KURIER: Österreich gehört neben Deutschland und den Niederlanden zu den Top Ten patentierenden Ländern Europas. Wie kommt das?
Mariana Karepova: Gemessen an der Zahl der Einwohner ist die Chance hoch, in Österreich auf einen Erfinder oder eine Erfinderin zu treffen. Es passiert sehr viel in der österreichischen Innovationsszene, auch wenn viele Start-ups, besonders während der Krise, das Patentieren hinausgeschoben haben. Im EU-Vergleich sind wir Innovation Leader bei Patenten in Maschinenbau, Kunststoffen, Elektrotechnik und Halbleiter.
Und was besonders erfreulich ist: Bei den grünen Gebäudetechnologien sind wir nicht nur Europameister, sondern sogar weltweit Zweiter. Auch bei den klimaschonenden Verkehrstechnologien und Abwasserklärung liegt Österreich bei Patentanmeldungen über EU-Schnitt. Besonders diese Klimaschutzpatente machen uns fit für den Wettbewerb der Zukunft.
Gleichzeitig ist Österreich laut den aktuellsten Zahlen in Sachen Frauen und Patente deutliches Schlusslicht in Europa.
Leider bin ich von den Ergebnissen der neuesten Studie des Europäischen Patentamtes – mit acht Prozent Frauenanteil beim Patentieren bildet Österreich in Europa das Schlusslicht – nicht überrascht. Auch aus unseren nationalen Patentanmeldungen beim Österreichischen Patentamt ist uns das bekannt, da liegt der Anteil sogar bei nur sechs Prozent. Wir konnten uns lange auf die für Frauen ungünstige Branchenstruktur ausreden.
Inwiefern?
Die meisten Patente in Österreich kommen aus dem Bereich Maschinenbau und Co, also aus Branchen, wo wenige Frauen forschen und entwickeln. Jetzt wissen wir, dass Österreich in allen Branchen unterdurchschnittlich abschneidet. Auch in der Chemie, wo Frauen traditionell stark vertreten sind. Wir haben vor ein paar Jahren 15 patentstarke österreichische Firmen unter die Lupe genommen.
Fazit: Weniger als die Hälfte dieser Unternehmen nennt in ihren Patenten Frauen als Erfinderinnen. Diese Firmen melden Dutzende Patente pro Jahr an. Es ist aber nur eine Handvoll Frauen, die da mitspielen.
Wie erklärt sich das?
Durch die „Leaky Pipeline“: Wenn 50 Prozent der Studierenden Mädchen sind, aber nur 25 Prozent MINT-Fächer studieren, wenn 40 Prozent der Uni-Forschenden Frauen sind, aber nur 16 Prozent in Firmen, wo die meisten österreichischen Patente herkommen und am Ende nur acht Prozent Patente von Frauen – dann besteht an jeder Stelle dieser Kette dringender Handlungsbedarf.
Wer muss hier aller mitziehen, um die Bedingungen für Erfinderinnen zu verbessern?
Unis alleine, Förderagenturen alleine, das Patentamt alleine können dieses System nicht in Bewegung bringen. Wir brauchen einen gemeinsamen Kraftakt. Und auch das ganze Umfeld, in dem Patente entstehen, muss weiblicher werden.
Wir brauchen etwa mehr Patentanwältinnen: Derzeit gibt es nur sieben Frauen von 79 gelisteten Patentanwälten. Wir brauchen auch mehr weibliche Patentverantwortliche in den Firmen und mehr Patentprüferinnen im Patentamt. Frauen ziehen weitere Frauen an.
Was ist Ihr genereller Eindruck von der heimischen Gründer-Szene: Wie mutig ist man hier im unternehmerischen Sinn?
Ohne Mut geht gar nichts. Ohne Mut kein eigenes „Baby“, also kein neues Produkt, kein neues Service, kein unkonventionelles Denken.
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