Fritz Wutscher?
Fritz Wutscher jr.: Eigentlich bin ich schon der sechste. Diese Tradition ist etwas Schönes, das wir beibehalten möchten. Und der Name Fritz trifft offenbar einen Trend. Wir haben unsere Exklusivmarke „Fritz“ getauft und werden öfter auf den „coolen Namen“ angesprochen.
Sie sind Geschäftsführer in dritter Generation, haben eine Doppelrolle als CEO und CMO inne. Ihre Schwester ist CEO und CHRO. War von Anfang an klar, dass Sie beide übernehmen werden?
Wutscher jr.: Mein Name hat vorgegeben, dass ich einsteigen werde. Schon als Kind habe ich den Papa gerne in der Arbeit besucht. Für mich hat es nie einen anderen Beruf gegeben, außer Profisportler oder ähnliches (lacht).
Alexandra Wutscher-Hold: Ich habe mich erst nach der Matura entschieden, ins Familienunternehmen einzusteigen. Weil ich gemerkt habe, dass es Bereiche gibt, in denen ich mich einbringen könnte.
Wie wurde die Übernahme im Betrieb aufgenommen?
Fritz Wutscher: Nahtlos. Mitarbeiter meinten, dass sie gar nicht spüren, dass es eine Veränderung gegeben hat. Das zeigt mir, dass Akzeptanz und Respekt da sind. Ich sehe diese Übergabe als meinen größten Erfolg in 24 Jahren als Geschäftsführer.
Wie ist Ihnen das gelungen?
Wutscher: Mir war immer wichtig, dass meine Kinder alle Phasen der Unternehmensentwicklung erleben. Aber auch, dass sie früh genug zu mir kommen, damit sie mich beruflich kennenlernen, mich beobachten und das Gute für ihre Führung mitnehmen.
Woran erkennt man den perfekten Zeitpunkt für eine Betriebsübergabe?
Wutscher: Im Jahr 2000 habe ich ein schuldenfreies, gesundes Augenoptikunternehmen übernommen. Mein Vater hat sich sofort zurückgezogen und mich als Berater unterstützt. So etwas wollte ich auch meinen Kindern ermöglichen – und das in einem Alter, in dem ich noch fit und klar im Kopf bin. Man darf als Geschäftsführer nicht zu lange festhalten und die nachfolgende Generation blockieren. Die Jungen haben Dynamik und Begeisterung. Deswegen wusste ich, dass jetzt der ideale Moment war.
A. Wutscher: Wir waren bereit. Wir sind schon seit 16 Jahren im Unternehmen tätig, kannten uns also schon gut aus. Mein Vater ist auch ein extrem erfolgreicher Unternehmer und Visionär in der Branche. Da lernt man viel. Wir fragen heute noch nach seinem Rat und besprechen uns einmal im Monat.
Wutscher jr.: Der Zeitpunkt selbst war überraschend. Wir wussten nicht, wann es so weit sein wird. Ich denke, unser Vater wusste es selbst nie so richtig. Wir waren sehr traurig und haben Tränen vergossen, als er es uns erzählt hat. Man verabschiedet sich immerhin vom besten Freund und Arbeitskollegen.
Wutscher: Früher haben wir uns beruflich nahezu jeden Tag gesehen und jetzt sehen wir uns privat öfter. Wir machen da aber eine Trennung: Privat wird nicht über das Geschäft gesprochen – aus Rücksicht auf unsere Partner.
A. Wutscher: Das steht auch in unserer Familienverfassung.
Familienverfassung?
A. Wutscher: Das ist ein echtes Buch mit goldener Aufschrift. Wir haben in den vergangenen zwei Jahren gemeinsam daran gearbeitet. Es ist wie ein Kochrezept, wo wir die wichtigsten betriebswirtschaftlichen Regeln und Kernwerte niedergeschrieben haben. Etwa, dass wir loyal sind, auf Handschlagqualität setzen und nicht protzen.
Steht etwas Überraschendes drinnen?
Wutscher jr.: Zum Beispiel, dass wir nicht politisch sind und dass unsere Partner nicht im Unternehmen beschäftigt werden dürfen.
Wutscher: Regeln und Traditionen sind sehr wichtig. Vieles funktioniert bereits, wenn ein Unternehmen in der dritten Generation ist. Da muss man nicht alle großen Prozesse permanent hinterfragen und übermütig sein. Aber natürlich entwickeln sich Kundenwünsche, Brillenmode, Technik und auch die Ansprüche. Nachhaltigkeit ist da etwa ein Thema.
Wutscher jr.: Man muss mit der Zeit gehen, sonst geht man mit der Zeit.
Herr Wutscher, in einer Aussendung sagen Sie: „Als Eigentümer schaue ich, dass die humanistischen Werte weitergelebt werden“. Wie kann man sich das vorstellen? Tauchen Sie unangekündigt zur Kontrolle auf?
Wutscher: Natürlich. Immer wieder. Wenn ich unterwegs bin und an einem Wutscher-Geschäft vorbeikomme, schaue ich auch rein, begrüße meine Mitarbeiter. Da fällt mir manchmal das Ein oder Andere auf, was ich später unter vier Augen mit den Zuständigen bespreche.
Wutscher jr.: Es soll sich aber keiner fürchten (lacht).
Ist diese Genauigkeit Nebeneffekt eines Familienbetriebs?
Wutscher: Unsere Mitarbeiter liegen uns am Herzen. Man ist in einem Familienbetrieb nicht auf jedes Quartalsergebnis fokussiert, sondern denkt in Generationen. Wir schauen auf Langfristigkeit, setzen auf unser Team. Das ist wichtiger als der schnelle kurze Gewinn.
A. Wutscher: Der Familienaspekt macht die Arbeit aber auch emotional. Oft fällt es schwer, die Rolle der Tochter bzw. Schwester und der Kollegin voneinander zu trennen. Gleichzeitig ist es unglaublich schön, wenn man mit den Liebsten zusammenarbeiten kann. Dadurch geht viel weiter.
Die Geschichte 1966 gründete Fritz Wutscher sen. ein Optikfachgeschäft in Eisenerz in der Steiermark. „Ein Ein-Mann-Betrieb in einem Kiosk“, erzählt sein Sohn Fritz Wutscher, der 2000 das Unternehmen übernommen hat.
Die Geschäftsführer Heute ist Fritz Wutscher Eigentümer des Betriebs. Seit Februar 2024 sind seine beiden Kinder Alexandra und Fritz Wutscher jr. Geschäftsführer– in Doppelrollen: Alexandra Wutscher-Hold ist Personalchefin und Fritz Wutscher jr. Marketingchef der Firma
Das Unternehmen Aktuell gibt es rund110 Wutscher-Geschäfte in Österreich mit rund 800 Mitarbeitern
Was erwarten Sie sich von den kommenden Jahren?
Wutscher jr.: Wir schauen, dass wir die Firma kompetent weiterführen. Es gibt genug Unternehmen, die von Nachfolge-Generationen an die Wand gefahren worden sind. Wir wollen es aber „enkelsicher“ machen. Dafür investieren wir viel Geld und Energie. Das Wichtigste ist, dass das Unternehmen weiterhin gesund bleibt und mit Eigenkapital finanziert wird.
Wollen Sie sich nicht auf Fremdkapital verlassen?
Wutscher: Ich habe auch privat keinen einzigen Cent Schulden. Mir ist wichtig, dass das Unternehmen auf einer soliden Basis aufgebaut ist.
Fällt das in Zeiten der Rezession schwer?
A. Wutscher: Wir haben ein krisensicheres Produkt. Sehen werden die Leute immer müssen. Wir waren bisher schuldenfrei und hatten keinen Investitionsstau. Sorgen mache ich mir also keine.
Wutscher: Wobei man sich immer Sorgen macht, allein schon wegen der externen Krisen, die man wenig beeinflussen kann. Und diese Sorgen begleiten mich. Es ist ein hoch kompetitiver Verdrängungsmarkt.
Das spürt man auch in der Personalsuche.
A. Wutscher: Die heutige Arbeitsmoral ist schwierig. Deswegen versuchen wir das Sinnstiftende an der Arbeit in den Vordergrund zu stellen. Und es kommt gut an – auch bei der Jugend. Sie sind stolz, für ein Familienunternehmen zu arbeiten.
Wutscher jr.: So war das aber schon immer. Wir haben einen 72-jährigen Mitarbeiter. Er ist der dritte Mitarbeiter, den Wutscher je eingestellt hat. Und er will bleiben. Er fragt manchmal, wie lange wir ihn noch behalten werden. Wir antworten jedes Mal: Solange du bleiben willst.
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