Mit 23: Ich denk jetzt mal an meine Pension
Als junger Mensch weiß ich mit 300 Euro so einiges anzufangen. Ein Wochenende in Berlin verbringen, zum Beispiel. Und eine neue Yogamatte kaufen, deren Muster viel schöner ist als das der alten. Die 300 Euro zur Seite legen oder damit gar für später vorsorgen? War bisher keine Option. Bis ich ins Pensionsalter komme, hat sich das Vorsorgesystem ohnehin wieder komplett reformiert. Warum soll ich mich heute darum kümmern, was in 40 Jahren passiert? Mit 23 Jahren will ich jetzt in schöne Momente investieren. Meine Freunden scherzen auch gerne über den Verfall unseres Pensionssystems. Das klingt ungefähr so: "In Pension gehen wir wahrscheinlich mit 80. Oder wir arbeiten, bis wir tot sind."
Was es mit der Summe von 300 Euro auf sich hat? Dieser Betrag steht mir derzeit als Anwartschaft meiner Vorsorgekasse zu, wie mich ein Schreiben unlängst informierte. Fast hätte ich den Brief einfach weggeworfen, so wie ich das gerne mit Briefen tue. Jetzt erschrecke ich, als ich den nicht nennenswerten Betrag schwarz auf weiß vor mir sehe. Entsetzt frage ich bei der Vorsorgekasse an, wie ich bitte später einmal mit monatlich 300 Euro auskommen soll? Der Vorsorgekassen-Informant hat eine viel größere Hiobsbotschaft für mich: "Das ist ihr derzeitiges Guthaben, ein einmaliger Betrag, kein monatlicher." Kleinlaut lege ich den Hörer auf. Weiter über meine Pension in 40 Jahren zu scherzen nützt nichts. Mit 23 Jahren ist es also so weit: Ich muss mich mit meiner Rente auseinandersetzen.
Aber: Wie finde ich die geeignete Vorsorge?
Im Internet stoße ich auf einen Informations-Overload. Ich klicke mich durch Artikel. Die Inhalte sind zu widersprüchlich, um daraus eine Handlungsanweisung abzuleiten. Daher wende ich mich persönlich an die Pensionsversicherungsanstalt. Das sind die Profis, denke ich. Ich verbringe einen gefühlt ganzen Tag zwischen Senioren, bis meine Nummer endlich klingelnd auf dem Monitor erscheint. Der Mitarbeiter sieht mich schief an, als ich ihm erkläre, ich sei hier, um mich über meine Pension zu erkundigen. "Wenn Österreich ned bankrott geht, wern’s as scho’ kriegn", sagt er. Ohnehin sei es zu früh, mir darüber Auskunft zu geben. Auf mein Drängen hin erklärt er mir das Prinzip der Höherversicherung: Eine Zusatzversicherung, deren monatlichen Beitrag ich selbst bestimmen kann und die eine Rentenerhöhung garantiert. Ob ich Ähnliches auch bei einem privaten Versicherungsanbieter abschließen kann? "Unter uns gsogt: Olle meine Freind hom mehr einzoid, ois wos dann kriagt hom."
Alles eine Frage der Planung
Ich wende ich an einen Finanzberater in Wien, habe aber das Gefühl: Der will mir bestimmt etwas andrehen. Trotz meiner Skepsis gewinnt er in einem zweistündigen Gespräch mein Vertrauen. Gelassen erklärt er mir Finanzierungsmodelle so, dass ich sie auch tatsächlich verstehe und mich zu nichts gedrängt fühle. Sein einfacher Ratschlag: Ich solle mir jetzt schon überlegen, wie viel ich pro Monat sparen kann. Im nächsten Schritt plane ich, welches Finanzierungsmodell zu meinem Lebensstil passt. Ist mir Eigenkapital wichtig, um mir später eine Wohnung zu kaufen? Hier empfiehlt sich eine Prämienpension mit dem Zusatz staatlicher Förderung.Will ich flexibel meine monatlichen Sparbeiträge ändern und die Möglichkeit haben, jederzeit auf mein Kapital Zugriff zu haben? Dann eignet sich beispielsweise eine fondsgebundene Variante, deren Investmentfonds ich selbst auswähle.
Planen, nicht sudern
Ich verlasse die Kanzlei mit einem erleichterten Gefühl. Ein bisschen was zur Seite legen, das kann selbst ich. Kaffee muss nicht immer to go sein und das Muster der Yogamatte ist auch egal. Ob ich mich nun für eines der privaten oder staatlichen Zusatzmodelle entscheide oder nicht – zumindest lege ich so den ersten Baustein meiner Vorsorge. Einer Berlinreise sollte dann auch im hohen Alter nichts im Wege stehen. Übrigens liegt mein Pensionsantrittsalter derzeit bei 65 Jahren. Meinen sudernden Freunden bin ich jetzt 42 Jahre voraus.
(Allegra Pirker schreibt künftig regelmäßig für den Job-Kurier)
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