Neuschnee auf der Haut

Maximilian Schmid, Laurin Akantisz und Philipp Zeppelzauer in T-Shirts ihrer Marke „Neuschnee Organic Snowboarding“.
Die Snowboard-Szene trägt ab jetzt öko: Drei Studenten gründen das Label "Neuschnee".

Es ist das Gefühl der Freiheit, für das die Herzen der drei Männer schlagen. Das Gefühl, wenn an der Bergspitze das Snowboard über die Pisten-Kante kippt oder der freie Fall nach einem "ten-eighty" einsetzt. Immer mehr hat sich bei ihnen aber auch das Bedürfnis eingenistet, mit dem Snowboard mehr zu bewegen als nur den Schnee unter dem Brett. Diese drei Männer – Laurin Akantisz (23), Maximilian Schmid (24) und Philipp Zeppelzauer (21) – wollen das einzigartige Boarder-Lebensgefühl von der Bergspitze zu den Menschen im Tal herunterbringen, ohne dabei die Umwelt zu belasten. Obwohl sie alle noch studieren, gründeten sie vor zwei Monaten das erste Wiener Snowboard-Label aus zur Gänze ökologisch produzierten Stoffen. Mit "Neuschnee Organic Snowboarding" starten sie vorerst mit T-Shirts und Hoodies und bereiten derzeit ihre Frühjahrskollektion vor.

Freunde fürs Boarden

Die drei Freunde kennen einander schon lange. Akantisz und Schmid studieren heute gemeinsam Architektur, Zeppelzauer studiert Sportwissenschaften, zudem Sport und Geschichte auf Lehramt. Man erkennt aber auf den ersten Blick, was sie wirklich verbindet – das Boarden im Blut zeigt gleiche Merkmale: Sie tragen die verwuschelten Haare ins Gesicht, Dreitagebart, bunte Bänder an den Handgelenken und locker sitzende Hoodies der Eigenmarke. Jede freie Minute verbringen sie oben am Berg, mit dem "besten Studentenjob der Welt" – als staatlich geprüfte Snowboardlehrer – bessern sie sich seit einigen Jahren die Kassa auf.

Das Besondere am "Wintermärchen", wie Schmid die Unternehmung nennt, ist, dass es sich so entwickelt, wie seine Produkte es tun: organisch. Neuschnee wächst seit eineinhalb Jahren behutsam heran. Vor dem Launch im Oktober gab es keinen Businessplan, keinen Finanzierungsplan, daher auch keine Verpflichtungen und keinen Druck. Das ist für den Start einer Geschäftsidee ungewöhnlich. Aber nicht unmöglich. Denn Neuschnee war ursprünglich ein Kunstprojekt, das aufgrund der starken Nachfrage zum mit Eigenmitteln finanzierten Selbstläufer und schließlich zur eigenen Marke wurde.

Grünes für die Piste

Das Label ist, wie seine Gründer, blutjung. Seit zwei Monaten erst werden die Klamotten über die eigene Facebook-Seite vertrieben. Die Nachfrage steigt. Als Nächstes soll ein Online-Store her, man ist zudem bereits in Gesprächen mit Wiener Surf- und Snowboard-Shops, die die Frühjahrskollektion ins Sortiment aufnehmen wollen. Ein gutes Indiz dafür ist allemal, dass die Besitzer dieser Szene-Geschäfte die Mode selbst bereits tragen.

Neuschnee kommt aber nicht nur wegen der Designs gut an – die grüne Idee trägt das Business. Die unbehandelten T-Shirts und Hoodies werden bei einem "Fair Wear" zertifizierten Großhändler gekauft, bei Österreichs einziger GOTS (Anm. biologische Druckfarbe) zertifizierten Textil-Werkstatt in Wien bedruckt und wandern zum Annähen der Labels zu einem weiteren KMU. Designt, gewaschen, gebügelt, gelagert und versendet wird vom "Headquarter" aus – von Schmids Zuhause. Das müssen die drei auch, denn nachhaltige Produktion ist nicht billig. Sie müssen so viel es geht selber machen. Die Vorfinanzierung von Neuschnee aus eigener Tasche ist dennoch beinahe zur Gänze durch die Verkäufe gedeckt. Am besten gehen übrigens die Motive "Snowboard Zitron" und "Powder Ranger", die Shirts sind um 35 Euro, die Hoodies um 65 Euro zu haben.

Das eigene Business ist für alle Neuland. "Wir hatten Hunderte ,erste Male‘ im vergangenen Jahr", so Akantisz. Obwohl Neuschnee zu einem "Vollzeitjob mit Überstunden" avanciert ist, wollen sie das Studium nicht aufgeben. Akantisz: "Wie sich das Geschäft entwickeln wird, wissen wir natürlich nicht. Wir nehmen es aber ernst und wollen mit den grünen Produkten wachsen."

1. Philipp Zeppelzauer: Trau dich. Auch wir hätten noch länger an der Marke arbeiten können, aber irgendwann ist der Zeitpunkt da, da muss man die Idee schließlich durchziehen. Das ist dann ein tolles Gefühl. Laurin Akantisz: Irgendwann ist genug gesprochen worden. Dann muss es losgehen.

2. Philipp Zeppelzauer: Klein anfangen und langsam mit der Nachfrage zu wachsen gibt mehr Sicherheit, als von Beginn an mit hohen Erwartungen und Druck zu starten. Das gilt besonders dann, wenn man den Erfolg vom Projekt noch nicht abschätzen kann.

3. Maximilian Schmid: Wir sind sehr jung und wollten uns daher kein Geld leihen oder uns mit Krediten belasten. Wir haben alles, was wir investiert haben, aus eigener Tasche mit Nebenjobs vorfinanziert. Philipp Zeppelzauer: Was du alleine machen kannst, mach allein. Schon gar nicht wollten wir uns – wie es für manche in unserem Alter vielleicht so wäre – an unsere Eltern wenden.

4. Laurin Akantisz: Finde die passende Balance zwischen Geschäft und Kreativität. Es braucht ein Konzept, den klaren Überblick über Zahlen und Pläne, man muss aber auch dem Bauchgefühl genügend Freiraum geben.

5. Maximilian Schmid: Zu gründen kann anstrengend sein. Es gibt Durststrecken, in denen kaum etwas passiert. In diesen Phasen sollte man stolz auf die bisherige Entwicklung sein. Auch wenn niemand weiß, wohin die Reise geht, kann man bereits auf tolle, einzigartige Erfahrungen zurückblicken.

Kommentare