Moiree verleiht Klasse
Moiree ist ein Begriff aus der Textil-Welt. Er steht für einen geschmeidigen, schimmernden Stoff. Gleichzeitig ist Moiré ein Fachwort aus dem Grafikdesign, bei dem sich aus zwei übereinanderliegen Flächen ein neues Muster ergibt. Zwei unterschiedliche Welten, die etwas gemeinsam haben – das hat sich nun Christoph Oberlechner, 29, zu eigen gemacht und noch eine dritte Bedeutung hinzugefügt. Nun steht Moiree für ein junges Wiener Start-up, das Hotelgästen ein neues, exklusives Service anbietet: Die tageweise Anmietung von luxuriösen Damenkleidern und Accessoires.
Konkret lautet die Geschäftsidee: Christoph Oberlechner kauft Kleider von heimischen Designern und bietet sie auf seiner Plattform www.moiree.net Hotelgästen von mittlerweile vier Luxushotels in Wien an: dem Park Hyatt, dem Altstadt
Vienna, The Guesthouse und dem DO&Co Vienna. Die Gäste bekommen beim Einchecken ein persönliches Login und können nach Lust und Anlass aus – vorerst noch – 34 verschiedenen Kleidern und Accessoires wählen. Einmal ausgewählt, ist das edle Stück innerhalb ein bis zwei Stunden bei der Kundin im Hotelzimmer. Diese leiht es sich für rund 15 Prozent vom Verkaufspreis pro Tag. Oder sie nutzt die Kaufoption und behält das lieb gewonnene Kleidungsstück für immer.
Oberlechner gelingt damit ein famoser Coup: Er pusht junge heimische Designer und macht sie bei internationalen Gästen bekannt. Gleichzeitig ermöglicht er den Damen ein stressfreies Reisen ohne aufwendig verpackter Kleider, Taschen und Accessoires.
Dass der Neo-Gründer später einmal von der Mode leben würde, hätte er sich als Kind nicht gedacht – schließlich wollte er da noch Archäologe werden. Ganz pragmatisch entschied er sich dann aber für ein IBW-Studium an der Wirtschaftsuniversität Wien. Während dessen schnupperte er bereits in die PR- und Markenberatung, nach seinem Abschluss ging er den Weg des Marken-Strategen weiter. Doch es kam wenig Neues an Erfahrung und Herausforderung nach. „Mir kam vor, ich drehe mich nur mehr im Kreis. Ich brauchte frische Luft“, erzählt er. Also kehrte er Wien den Rücken und zog 2012 dorthin, wo es garantiert frische Luft gab: an die Nordsee, nach Hamburg.
Glück durch Kündigung
Seine Reise in den Norden ging dreieinhalb Jahre gut. Dann wurde er wegen Einsparungen von seinem letzten Arbeitgeber gekündigt. Im Nachhinein betrachtet, eigentlich das Beste was Oberlechner passieren konnte. Denn ihn packte damals Lebensmut statt Panik vor der neuen Situation. „Ich wusste plötzlich, ich will nicht mehr für irgendwen Fremden arbeiten. Für mich war das eine Chance, meine Vision zu verfolgen. Als Gründer kann man nicht viel verlieren, aber auf alle Fälle gewinnen – vor allem Erfahrung.“ Er beschloss, Moiree zu gründen. Heute, ein Jahr später, ist er per Du mit den heimischen Kreativen. Einerseits, weil er mit ihnen Geschäfte macht. Andererseits weil er mit ihnen feiert. Denn Oberlechner hat sich in den vergangenen zwei Jahren auch einen Namen als DJ gemacht – als Cher Monsieur legt er in heimischen Clubs auf.
Der 29-Jährige schafft sich seine Jobs selbst. Er verkörpert das, wovon viele seiner Generation träumen: einen alternativen Weg gehen, eine sinnstiftende Arbeit haben, netzwerken, im Ausland leben – und mit dem Fünkchen Glück auch noch die eigene Idee verwirklichen. Der Kreative unter den Gründern wollte keine Karriereleiter erklimmen. Er ging hintenrum und untendurch, um es mit seiner Idee zu probieren. Und diese geht auf. In den vier Wochen, in denen er mit Moiree am Markt ist, hatte er bereits zehn Kundinnen. Dass er heute von Mode und nicht vom Knochen Ausgraben lebt, macht ihn nicht besonders traurig. „Die beiden Jobs sind sich sogar ziemlich ähnlich. Ich entdecke so auch jeden Tag etwas Neues.“
1. Versuche, keinen Tunnelblick für deine Arbeit zu bekommen. Man sollte immer einen 360-Grad-Blickwinkel haben und nie aus den Augen lassen, was einen sonst noch umgibt. Dadurch ergibt sich ein Wissenstransfer, vielleicht auch eine neue Kooperationsmöglichkeit.
2. Gründen ist eine Gefühlsachterbahn, es geht mal hoch hinaus, dann wieder tief runter. Lass dich von so einem Tief nicht stoppen und mach keinen Rückzieher. Lachen hilft dabei auf alle Fälle.
3. Vernetze dich und nutze jeden möglichen – digitalen – Kanal. Geh raus, rede mit Leuten, feier mit ihnen. Besuche Start-up-Events. Vernachlässige aber nicht Twitter, Facebook und Instagram.
4. Nutze die Förderungen, die in der österreichischen Gründer-Landschaft zu holen sind. Mein Projekt wurde zum Beispiel von departure Pioneers gefördert. Informiere dich und schlag dich durch den dichten Förder-Dschungel. Es ist zwar viel Arbeit, sie zahlt sich aber aus.
5. Entwickle einen persönlichen Draht zu den Menschen, mit denen du zusammenarbeitest. Leg immer alle Karten auf den Tisch und besprich sie offen und ehrlich. Schön ist, wenn bei der Arbeit auch Freundschaften entstehen.
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