Mit "passt scho" nicht zufrieden

Stefan Resch, 36, erster Küchendirektor im Hotel Park Hyatt Vienna. Im Bild beim Kochen in der offenen Showküche des Restaurants The Bank.
Stefan Resch ist Küchendirektor im 5-Sterne-Hotel Park Hyatt Vienna. Er führt 40 Mitarbeiter.

Stefan Resch ist erst 36 Jahre alt und führt bereits vier der exklusivsten Küchen Wiens: Die Restaurants des vor neun Monaten eröffneten 5-Sterne-Hotels Park Hyatt. Als Küchendirektor steht er dabei allerdings mehr in Gesprächen mit Gästen, Partnern und Lieferanten, als vor dem Herd. Er verantwortet die Arbeit von 30 Köchen im Hotel und bildet zudem zehn Lehrlinge aus.

KURIER: Sie sind der erste Küchendirektor des Park Hyatt Vienna. Was stand vor der Eröffnung ganz oben auf Ihrer To-do-Liste? Stefan Resch: Das Erste, das man in so einer Position machen muss, ist ein Team finden. Ohne Leute, mit denen man gut zusammenarbeitet, funktioniert’s nicht. Deshalb habe ich in der Voreröffnungs-Zeit jedes einzelne Jobinterview für meine Küchen selbst geführt. Es war mir wichtig, die Leute genau kennenzulernen aber auch zwischenmenschlich zu denken und nicht nach den Zeugnissen zu gehen. Wenn man ein Hotel eröffnet, gehen plötzlich alle Türen auf, jeder ist sofort superbusy. Viele Leute brechen dabei ein. Ich bin schon ein bisschen stolz sagen zu können, dass es hier eine sehr geringe Fluktuation gibt.

Welche Eigenschaften müssen Ihre Köche haben?

Passion. Und den Willen, es gut machen zu wollen. Wenn jemand gut kochen kann, schadet’s auch nicht. Ich lege aber mehr Wert auf den Willen. Was ein Koch können soll, kann ich ihm beibringen. Was ist nicht leiden kann ist, wenn jemand eingebildet ist. Lieber zurückhaltend sein und gute Arbeit leisten – das ist mir das Liebste.

Auf welche Aufnahme-Kriterien haben Sie bei Ihren Lehrlingen Wert gelegt?

Dass die jungen Leute aus einem gesunden Elternhaus kommen, wo auch jemand dahinter steht und darauf schaut, dass die Arbeit ordentlich gemacht wird. Nicht bei allen ist das heute so. Wichtig ist mir auch, dass die Lehrlinge wissen, was sie wollen. Ich mache sie immer darauf aufmerksam: Kochen ist keine Kunst, Kochen ist ein Handwerk. Es besteht zu 50 Prozent aus Schmutzarbeiten, Hygiene und Putzen. Das macht nicht immer Spaß. Erst wenn man sich dessen bewusst ist, kann man sagen: Diesen Job würde ich gern machen.

Welche Unterschiede sehen Sie zwischen Ihrer Lehre und der heutigen Qualität der Ausbildung?

Schwer zu sagen. Ich habe meine Lehre am Land gemacht und bin mit einem Golf Caddy Holunder und Pflaumen pflücken gefahren. Das grundsätzliche Problem ist heute, dass die Kids nicht wissen, was sie wollen. Das Glück fällt einem nicht in den Schoß. Damals hat man hart für etwas gearbeitet, heute will man viel Geld fürs nichts. Es werden jetzt sicherlich mehr Leute durchgewunken, ich hingegen habe noch eine harte Schule erlebt. Und im Nachhinein betrachtet hat es mir auch gutgetan. Jemandem zu sagen, dass er keine gute Arbeit geleistet hat, kriegen viele nicht hin.

Kriegen Sie das hin?

Natürlich. Ich musste erst das Gegenteil lernen (lacht).

Wie führen Sie?

Ich glaube, eine gute Gruppe hält sich selbst zusammen. Es braucht natürlich eine gewisse Dienstplanung, man muss Stärken und Schwächen der Menschen beachten und hören, wo der Schuh drückt. Aber das Wichtigste ist, dass die Leute Spaß haben. Schön ist, wenn man auch abseits der Arbeit Lust hat, etwas gemeinsam zu machen. Und wenn einer mal nicht die volle Leistung im Job abrufen kann, wird das von den anderen kompensiert.

Vom einfachen Koch zum internationalen Star – woher nimmt man den Mut, das Selbstbewusstsein?

Ich sehe mich nicht als Starkoch oder Überflieger. Aber die Eigenschaften, die man dazu braucht, sind ganz ganz einfach: Gas geben, Ehrgeiz zeigen und Passion haben. Das ist auch, was ich von meinen Mitarbeitern erwarte. Das ist nicht immer ganz leicht. Aber mit einem "passt scho" gebe ich mich nicht zufrieden. Denn dann passt’s eben noch nicht.

Sie haben Frau und zwei Kinder – wie verträgt sich das mit Ihrer reiseintensiven Karriere?

Man muss die richtige Frau dafür haben und es steckt sehr viel Planung dahinter. Es ist aber ein Leben, das man sich selbst ausgesucht hat. Klar ist es intensiv und ich habe in meinem Leben sicherlich schon 15 Wohnungen eingerichtet. Aber das ist unser Gastronomie-Leben, wir sind halt Vagabunden. Die Zeiten an einem Ort werden für Köche heute sogar immer kürzer. Sie bleiben ein halbes Jahr bis ein Jahr – dann geht es für sie wieder woanders hin. Ich persönlich strebe an, Mitarbeiter mindestens für zwei Jahre lang zu halten. Wenn sie gut arbeiten, gerne auch für 50.

Der 36-Jährige wurde in der Steiermark geboren und entschied sich nach der Schule in die Kochlehre ins Hotel Schloss Pichlarn im Ennstal zu gehen. Nach dem Bundesheer sammelte er verschiedene Erfahrungen, etwa als Barkeeper oder bei einer Fleischerei. 2000 zog es Resch in die Schweiz, ins Hotel Baur au Lac, wo er eineinhalb Jahre blieb – und seine spätere Frau kennenlernte. Im Alter von 23 trat er in die Hyatt-Gruppe ein und arbeitete sich sukzessive hoch: in Berlin zum Souschef im Restaurant Vox, 2006 ging er nach Zürich, um dort später als Küchenchef das Restaurant parkhuus zu eröffnen. 2010 wurde er nach Tokio gerufen. Im Restaurant New York Park & Grill wurde er schließlich Chef de Cuisine. 2014 kam Resch zurück nach Wien, um erster Küchendirektor im Park Hyatt Vienna zu werden.

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