Menschen mit Behinderung: Schnuppern, überzeugen, Job kriegen

Menschen mit Behinderung: Schnuppern, überzeugen, Job kriegen
Beim Jobshadowing vernetzen sich Studierende mit Behinderung mit namhaften Firmen. 25 Prozent bekommen hinterher eine Stelle.

15 und 30. Diese beiden Zahlen stehen auf dem Zettel von Ariana Urbina. Sie markieren die Meilensteine in ihrem Leben. „Mit 15 habe ich meine Lehre begonnen. Mit 30 habe ich mein Leben geändert und bin auf die Uni gegangen“, erzählt sie in einem Konferenzzimmer vor Raiffeisen-Bank-International-Mitarbeitern.

Nicht weiter außergewöhnlich, dieser Werdegang. Aber Ariana Urbina hat im Alter von elf Jahren beinahe ihr gesamtes Hörvermögen verloren. Ihr Arbeits- und Privatleben musste sie fortan mit dieser Beeinträchtigung meistern. Das hinderte sie nicht daran, eine Bäckerlehre abzuschließen, die Berufsreifeprüfung abzulegen, einen Buchhaltung-Lehrgang zu machen und ein Studium zu beginnen.

Heute kann die 39-jährige WU-Studentin dank einer Operation wieder besser hören, und ist Teilnehmerin des „DisAbility Talent Programms“, das hoch qualifizierte Studierende mit Behinderung und Firmen, die eine Behinderung als positiven Aspekt des Bewerberprofils schätzen, zusammenbringt. Im Controlling bei einer Bank zu arbeiten, sagt Urbina, wäre ein Traum-Job.

Gezielt ansprechen

Ihr und vier weiteren Teilnehmern des DisAbility Talent-Programms an zwei Tagen die Bereiche des Bankenwesens näherzubringen, ist Ziel des RBI-Jobshadowings. Potenzielle Bewerber können hier hinter die Kulissen des täglichen Business blicken. Wozu? „Früher haben uns die Menschen die Türen eingerannt“, sagt Harald Kröger, Bereichsleiter FCPM. Die Zeiten seien vorbei.

„Wir haben die Bewerbungsaktivitäten umgedreht, heute muss ich mich darum bemühen, die besten Mitarbeiter zu bekommen“, so Kröger. „Es ist wichtig, sich alle Kanäle offenzuhalten.“ Durch das Programm von myAbility können Firmen an rund zwölf Prozent jener Studis herantreten, die eine körperliche Beeinträchtigung haben.

Vorteil für die Studierenden: Sie werden vernetzt, sichten vorab Arbeitsbedingungen und können mit ihrer Behinderung – was nicht immer üblich ist – offen am Arbeitsplatz umgehen. Vorteil für die Unternehmen: Sie werden selbst für körperliche Beeinträchtigungen sensibilisiert und bekommen Zugang zu einem qualifizierten Bewerbernetzwerk, das sie vielleicht noch nicht am Radar hatten.

Erfolgreich vermittelt

Aktuell läuft die dritte Runde des Programms, 20 Teilnehmer blickten bei Firmen wie REWE, PwC oder der Oesterreichischen Nationalbank schon hinter die Kulissen. „Das Thema gut qualifizierte Menschen mit Behinderung ist gut in der Wirtschaft angekommen“, sagt DisAbility-Talent-Manager Daniel Schörghofer.

Tatsächlich hat die Hälfte der teilnehmenden Studis nach dem Jobshadowing ein Praktikum bekommen, ein Viertel sogar einen Job. Auch die RBI hat eine Teilzeit-Stelle für die Teilnehmer ausgeschrieben. Und Ariana Urbina könnte ihrem Traum, bei einer Bank zu arbeiten, jetzt ganz nah sein.

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