Vielshopper erlebten in den vergangenen Wochen bei Online-Händler Zalando mitunter eine böse Überraschung. Ihre Kundenkonten waren plötzlich gesperrt. Für ein Jahr werden sie von Bestellungen ausgeschlossen. Laut Zalando hatten sie zu viele Waren retour geschickt.
Seit März ist die neue Regelung in Kraft und sorgt für Aufregung. Laut dem Verein für Konsumenteninformation(VKI) ist es auch in Österreich zu Kontosperren gekommen. Zalando, der jeher mit kostenlosen Retouren geworben hat, ist nicht das einzige Unternehmen das zuletzt seine Rücksende-Bedingungen geändert hat.
Gebühren sind keine Ausnahme
Anfang des Jahres hat H&M seine Rücksendegebühr von 2,99 Euro auf seine Member-Kunden ausgeweitet. Asos verlangt für bestimmte Kunden, "deren Verhalten dafür sorgt, dass ein nachhaltiger Service nicht aufrechtzuerhalten ist" Gebühren von 4,95 Euro pro Rücksendung. Und sogar Amazon verlangt unter gewissen Voraussetzungen Geld für das Retournieren von Waren.
Ist also das Ende der Gratis-Rücksendung gekommen? Und wer profitiert von den Gebühren?
Laut dem Handelsverband Österreich sind die Gratis-Retouren einst eingeführt worden, um den Menschen die Scheu vor dem Online-Handel zu nehmen. Schon in den vergangenen Jahren hätte sich aber eine Abkehr von diesem Geschäftsmodell gezeigt, um besonders unbedachte Bestellungen zu reduzieren. Die Kosten für Retouren - insbesondere im Modebereich - seien für die Unternehmen nämlich enorm und würden für viele Händler zu den größten wirtschaftlichen Herausforderungen zählen, sagt Geschäftsführer Rainer Will.
"Im Fashion-Bereich liegt die Retourenquote im langjährigen Schnitt zwischen 40 Prozent und 60 Prozent. Zum Vergleich: Im Elektro- und Elektronikhandel sind es etwa 10 Prozent, bei Büchern oder Sportartikeln liegen die Retourenquoten im einstelligen Bereich", betont Will.
Rücksendung kostet Unternehmen 10 Euro
Die durchschnittlichen Kosten pro Retoure im Modehandel würden dabei grob geschätzt bei 10 Euro liegen. Neben den Postgebühren fällt aber auch das Handling bei der Rücknahme und der Qualitätsprüfung bis hin zur Wiederaufbereitung der Waren ins Gewicht.
"Zusätzlich müssen die Artikel wieder ins Lager integriert, die Retoure im Warenwirtschaftssystem rückgeführt und von der Buchhaltung rückgerechnet werden", erklärt Will. Dazu kommt die Abschreibung der Abwertung der Ware.
Was ebenfalls problematisch ist: Bei einem Teil der retournierten Ware ist kein regulärer Wiederverkauf mehr möglich – diese kann nur noch mit hohen Rabatten verkauft oder muss eventuell sogar entsorgt werden.
Doch vermeiden werden sich Retouren beim Online-Handel nicht lassen. Zu verschieden sind die Kleidergrößen bei den diversen Händlern. Und nicht jeder Style passt zu jedem Träger.
Virtuelle Umkleidekabine
Auf dieses Problem versucht der Modehandel mit besseren Produktdarstellungen zu reagieren. Hochwertige Produktfotos oder Videos sind auf den Seiten der Händler mittlerweile Standard. Auch genaue Artikel- und Passformbeschreibungen sollen den Kunden bei der Wahl der richtigen Größe helfen. Neu sind analoge und digitale Beratungsangebote wie etwa eine virtuelle Anprobe oder Hilfe durch einen Chatbot.
Ein weiterer Punkt, der Unternehmen zum Umdenken bewegt, ist die EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD). Im Zuge dieser müssen Unternehmen ihre Klimabilanz offenlegen. Retouren sind hier laut dem Handelsverband ein relevanter Aspekt. "Unternehmen stehen also unter wachsendem Druck, ihre Emissionen zu senken und nachhaltiger zu wirtschaften. Jede Retoure verursacht im Schnitt 500 Gramm zusätzliches CO₂", erklärt Will. Auch bei vielen Kunden würden die Emissionen und der Verpackungsmüll in den Fokus rücken.
"Eine zumindest teilweise Herstellung der Kostenwahrheit ist deshalb durchaus im Sinne aller", meint Will.
Bei Zalando seien laut Unternehmen nur 0,02 Prozent der Kunden von den Sperren betroffen. Laut Wirtschaftswoche sind das bei 50 Millionen Kunden, rund 10.000 Konten. Genaue Angaben zu den Parametern nach denen eine Sperre erfolgt, fehlen. Laut Handelsverband gehe es um jene, die systematisch missbräuchlich retournieren.
Das Verbraucherzentrum Österreich sieht das Vorgehen des Berliner Moderiesen allerdings als unzulässig an. Kunden stehe bei Bestellungen im Internethandel aufgrund des Fern- und Auswärtsgeschäftegesetztes ein Widerrufsrecht zu und das ohne Angabe von Gründen. "Dass Konsumenten deshalb die Konten gesperrt werden, sehen wir als rechtlich nicht zulässig", erklärte Experte Reinhold Schranz bereits vor wenigen Tagen gegenüber den KURIER.
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