Multimillionen Investment für österreichisches Start-up Tractive

Multimillionen Investment für österreichisches Start-up Tractive
Tractive holte sich für sein Haustier-Ortungssystem ein 35-Millionen-Dollar-Investment. Gründer Michael Hurnaus im Interview

KURIER: 2013 haben Sie auf der CES (weltgrößten Technologiemesse) Ihren Haustier-Tracker Tractive vorgestellt. Vergangene Woche haben Sie ein Investment von 35 Millionen Dollar von dem US-Investor Guidepost erhalten. Wieso so ein Rieseninvestment?

Michael Hurnaus: Wir sind seit 2013 sehr, sehr gut gewachsen. In Europa sind wir die Nummer eins. Seit Juli sind wir auch in den USA vertreten. In Summe sind wir zwar Weltmarktführer, aber in den USA noch nicht. Es ist unser Ziel, auch dort klar die Nummer eins zu werden.

Gibt es tatsächlich so einen großen Markt für Haustier-GPS-Ortungssysteme?

Der Markt ist enorm. In unserem stärksten Markt, Deutschland, wissen acht von zehn Hundebesitzer noch gar nicht, dass es diese Produktkategorie überhaupt gibt. Wir sind da erst bei einem Bruchteil angekommen, von dem, was möglich ist. In Deutschland haben wir 100.000 aktive Kunden. Aber es gibt dort über 25 Millionen Hunde und Katzen. Da kratzen wir also erst an der Oberfläche.

25 Millionen getrackte Haustiere sind also Ihr Ziel für Deutschland?

Da muss man realistisch sein – nicht jeder Hund oder jede Katze braucht das Produkt. Aber egal, ob es ein Drittel, ein Viertel oder die Hälfte davon werden, noch sind wir weit davon weg. Es veranschaulicht einfach, wie groß dieser Markt ist und diese 25 Millionen wachsen noch immer.

Ist in Österreich die Kapazität erreicht?

Nein, mit Abstand nicht. Auch hier kratzen wir erst an der Oberfläche. In Österreich kennen uns neun von zehn Hundebesitzern nicht. Darin werden wir auch einen Großteil des Investments investieren: In Marketing, um Tierbesitzer darauf hinzuweisen, dass es diese Produktkategorie gibt und dass sie leistbar ist.

Sie sind seit 2012 wahnsinnig gewachsen. Ihre Mitgründer sind die Runtastic-Gründer Florian Gschwandtner, Rene Giretzlehner, Christian Kaar und Alfred Luger. Und Business-Angel Johann „Hansi“ Hansmann ist dabei. Braucht es in Österreich ein bereits fest etabliertes Start-up-Netzwerk, um Erfolg zu haben?

Braucht es das? Nein. Aber es hilft extrem. Bei uns war es so, dass die Runtastic-Gründer schon vor der Gründung von Tractive Freunde von uns waren. Florian Gschwandtner (Runtastic-Mitgründer) hat mich überredet, meine guten Job bei Amazon hinzuschmeißen und die vier Jungs haben und sehr unterstützt.

Wie sieht diese Unterstützung aus? Sind es ihre Kontakte zu Investoren? Kann man in Österreich auch ohne Kontakte erfolgreich sein?

Die Kontakte sind es nicht. Unterstützend ist ihre Erfahrung: Wie schreibt man Förderanträge? Was macht man, wenn das Geld knapp wird? Wie baut man eine Führungsebene auf, wenn man 15 bis 20 Mitarbeiter hat? Wo liegen die Schmerzen beim Wachsen? Da hat uns Hansi Hansmann am meisten geholfen. Das kann man sich nur wünschen und das versuche ich als Business Angel jetzt auch weiterzugeben.

Sie wollen die Marktführerschaft. Das jüngste 35 Millionen Dollar Investment bringt Sie diesem Ziel einen Schritt näher. Bleibt man damit trotzdem in Pasching, Oberösterreich, oder müsste man den Sitz dann an einen internationalen Ort verlegen?

Wir bauen jetzt ein kleines Büro in Seattle auf, mit einem kleinen Team. Aber das Headquarter bleibt in Pasching. Wir bauen hier gerade ein neues Büro für 250 Mitarbeiter. Wir finden hier Talente, auch wenn die Hälfte unserer Mitarbeiter aus dem Ausland für Tractive hierherziehen. Es gibt für uns keinen Grund von hier wegzuziehen. Auch wenn es steuerlich und bürokratisch in anderen Ländern leichter ist.

In Österreich wird häufig moniert, dass zu wenig investiert wird, dass Österreich möglicherweise den Start-up-Boom verschlafen hat.

Ich glaube, andere Länder haben es besser gemacht. Es wird einem in Österreich nicht leicht gemacht. Schon alleine wegen der Unternehmensformen, die wir hier haben. Und Österreich ist für Risikokapitalgeber wenig interessant. In anderen Ländern kann man Verluste besser abschreiben. Hier gibt es extrem viel Aufholbedarf.

Vor dem jüngsten Investment haben Sie insgesamt rund drei Millionen Dollar Investments gehabt, nun 35 Millionen. Wird das nun reichen?

Wir glauben, mit diesem Investment sind wir für die nächsten Jahre sehr, sehr gut aufgestellt. Wir denken nicht, dass wir dann noch Kapital brauchen. Und wenn, dann nur um noch schneller zu wachsen. Ansonsten hätte es keinen Sinn.

Kommentare