„Meine Arbeit ist was wert“
Von „genialen Ideen geplagt“ schläft Modistin Katharina Lehrkinder nur mit ihrem Notizbuch am Nachttisch. Das Hut-Kreieren ist ihre Leidenschaft, das alltägliche Hut-Tragen hat sie sich erst antrainieren müssen.
1 Zu welchem Anlass trägt Frau heute noch Hut?
Zu einem besonderen Anlass im Sinne von „für sie besonders“. Ich zum Beispiel trage Hut, wenn ich einen guten Tag habe. Aber auch, wenn ich ins Kino gehe, auf eine Vernissage oder auf Hochzeiten. Eine Hochzeit ohne Hut – da würde mir was fehlen. In Österreich ist man als Frau mit Hut leider noch ein bisschen die Ausnahme, man gilt als exzentrisch. Der Hut-Trend kommt aber wieder, siehe England.
2 Sie haben einen sehr traditionellen, handwerklichen Beruf gewählt. Wieso? Ich habe schon früh gewusst: Ich will was mit Mode machen. Also bin ich schnell vom normalen Gymnasium weg und in die Modeschule Hetzendorf und während des ersten Jahres, wo man in verschiedene Bereiche hineinschnuppert, habe ich mich in die Modisterei verliebt.
3 Was unterscheidet eine Modistin von einem klassischen Hutmacher? Das ist ein ganz feiner Unterschied. Eine Modell-Modistin macht nur Damenhüte. Hutmacher entwerfen auch Herrenhüte und lassen auch oft produzieren. Ich mache nur Unikate in Handarbeit und die gesamte individuelle Kundenbetreuung vom Besprechen, Ausmessen, Entwerfen, bis zur Anprobe.
4 Wer sind Ihre Kundinnen? Das sind junge ausgeflippte Frauen, auch Kostüm-Designerinnen, aber auch ältere Damen.
5 Wie lange arbeiten Sie an einem Hut?Ein bis zwei Tage. Es gibt viele Wartezeiten beim Kleben des Materials, oder beim Anheizen von Geräten.
6 Woher beziehen Sie Ihre Inspiration?
Von überall. Die Ideen kommen – auch ungebeten. Sie sind das Einzige, was immer da ist. Man kommt nur nie dazu, alles auch zu verwirklichen.
7 Ihr typischer Tag?
Ich bin von Mittwoch bis Samstag den ganzen Tag im Geschäft, arbeite, mache Besorgungen oder Bestellungen. Montag und Dienstag arbeite ich bei einem Verlag im Backoffice – mein Nebenjob.
8 Welche Eigenschaften braucht man als Modistin?
Kreativität – ohne sie geht’s nicht, selbstständiges Arbeiten, Bereitschaft zum Kundenkontakt. Auch Mut gehört dazu, sich mit diesem Beruf in Wien selbstständig zu machen.
9 Was wollten Sie als Kind werden?
Robin Hood. Der erste Hut, den ich gemacht habe, war auch der vom Robin Hood.
10 Was mögen Sie am Job?
Die Materialvielfalt. Ich kann mit Federn, Karten, Steinen, Leder, Stroh – allem arbeiten. Da tun mir Schneider manchmal leid. Sie haben nur den Stoff.
11 Was könnten Sie entbehren?
Buchhaltung, das ganze Unternehmerische. Ich bin halt doch mehr Künstlerin.
12 Wie viel verdienen Sie?
Meine Bilanzen halten sich die Waage. Nur von der Modisterei zu leben ist aber schwierig. Das größte Problem ist das Runterspielen der eigenen Leistung und das Ansetzen der Preise. Ein Maß-Hut kostet nun mal eben ab 200 Euro – das traut man sich aber kaum sagen. Es steckt viel harte manuelle Arbeit und Können dahinter. Das ist was wert.
13 Welchen Rat würden Sie angehenden Modistinnen geben?
Ausprobieren. Ohne Ausprobieren weiß man’s nie. Das Handwerk wird durch die Jungen am Leben erhalten.
Die 27-jährige Modistin (Macherin von Damenhüten) ist in Baden geboren. Sie besuchte die Modeschule Hetzendorf, wo sie 2005 auch maturierte. Anschließend vertiefte sie ihr Wissen um die Modisterei in einem WIFI-Kurs, bevor sie 2007 ihr Studium der Skandinavistik startete und 2011 abschloss. 2010 machte sie sich mit eigenem Label selbstständig.
Wellenkind Im Atelier in der Burggasse kreiert Lehrkinder nicht nur, sondern verleiht, repariert und stellt auch Hüte aus. Derzeit designt sie für die Filmproduktion „Im Schatten des Spiegels“. Demnächst ist ein neuer Standort geplant.
Hütein Zahlen500Eurokann ein Hut schon Mal kosten.
450 Hüteund Fascinators (das ist bunter ausgefallener Kopfschmuck mit Blumen oder Federn) kreierte sie bisher.
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