No Limit: Autor Jens Balzer zeigt, welche Freiheiten die Neunziger gaben und wieder nahmen
Heute ist sie da. Die Digitalisierung mit all ihren Vor- und Nachteilen. Ihre wohl rasendste Entwicklung legte sie in den Neunzigern hin, als die ersten Knoten des World Wide Web geknüpft wurden und Mobiltelefone die zwischenmenschliche Vernetzung revolutionierten.
„Es ist die Epoche des pausenlosen Kommunizierens“, beschreibt der deutsche Journalist Jens Balzer in seinem neuen Buch „No Limit“, das er nach den Siebzigern und Achtzigern jetzt dem Pop-Jahrzehnt widmete. Grenzen schien es plötzlich keine mehr zu geben – weder physisch durch die bereits gefallene Berliner Mauer, noch beim gepiercten oder tätowierten Erscheinungsbild oder in unserem generellen Freiheitsgefühl.
Das spiegelt sich auch in der Musik wider. In Berlin wird Techno zum Soundtrack der Wiedervereinigung. 1991 eröffnet in Berlin-Mitte etwa der "Tresor", einer der bekanntesten Technoclubs weltweit. "Die Bässe bringen Hosenbeine und Röcke zum Flattern und die Nasenflügel zum Beben", beschreibt Balzer die dort vorherrschende Stimmung.
International stürmt 1993 die Band 2 Unlimited mit "No Limit" die Charts. Das Lied wurde zu einem der größten Hits der Neunziger. "I work real hard to collect my cash" - sprich "Ich arbeite wirklich hart, um mein Geld einzukassieren", singen sie darin.
Doch schnell tun sich Gräben in der vermeintlich grenzenlosen Gesellschaft auf. Angefangen beim Jugoslawienkrieg bis hin zum immer bedrohlicheren politischen Islamismus, der mit dem Anschlag auf das World Trade Center ins neue Jahrzehnt überführt.
Jens Balzer über ein Jahrzehnt, in dem man an die Zukunft glaubte. Zumindest bis ein Kampf der Identitäten entbrannte. Erschienen am 13. Juni 2023.
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