Jobs, die man zu Beginn seiner beruflichen Laufbahn ausübt, begleiten einen nicht zwingend bis zur Pension. Allein im KURIER können die Kollegen kuriose Einstiegsjobs vorweisen – eine machte Werbung für Mozzarella an der Schönberger Mautstelle, eine andere chauffierte Popsänger Shaggy während der Fußball-Europameisterschaft 2008 durch Wien.
Karrieredurchbrüche waren es offenbar nicht und doch sind diese ersten Erfahrungen unglaublich wichtig, sagt Karrierecoachin Christina Strasser. „Es geht um das in sich hineinspüren und erkennen, was einem gefällt und was nicht.“ Passt es nicht, zieht man weiter – immerhin seien die meisten Einstiegsjobs ohnehin geringfügige Anstellungen oder auf Auftragsbasis, sagt Strasser.
Den nötigen Antrieb ins Berufsleben einzusteigen, würde weder die Sinnfrage noch der fundierte Karriereplan geben, sondern der simple Wunsch Geld zu verdienen und das Elternhaus hinter sich zu lassen. Etwas, das auch sieben heimische Erfolgsmenschen – von der Vorständin über den Top-Manager bis zur Unternehmerin – bestätigen. Sie haben dem KURIER verraten, wie das eigene Berufsleben seinen Anfang nahm. Und welche überraschenden Auswirkungen die vermeintlich kleinen Jobs noch heute auf ihre Karriere haben.
Noch in diesem Artikel:
Haya Molcho und die Tupper-Dose
Hansi Hansmann und die Schreibmaschine
Josef Thon und die Leichenhalle
Sabine Herlitschka und die Gewürze
Thomas Arnoldner und die Botengänge
Madeleine Alizadeh und die Schinken-Scheibe
Ali Mahlodji und der wütende Anrufer
Haya Molcho und die Tupper-Dose
Die israelische Köchin und Neni-Gründerin Haya Molcho zählt zu den erfolgreichsten Gastronominnen des Landes, doch begonnen hat alles mit einem Stück Kunststoff, das sie gut zu verkaufen wusste. Während ihrer gesamten Studienzeit veranstaltete Haya Molcho Tupperware-Partys, die kein Gast mit leeren Händen verließ. „Irgendwie habe ich geschafft, dass jede Einzelne mehrere Sets gekauft hat“, erzählt sie. In dieser Zeit lernte sie auch ihren Mann Samy Molcho kennen, der nicht glauben konnte, welches Verkaufstalent die junge Frau an den Tag legte, erinnert sich die Köchin.
Ihr Erfolgsrezept? Niemals Druck ausüben oder das Gegenüber spüren lassen, Geld verdienen zu müssen. „Je lockerer man lässt, desto mehr glauben dir die Leute und sind überzeugt.“ Eine Praxis, die ihr nicht nur ein gutes Studien-Einkommen brachte, sondern auch in den Neni-Lokalen zur Anwendung kommt, sagt Molcho. „Unsere Kellner haben nicht gelernt zu pushen, aber unsere Philosophie zu leben.“
Hansi Hansmann und die Schreibmaschine
Geht es um große Investment-Summen und vielversprechende Start-up-Ideen, tritt Österreichs führender Business Angel Hansi Hansmann auf den Plan. Auch während seines Studiums in den 1970er-Jahren an der WU Wien freute er sich über einen großen Auftritt. Aber nur wenn es darum ging, das Zehn-Finger-System zu vermitteln.
Bewaffnet mit einer überdimensionalen Schreibmaschine hielt Hansmann Schreibkurse in Oberstufen-Gymnasien – primär für Mädchenklassen, was den jungen Hansmann nicht störte. Auch der Verdienst war in Ordnung. Zwar gab es für jede Kurseinheit höchstens 40 Schilling auf die Hand, aber die Fahrten mit dem damals schon uralten Auto haben es wieder rausgerissen, erinnert sich der Investor: „Gefühlt habe ich mit dem Kilometergeld mehr verdient als mit dem Stundenlohn.“
Die „Promi-Jobs“, die Akademiker-Kindern vorbehalten waren, blieben dem heutigen Chef der MA 48 Josef Thon in seiner Jugend verwehrt, erzählt er. Die Familie bestand aus Handwerkern – über sieben Ecken habe es Thon mit 15 geschafft, seinen ersten Ferialjob in einer Zimmerei zu ergattern. Das Ziel? Die Rauchlust und das Moped zu finanzieren, erinnert er sich schmunzelnd. Als am Perchtoldsdorfer Friedhof die Leichenhalle errichtet wurde, war es Josef Thon, der beauftragt wurde, das pyramidenförmige Dach zu streichen. „Ich hatte unglaubliche Höhenangst“, erinnert sich Thon, wobei sich das letztlich nicht als die größte Herausforderung offenbarte.
Denn die Fertigstellung der Halle verzögerte sich und die ersten Leichen trafen ein, als der 15-Jährige noch seine Solo-Schichten absolvierte. Unter den Verstorbenen: ein Radfahrer, über den auch in den Medien berichtet wurde, weil sein Oberkörper bei einem Bahnunfall abgetrennt wurde. „Ich habe bildlich vor Augen gehabt, wie der Zweigeteilte, wie nach einem Zaubertrick, im Sarg liegt “, sagt Thon, der heute dank dieses Jobs zumindest keine Höhenangst mehr hat.
Sabine Herlitschka und die Gewürze
An einem Gewürzregal kann Sabine Herlitschka, Vorstandsvorsitzende von Infineon Technologies Austria und damit eine der erfolgreichsten Top-Managerinnen dieses Landes, nicht vorbeigehen, ohne dass Erinnerungen in ihr wach werden. Denn in ihrer Jugend arbeitete sie in einer Salzburger Gewürzfabrik. „Ich denke noch heute, wenn ich das ein oder andere Gewürz rieche, an diese Zeit zurück“, erzählt Herlitschka.
Zuständig war sie für das Abfüllen der Gewürze – eine monotone Arbeit, die ihr jedoch den Antrieb gab, weiter zu lernen und „die Ausbildung ernst zu nehmen“, so die Managerin. „Mit meinem Studium der Lebensmittel- und Biotechnologie habe ich das dann getan und bin den Dingen tiefer auf den Grund gegangen.“ Dass sie letztlich in der Mikroelektronikbranche Fuß fasste, schreibt sie dem zu, immer schon über den Tellerrand geblickt und Möglichkeiten gefunden habe, sich stets weiterzuentwickeln. Ferialjobs hätten ihr geholfen, herauszufinden, welchen Weg sie weiter einschlagen wollte – und welchen nicht.
Arbeiten darf, wer das neunte Schuljahr erfüllt hat und 15 Jahre alt ist. Aber:
Ab Vollendung des 13. Lebensjahrs dürfen vereinzelte leichte Arbeiten verübt werden – etwa Botengänge oder für Familienbetriebe
Kinderarbeit ist grundsätzlich verboten, außer es sind aus Gefälligkeit erwiesene leichte Hilfeleistungen von kurzer Dauer
Thomas Arnoldner und die Botengänge
„Man könnte meinen, ich hätte schon in meiner Jugend eine Leidenschaft für die Nachrichtenübermittlung entwickelt“, scherzt Thomas Arnoldner, CEO der A1 Telekom Austria Group. 1993, im Alter von 16 Jahren, trat er seinen ersten Job in der Poststelle der Bausparkasse an.
Schon als Kind hatte er ab und zu bei der Post gegenüber beim Austragen geholfen und den Grundstein für eine Karriere gelegt, die später als Praktikant beim Telekommunikationsanbieter Alcatel rasant Geschwindigkeit aufnahm. „Damals war das ein enorm schnell wachsendes Marktumfeld“, sagt Arnoldner. „Ich kann mich an viele schlaflose Nächte und eine aufregende Tätigkeit erinnern, die mich bis heute begeistert.“
Madeleine Alizadeh und die Schinken-Scheibe
Bevor Madeleine Alizadeh als „dariadaria“ den Schritt in die Selbstständigkeit wagte und ihr Mode-Label „dariadéh“ gründete, hatte sie viele Jobs. Sie verteilte in einem Ganzkörperkostüm Blumen, saß an der Hotline eines Traktorunternehmens und verkaufte Wurst und Käse auf einem Bauernmarkt. „Der Stand hatte keine Heizung und ich habe extrem gefroren“, erinnert sich die Unternehmerin.
Mit einem Säbel musste sie die tierischen Produkte per Hand schneiden – eine schwierige Angelegenheit, denn die Kundschaft hatte genaue Vorstellungen davon, wie dick eine Scheibe Schinken sein durfte – und wann die Grenze überschritten war. „Ich bin auf jeden Fall früh mit einer anspruchsvollen Kundschaft in Kontakt getreten“, sagt Alizadeh. Schinken würde sie heute keinen mehr schneiden und doch habe es ihr neue Perspektiven eröffnet. „Lohnarbeit war mir damals kein Begriff und ich weiß heute, dass als Studentin kellnern nicht dasselbe ist wie jemand, der oder die ein Leben lang drauf angewiesen ist.“
Ali Mahlodji und der wütende Anrufer
Auf rund 45 verschiedene Jobs kann Unternehmer und whatchado-Gründer Ali Mahlodji zurückblicken. „Ich war mir für nichts zu schade“, sagt er, wobei er in so manch Aufgabe erst hineinwachsen musste. Etwa als er im Callcenter der Wien Energie (wütende) Anrufe entgegennahm. „Für jemanden, der damals noch gestottert hat, eine unglaubliche Herausforderung“, merkt Mahlodji an. Denn nur selten verlief ein Telefonat von Anfang an freundlich.
Doch das unfreundlichste Gespräch ereilte ihn bereits am ersten Tag, als ein unzufriedener Anrufer drohte, Mahlodji vor dem Callcenter aufzulauern. Der Anrufer tauchte nicht auf, aber erschreckend war es allemal, erzählt der Unternehmer. Missen möchte er die Erfahrung trotzdem nicht. Er habe gelernt, wie großartig Menschen sein können, denen in schwierigen Situationen geholfen wird. Und wie sie abgeholt werden können, egal, in welcher Gefühlslage sie sich befinden.
Dem Callcenter allein verdanke er diese Fähigkeit aber nicht. Geeicht wurde Mahlodji schon mit 19, als er einen seiner ersten Jobs auf der Baustelle antrat. „So viele Sichtweisen wie dort, habe ich nie wieder erlebt“, sagt er. Der Malermeister soll dort zu ihm gesagt haben: „Wenn du es auf der Baustelle schaffst, mit dem Polier, dem Architekten und dem Lehrling, richtig zu sprechen, wirst du im Leben mit jeder Person auskommen.“ Er hat recht behalten, resümiert der Keynote-Speaker. Denn heute spricht Mahlodji mit Schülern und mit Bundespräsidenten. Und das immer gleich – auf Augenhöhe.
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