Unsichtbare Jobs: Österreicher schätzen HandelsmitarbeiterInnen, PflegerInnen und Co wenig
Vor einiger Zeit noch wurde für sie geklatscht. In Österreich traten um 18:00 BewohnerInnen auf Balkone und an die Fenster. Die sogenannten „Systemrelevanten“ bekamen kurzfristig die Anerkennung, die sie verdient haben. Und Klatschende brüstenden sich mit ihrem plötzlichen Bewusstsein für die Menschen, die dafür sorgten, dass unser aller Leben trotz Lockdowns und grassierender Pandemie halbwegs reibungslos vonstatten ging. Nun ist die Arbeit von HandelsmitarbeiterInnen, PädagogInnen und PflegerInnen wieder in den Hintergrund gerückt. Sie leisten in der Gesellschaft wieder unsichtbare Arbeit.
Die Folgen der Unsichtbarkeit
Diese „unsichtbaren“ Jobs werden schlechter bezahlt, erfahren geringere Wertschätzung in der Gesellschaft, was wiederum zu einem geringerem Selbstwert bei den Arbeitenden führt. Das ist das Ergebnis einiger Forschungsarbeiten österreichischer WissenschafterInnen. Betroffen sind unter anderem KindergartenpädagogInnen, Reinigungskräfte oder auch 24-Stunden-PflegerInnen. Hinzu kommt, dass diese Arbeiten häufig von Frauen ausgeübt werden.
Bereits im vergangenen Jahr haben Erhebungen der Arbeiterkammer Oberösterreich gezeigt, dass 66 Prozent der systemrelevanten Jobs in Österreich von Frauen gemacht werden. Viele von Ihnen klagen über schlechte Entlohnung, unregelmäßige Arbeitszeiten. Gut drei Viertel von Ihnen fürchten, einmal zu wenig Pension zum Leben zu haben.
Ausbildung oft Schlüsselfaktor
Gründe für die geringe Wertschätzung und die Unsichtbarkeit in der Gesellschaft sind vielfältig, und reichen von Arbeit in Tagesrandzeiten bis hin zum Fehlen von höheren Ausbildungen. So erfahren das etwa KindergartenpädagogInnen, da es in Österreich dafür keine akademische Ausbildung braucht. Offenbar werden „fachliche Kenntnisse und Fertigkeiten von Frauen nicht ihrer Ausbildung, sondern ihren scheinbar natürlichen Fähigkeiten zugeschrieben. Entsprechend weniger werden diese als Kompetenz gewertet, die es auch angemessen zu entlohnen gilt“, kritisiert Julia Seyss-Inquart, Professorin an der kirchlich-pädagogischen Hochschule Graz.
„Unsichtbar“ gemacht werden auch Reinigungskräfte. Sie arbeiten meist zu Tagesrandzeichen. Das wiederum hat zur Folge, dass ihr Sozial- und Familienleben negativ beeinflusst wird, hat Karin Savadar von der Wiener Wirtschaftsuniversität erforscht.
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