Markus Hengstschläger über Popularität und Antrieb
Nein, Frösche habe er nie gequält, obwohl er praktisch am Land aufgewachsen ist, in Oberösterreich, die Großeltern alle Bauern waren. Aber die Naturwissenschaft war es immer, die ihn interessiert habe. Der Beruf des Wissenschafters war für den Buben Hengstschläger nie absonderlich: Der Vater war Jurist, Uni-Professor und Rektor, die Mutter Lehrerin. „Naturwissenschaft ist mein Talent, ich habe nicht wirklich andere“, sagt Hengstschläger. Bei der Auswahl des Studiums ist für ihn „unheimlich viel Glück und Zufall im Spiel. Ich darf jeden Tag das machen, was mich am meisten freut.“
Als Genie sieht sich der Ausnahmewissenschafter überhaupt nicht. Auch nicht als Streber, obwohl er im Studium immer besonders gute Noten hatte und besonders früh dran war: Doktor mit 24, Uni-Professor mit 29. Das brachte am Anfang der Karriere große Vorteile: „Ich war so jung, dass es bei manchen Bewerbungen kaum Alternativen gab.“ An der Uni zu bleiben war für ihn eine der wichtigsten Weichenstellungen überhaupt. „Ich habe das lange überlegt. Der Markt war damals völlig offen. Viele Branchen hatten Interesse an Genetikern, viele Angebote kamen. An der Uni war kein großes Gehalt zu erwarten, auch nicht Ruhm und Ehre und Aufstieg.“ Trotzdem: Die Universität wäre damals hoch angesehen gewesen, das Geld war ihm nicht so wichtig. „Ich wollte die freie Wissenschaft. Und die Arbeit mit den Patienten.“ Das sei heute sein größter Treiber, wenn er sich im Job auch vierteln muss.
Genetiker, geviertelt
Hengstschläger ist Forscher, Lehrender, Manager und betreibt Diagnostik. „Ich mache zwar Experimente nicht mehr selbst, bin aber jeden zweiten Tag im Labor und diskutiere über Ergebnisse“, erklärt er. Das wichtigste in seinem Job seinen die Ideen. „Meine Stärke, das erwarten die Leute von mir. Ich habe viele Ideen und Fragen, die kann man gar nicht alle erforschen“. Für die ständigen Einfälle habe er immer etwas zum Schreiben dabei. „Ich bin sehr konsequent und konstant“, ein Vorteil. Ebenso wie die Gabe, „gut lesen und schreiben zu können“. Im Ernst? „Ja, das ist in der Wissenschaft wichtig. Man muss große Publikationen schnell erfassen und verstehen können. Und man muss sie so schreiben, dass die Kollegen sie sofort verstehen.“ Das machte aus ihm den populären Wissenschafter, die Bezeichnung populär stört ihn nicht. „Mein Hintergedanke ist: ich will etwas bewirken. Genetik ist schwierig und polarisierend, ethisch hoch diskutiert. Ich will, dass die Menschen wissen, worum es hier geht, mitreden und mitentscheiden können.“
„Für die einen ist man der große Heilsbringer, für die anderen das Feindbild. Ich bin Pragmatiker, hemdsärmelig. Ich respektiere die Kritik, aber die Attacken werden zum Teil schon persönlich.“ Hengstschläger sieht sich mit seiner Forschung als Lobby für schwerstkranke Menschen. „Wir Genetiker wollen eine Diagnostik betreiben, um daraus eine Prophylaxe oder Therapie abzuleiten“, das treibe ihn an. Dass er in einem stark diskutierten Feld forscht, sei für ihn manchmal auch schwierig. „Wenn Sie beim Heurigen auf die Frage ,Was machen Sie beruflich‘ überlegen, was Sie antworten sollen, sagt das schon viel aus.“ Man müsse Angriffe aushalten können. Zugutekommt ihm, dass er nie aufgeben kann, „eine meiner schlechten Eigenschaften“.
Hengstschläger selbst ist übrigens komplett durchsequenziert, alle Gene sind analysiert. Im Detail habe er sich das aber noch nicht angesehen, weil sich dann doch die Frage stellt: „Will ich wirklich alles wissen?“
Kurz gefragt
Als Kind wollte ich ... ... die Natur verstehen.
Erfolg ist für mich ... ... eine gute Idee.
Die größte Herausforderung ... ... ist die Natur zu verstehen.
Ein Fehler war/ist ... ... immer Teil des Systems. Gutes Fehlermanagement ist eines der wichtigsten Dinge für Erfolg.
Mein Führungsstil ... ...Transparenz.
Mein Buch ... ... aktuell lese ich: 2112 – Die Welt in 100 Jahren. Als Wissenschafter will ich Zusammenhänge verstehen.
Mein Luxus ... ... einen ganzen Tag am Attersee am Segelboot zu verbringen.
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