Mit voller Kraft kreativ

Kreativität schafft Firmen Wettbewerbsvorteile – doch wie wird sie bei Mitarbeitern entfesselt?

Die Boston Consulting Group hat am Dienstag ein Ranking veröffentlicht, das viele Unternehmen nachdenklich stimmen wird: Denn sie sind nicht dabei.
1500 Manager auf der ganzen Welt wurden für die „The Most Innovative Companys 2014“ Liste gefragt, welche Unternehmen für sie am innovativsten sind. Unter den Top 50 die Altbekannten – unter anderem Apple, Google, Facebook.
Innovation ist heute das Must-Have im Visions-Papier. Immer mehr Firmen wollen Neues kreieren, Bürokratie einbremsen, den kreativen Geist ihrer Mitarbeiter entfachen, um Bahnbrechendes und nicht zuletzt Wettbewerbsvorteil-Sicherndes entstehen zu lassen. Allein, vielen Unternehmen gelingt das nicht. Sie scheitern an der Unsicherheit und kehren in bekannte Pfade zurück. Die Erfolgsrezepte jener Firmen, die Innovation tatsächlich erfolgreich leben, sind gut behütet. Abgesehen von Biografien liest man wenig von den Strategien kreativer Geister.
Ein Kreativer spricht nun doch. Er heißt Ed Catmull und ist Mitbegründer und Präsident der Pixar Animations Studios und der Walt Disney Animation Studios. In seinem Buch „Die Kreativitäts-AG“ beschreibt er, wie Firmen „die unsichtbaren Kräfte überwinden, die echter Inspiration im Wege stehen.“ Wie das geht, weiß er. Für seine kreative Leistung im animierten Video-Bereich holte er fünf Oscars, Pixar als Unternehmen zwölf.


Die unsichtbaren Kräfte

Ed Catmull ist überzeugt, dass nur gute Führung Kreative auf den Weg zur Exzellenz bringen kann – unabhängig von der Branche. Er wisse, dass es in jedem Unternehmen kreatives Potenzial gebe, das die Performance antreibe. Er sei sich aber auch vollkommen bewusst, dass jedes Unternehmen – ohne es zu wollen – diese Kräfte durch Einhaltung von Zielen, Bürokratie und den Alltag wieder zerstöre.
Die Rückforderung des kreativen Denkens sieht er als nobles, aber wichtiges Ziel einer jeden Führungskraft. Dafür setzten er und seine Pixar-Mitbegründer Regisseur John Lasseter und Apple-Legende Steve Jobs sich seit der Gründung in 1986 stets ein. „Es war immer mein Ziel, eine Kultur zu schaffen, die die Unternehmensgründer überleben würde“, schreibt Catmull. Das hat er geschafft. Diese Tipps veröffentlicht er nun in der „Kreativitäts-AG“: Schaffen Sie eine sichere, innerbetriebliche Insel mit eigener, von den Mitarbeitern getragener Kultur. Das kann ein eigenes Bürohaus, ein Stockwerk oder eine Abteilung sein – die Mitarbeiter brauchen einen geschützten Rahmen, in dem sie sich aufgehoben genug fühlen, nicht nur ihre Arbeit gut zu erledigen, sondern auch mal mit neuen Ideen zu experimentieren.
Der Chef müsse auf sein Bauchgefühl vertrauen. Eine vermeintlich banale Botschaft, die uns Catmull mitgeben will. Aber er untermauert sie mit einleuchtenden Fallbeispielen aus 40 Jahren Führungserfahrung. Hat der Chef bei einem Projekt ein mulmigen Bauchgefühl, muss er es ablehnen. Denn es wird die Mitarbeiter nicht zu Höchstleistungen antreiben, wenn die Spitze selbst nicht davon überzeugt ist.

„Tue es oder tue es nicht. Es gibt kein Versuchen – sagte Meister Yoda. Das war auch mein Motto.“


Mitarbeiter müssten weiters die Kommunikationswege für ihre Zusammenarbeit selbst festlegen. Die Führungskraft muss und soll auch nicht über jedes Gespräch Bescheid wissen. „Vertraue auf den Prozess“, schreibt Catmull. Mit dem gemeinsamen Ziel vor Augen werden die Mitarbeiter schon den effizientesten, wenn auch oftmals nicht den formellsten Weg zueinander finden. Für die gemeinsamen Meetings seien die besten Zutaten jedenfalls: „Offene Gespräche, lebendige Debatten, Gelächter und Liebe“.
Bei all der Arbeit, die Mitarbeiter bereit sind zu leisten – sie müssen vor Erschöpfung geschützt werden. „Es geht hier nicht um ergonomisch gestaltete Arbeitsplätze oder Yogakurse“, so der Pixar-Chef. „Motivierte, arbeitswütige Mitarbeiter können schnell übermüden. Vollkommenheit sollte nicht um jeden Preis erreicht werden. Sie nicht vor sich selbst zu schützen, wäre verantwortungslos.“
Zum Schluss kommt Catmull zur Erkenntnis, dass es Scheitern braucht, um Innovation entstehen zu lassen. „Fehler sind kein notwendiges Übel, sie sind gar kein Übel“, schreibt er. Sie rütteln wach und zeigen, was schon mal nicht funktioniert. Damit bleiben aber noch viele Wege offen, die alle sehr wohl funktionieren können.

Ed Catmull, Präsident von Pixar und den Walt Disney Animation Studios, hat zusammen mit der Journalistin Amy Wallace eine Anleitung für Firmen geschrieben, um ihre eigene Kreativität zu entfachen. Er muss es wissen – seine kreative Ader brachte ihm fünf Oscars ein. Erschienen im Hanser Verlag, 24,90 Euro.

Mit voller Kraft kreativ
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