Online: Bedrohung oder Chance?
Vier von zehn Österreicher kaufen mit dem Laptop, jeder Dritte mit dem Smartphone – die Ergebnisse der aktuelle Studie Österreichs Online-Shops von Marketagent.com unter 1500 Österreichern zeigen: Online- Shopping liegt im Trend.
Doch was bedeutet das für den heimischen Handel und seinen über 500.000 Beschäftigten? Schlechte Nachrichten, da vermehrter Online-Handel Jobs kosten wird? Oder gute Nachrichten, da sich dadurch jede Menge neue Chancen ergeben? "In manchen Branchen wie dem Buch- oder Elektrohandel ist die Bedrohung massiv. Im Lebensmittelhandel dagegen bleibt die Bedeutung marginal", sieht Peter Schnedlitz, Institutsvorstand Handel&Marketing der WU Wien die Situation differenziert. Im Hinblick auf die sozialen Aspekte des Internetgeschäfts warnt der Experte allerdings vor einer Proletarisierung der Handelsmitarbeiter. "Es entsteht etwa bei den Hauszustellern ein neuer Typ an Selbstständigkeit, der aber prekäre Einkommenssituationen mit sich bringen kann. Für eine Abgeltung von fünf Euro pro Zustellung kann man in einem Land wie Österreich kein kostendeckendes Modell realisieren", meint er. Dazu kommt laut Schnedlitz die Verlagerung der Arbeitsplätze vom Status der Handelsangestellten mit einem hohen Sozialkontakt hin zum Beschäftigungsprofil des Lagerarbeiters im Verteilzentrum. "Die Handelslandschaft" konstatiert er, "polarisiert und zersplittert sich."
Neue Symbiosen?
Aber nicht nur die Mitarbeiter, auch die Eigentümer von Handelsfirmen stellt der Online-Trend vor Herausforderungen. Webauftritt und -shops sind zwar heute ein Muss, deshalb aber keine Goldgrube. Vor allem kleinen Betriebe kosten sie oft mehr Geld, als sie bringen, zeigen Umfragen. Das Online-Geschäft dominieren Amazon, Otto und Zalando.
Die Branche muss trotzdem reagieren. Schnedlitz: "Gerade der stationäre Handel muss intelligenter und spannender werden, damit die Kunden nicht ins Internet abwandern." Er rät dazu, die rigide Trennung zwischen Online und stationärem Handel zu überwinden. So könnten neue und intellektuell anspruchsvolle Berufsfelder jenseits des traditionellen und eher operativ geprägten Handelsmanagements entstehen.
Eine positive Entwicklung ist laut Schnedlitz, dass es im Handel wieder mehr "menschelt" – und zwar im Internet wie im stationären Handel. "Letztlich wollen Menschen von Menschen kaufen und nicht von Maschinen. Qualifizierte und engagierte Mitarbeiter sind am Ende der entscheidende Erfolgsfaktor", so der Experte.
Wer in der Branche auch morgen Erfolg haben will, sollte sich daher der Wuzeln besinnen. Schnedlitz: "Fleiß, das Wissen um die Ware, betriebswirtschaftliches Verständnis und psychologisches Einfühlungsvermögen waren immer die Basis-Qualifikationen im Handel. Da wird sich auch in der Zukunft nichts daran ändern."
Wie steht es um die Handelsbranche in Österreich? Contrast Management-Consulting hat zum Thema Vertriebsexzellenz eine Studie mit den heimischen Top-1000-Unternehmen durchgeführt. Das Ergebnis: 91 Prozent der Unternehmen geben an, dass die Wettbewerbsintensität und der Preisdruck steigen oder stark steigen. Gleichzeitig sehen 95 Prozent der Unternehmen eine steigende Bedeutung des Vertriebs für ihren Unternehmenserfolg.
Interessant dabei: Zwei Drittel der Unternehmen sehen keine steigende Bedeutung des Online-Vertriebs.
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